Gescheiterte Brexit-Abstimmung Alles wieder offen
Trotz gescheiterter Brexit-Abstimmung will Premierministerin May nicht zurücktreten. Auch Labours Misstrauensvotum hat wohl kaum Chancen. Die Forderungen nach einem zweiten Referendum werden lauter.
Theresa May ist mit ihrem Abkommen grandios gescheitert. Nur 202 Abgeordnete stimmten für den Deal, 432 dagegen. Wie es jetzt weiter geht mit dem Brexit - auf die Frage hat wohl derzeit niemand eine Antwort. An einen Rücktritt denkt die britische Premierministerin trotz historischer Niederlage offensichtlich nicht. Das sagte gestern Abend jedenfalls ein Sprecher. Auch von Rücktrittsforderungen aus ihrer eigenen Partei war bislang nichts zu hören.
Im Anschluss erklärte May, dass das Unterhaus gesprochen habe und die Regierung zuhören werde. Es sei nun klar, dass die Abgeordneten diesen Deal nicht wollen, aber die Abstimmung gebe keinen Aufschluss darüber, welchen Deal das Unterhaus unterstützen würde.
Misstrauensvotum bereits heute Abend
Seit Monaten wird der britischen Premierministerin vorgeworfen, dass sie die Abgeordneten nicht ausreichend einbezogen hat. Der oppositionelle Labour-Chef Jeremy Corbyn beantragte unmittelbar nach der Abstimmung ein Misstrauensvotum.
Viel hatte Corbyn in der vergangener Wochen darüber gesprochen, doch dann immer wieder gezögert. Das Misstrauensvotum wird bereits heute Abend gegen 20 Uhr stattfinden. Beobachter räumen dem Antrag kaum Erfolgschancen ein. Die konservativen Tories werden sich voraussichtlich mehrheitlich hinter die Premierministerin stellen. Denn eine Labour-Regierung wollen sie vermeiden.
Unterstützung bekommt May auch von der DUP, kündigte der Brexit-Sprecher Sammy Wilson an. Die nordirische Partei hatte einheitlich gegen Mays Deal gestimmt. "Wir werden für die Regierung stimmen", sagte Wilson. "Wir wollen, dass sie den Brexit liefert, wir wollen keine neue Führung, sondern einen Politikwechsel."
Größte Konfliktpunkt Backstop
Der größte Konfliktpunkt im Brexit-Streit bleibt der sogenannte Backstop, eine Notfalllösung, die eine harte Grenze, eine Zollgrenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland, vermeiden soll, sollten sich die EU und Großbritannien nicht rechtzeitig auf einen Freihandelsabkommen einigen. Immer wieder suchte May deswegen mit der EU das Gespräch. Doch das, was sie aus Brüssel an Sicherheiten zurückbrachte, ging den Kritikern nie weit genug.
Sollte sich Theresa May halten, könnte sie versuchen erneut von der EU Zugeständnisse zu bekommen. Doch viel wird ihr sicher nicht geboten. Und ob das Wenige die Mehrheit der Abgeordneten überzeugen wird, ist fraglich.
Ein ungeordneter Austritt droht
Die Forderungen nach einem zweiten Referendum werden lauter. Die Zeit wird immer knapper. Am 29. März soll Großbritannien die EU verlassen. Ein ungeordneter Austritt ohne Abkommen droht.
Wenn May einen No-Deal-Brexit vermeiden will, müsste sie angesichts des Zeitdrucks die EU um eine Fristverlängerung bitten - den Brexit verschieben, auch wenn sie das im Vorfeld immer wieder abgelehnt hatte. Das würde ihr weitere Zeit verschaffen. Einen Plan B muss sie bis spätestens nächsten Montag vorlegen. An Tag eins nach der Abstimmung ist wieder alles offen.