Vor Brexit-Abstimmung EU-Brief gibt May Rückendeckung
Den Brexit-Deal durchs Unterhaus zu bekommen, scheint aktuell schwer bis unmöglich. Deshalb hat die EU der britischen Premierministerin May in einem Brief den Rücken gestärkt. Dabei ging es um die Backstop-Regelung.
Kurz vor der morgigen Abstimmung im britischen Unterhaus über den Brexit-Vertrag versuchen EU und die britische Premierministerin Theresa May, den Deal zu retten. In einem Brief sicherten EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker der angeschlagenen Regierungschefin zu, dass die Zusicherungen zur Nordirland-Frage "einen rechtlichen Wert" hätten.
"Die Kommission kann bestätigen, dass die Europäische Union, ebenso wie das Vereinigte Königreich, nicht wünscht, dass der Backstop in Kraft tritt." Man sei entschlossen, die Klausel mit einer dauerhaften Lösung zu ersetzen, die eine harte Grenze in Irland auf Dauer ausschließe.
Die EU strebe nach dem Austritt der Briten eine schnelle Handelsvereinbarung an. Wenn die Nordirland-Notfalllösung dennoch eintrete, werde sie aber nur übergangsweise in Kraft sein, bis eine Folge-Regelung eine harte Grenze verhindere.
May hält Brief für wertvolle Zusicherung
May bewertete den Brief als wertvolle Zusicherung der Union zum Brexit-Abkommen. Er gehe zwar nicht so weit, wie manche Abgeordnete erwartet hätten, dennoch betonte sie, dass er Rechtskraft habe. Britische und EU-Politiker müssten sich wegen der Nordirland-Notfalllösung keine Sorgen machen, schrieb sie in einem Brief an Juncker und Tusk.
In einer Rede in Stoke-on-Trent sagte sie, einige Abgeordnete würden nach anfänglichem Zweifel die Übereinkunft mit der EU mittlerweile unterstützen. Diesen demonstrativ zur Schau getragenen Optimismus teilen nicht alle in ihrem Kabinett: Eine Niederlage bei der Unterhaus-Abstimmung gilt als wahrscheinlich, wie Handelsminister Liam Fox in der BBC eingestand.
DUP: Zusicherungen reichen nicht aus
Dass die Zusicherungen der EU an der weit verbreiteten Skepsis wenig ändern, zeigt die Reaktion der nordirischen DUP. Ihr Vizechef Nigel Dodds sagte in der BBC, dass die Klarstellung der EU zur sogenannten Backstop-Regelung für Nordirland nicht ausreiche, um das britische Parlament zu überzeugen. Anders als May hält er das Schreiben der EU nicht für rechtlich bindend.
Die EU sei nicht bereit das zu tun, was nötig sei, um die Unterstützung des Unterhauses für das Brexit-Abkommen zu gewinnen, sagte Dodds. "Wie Sie wissen, sind wir nicht in der Lage, irgendetwas zuzustimmen, das das Austrittsabkommen ändert oder nicht mit ihm übereinstimmt", schreiben Tusk und Juncker in ihrem Brief.
Tory-Abgeordneter gibt Fraktionsamt auf
Aus Protest gegen Mays Abkommen legte heute der Tory-Abgeordnete Gareth Johnson sein Amt in der Fraktion nieder. Johnson, der seit November als "whip" (Einpeitscher) für Fraktionsdisziplin sorgen sollte, begründete den Schritt ebenfalls mit Zweifeln am Backstop.
Die Nordirland-Frage gilt als größtes Problem im Brexit. Nach der Auffanglösung im Austrittsvertrag bliebe das Vereinigte Königreich nach dem Brexit ohne andere Vereinbarung in einer Zollunion mit der EU. Die Brexit-Hardliner in Mays konservativer Partei kritisieren, dass Großbritannien dann auf unabsehbare Zeit an die EU gebunden bliebe und keine eigene Handelspolitik betreiben könne.
"No-Deal kein nationaler Selbstmord"
Am Nachmittag will May mit den Zusicherungen der EU vor dem Unterhaus für ihr Brexit-Abkommen werben. "Wir alle haben die Pflicht, das Ergebnis des Referendums umzusetzen", heißt es in der Rede, von der vorab Auszüge veröffentlicht wurden. Morgen Abend soll abgestimmt werden. Im Falle einer Abstimmungsniederlage werde Großbritannien die EU ohne Abkommen verlassen, sagte Handelsminister Fox. "Ich betrachte einen No-Deal nicht als nationalen Selbstmord."