Mays Brexit-Konzept "Plan B" ist wie "Plan A"
Wie sieht "Plan B" für den Brexit denn nun aus? Vor allem über die Irland-Grenzfrage will Premier May nochmal reden. Die Reaktion der EU darauf fiel deutlich aus. Kanzlerin Merkel rief London zu raschen Vorschlägen auf.
Die britische Premierministerin Theresa May hat dem Parlament ihren "Plan B" für ein Brexit-Abkommen vorgestellt. Konkrete Neuerungen präsentierte sie in ihrer Rede allerdings nicht. Sie betonte vor allem, was sie alles nicht will.
Kein zweites Referendum, keine Verschiebung
Ein zweites Referendum über einen EU-Austritt Großbritanniens oder eine Verschiebung des Austrittstermins lehnte May erneut ab. Und sie will weiterhin nicht ausschließen, dass Großbritannien die Europäische Union ohne Abkommen verlässt.
Laut den aktuellen Planungen tritt Großbritannien am 29. März aus der EU aus. Alle Versuche, dafür ordentliche Regelungen zu finden, sind bislang gescheitert. Das von May mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen - ihr "Plan A" - war vom britischen Parlament in der vergangenen Woche mit breiter Mehrheit abgelehnt worden.
Nun will May mit der EU vor allem über einen besonders umstrittenen Punkt des Abkommens neu verhandeln: die Frage, wie eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland verhindert werden kann. Der größte Kritikpunkt von Mays Gegnern ist der sogenannte Backstop im Austrittsabkommen, der vorsieht, dass das Vereinigte Königreich in einer Zollunion mit der EU bleibt, wenn keine andere Vereinbarung getroffen wird.
May will "größtmögliche Unterstützung" ausloten
Im Parlament sagte May nun, sie wolle in dieser Woche Gespräche mit Abgeordneten - vor allem aus dem Regierungslager und der nordirischen DUP - über die Grenzfrage führen. Dabei wolle sie ausloten, wie eine "größtmögliche Unterstützung" erreicht werden könne. Mit dem Ergebnis wolle sie anschließend die EU konfrontieren.
May widersprach Medienberichten, wonach sie das Karfreitagsabkommen ändern will, um das Problem mit einer Grenze in Irland nach dem Brexit zu lösen. Das Abkommen hatte vor gut 20 Jahren den blutigen Konflikt in Nordirland beendet.
Mit dem EU-Austritt entsteht auf der irischen Insel eine EU-Außengrenze. Grenzkontrollen wollen alle Seiten vermeiden, um ein Wiederaufbrechen des Konflikts in der ehemaligen Bürgerkriegsregion zu verhindern. Dort kämpften bis zum Karfreitagsabkommen von 1998 drei Jahrzehnte lang Katholiken, die eine Vereinigung mit der Republik im Süden forderten, gegen Protestanten, die zu Großbritannien gehören wollen.
Ein 65-Pfund-Entgegenkommen an EU-Bürger
Für die etwa drei Millionen Bürger aus anderen EU-Staaten, die derzeit in Großbritannien leben und das auch weiterhin tun wollen, enthält Mays "Plan B" eine kleine Erleichterung - die genau 65 Pfund wert ist: Sie sollen diese eigentlich geplante Gebühr von umgerechnet etwa 74 Euro nun doch nicht zahlen müssen, wenn sie nach dem Brexit einen Aufenthaltsstatus beantragen wollen.
Opposition: May kann sich die Reise sparen - EU skeptisch
Jeremy Corbyn, Oppositionsführer im britischen Parlament, sagte in der Debatte im Unterhaus, May könne sich die Reise nach Brüssel sparen. Wie sollten Gespräche jetzt im Januar etwas bringen, die im Dezember dort gescheitert seien, fragte er.
Nach Einschätzung von ARD-Korrespondentin Annette Dittert hat die britische Premierministerin ohnehin kaum Chancen, für ihren "Plan B" im Parlament eine Mehrheit zu bekommen. Um die Hardliner in der eigenen Partei auf ihre Seite zu bringen, müsse sie von der EU Zugeständnisse beim größten Stolperstein, der Grenzfrage, bekommen, so Dittert.
Genau das hat die EU aber bereits mehrfach kategorisch ausgeschlossen. Und sie bleibt auch bei dieser Haltung: Seit vergangener Woche habe sich nichts geändert, erklärte ein Sprecher von EU-Ratschef Donald Tusk in einer ersten Reaktion auf Mays "Plan B"-Präsentation. "Wir sind immer bereit, uns zu treffen und zu reden." Doch hätten die bleibenden 27 EU-Staaten schon im Dezember gesagt, dass das mit May ausgehandelte Austrittsabkommen nicht nachverhandelt werden könne.
Merkel erwartet einen Konsens
Angesichts der verhaltenen Reaktionen auf Mays Vorstoß rief Bundeskanzlerin Merkel die britische Regierung auf, nun rasch konsensfähige Vorschläge zu machen. "Die Bundesregierung erwartet, dass die britische Regierung sich bald auf Vorschläge einigt, die von einer Mehrheit des Unterhauses unterstützt werden", sagte ein Regierungssprecher. Und er fügte hinzu: "Die Bundesregierung setzt sich weiter für einen geordneten Austritt Großbritanniens aus der EU ein."