Milliardenlücke im Etat Woher das Geld für die Bahn nun kommen soll
Viele Milliarden will die Ampel in die Modernisierung der Deutschen Bahn stecken. Doch woher soll das Geld nun kommen? Der Verkauf von Bundesanteilen an Post und Telekom könnte Teil der Lösung sein.
40 Milliarden Euro wollte die Bundesregierung in die Deutsche Bahn investieren - bis 2027 sollte das Geld zur Verfügung gestellt werden, um das Schienennetz zu modernisieren. "Wir haben die besten Voraussetzungen, um bei der Bahn endlich den Turbo einzulegen", hatte Bundesverkehrsminister Volker Wissing noch im September beim Schienengipfel gesagt.
Davon kann nun wohl keine Rede mehr sein. Denn eigentlich sollten 12,5 Milliarden Euro - also mehr als ein Viertel der versprochenen Finanzhilfen - aus dem Klima- und Transformationsfonds KTF kommen. Doch seit das Bundesverfassungsgericht den KTF im November für rechtswidrig erklärte, fehlt das Geld. Steht die Modernisierung der Deutschen Bahn also auf der Kippe?
Die Regierung hat angekündigt, das nötige Geld für die Bahn-Modernisierung anders zu beschaffen. Bundesfinanzminister Christian Lindner kündigte "kreative Wege" an. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck betonte bei der Verkündung der Haushaltseinigung Mitte der Woche, dass die Investitionen bei der Bahn nicht eingespart würden, sondern anders finanziert werden sollen.
Finanzierungslücke von 12,5 Milliarden Euro
Doch woher 12,5 Milliarden Euro nehmen, wenn gleichzeitig die Schuldenbremse eingehalten und auch kein neues Sondervermögen aufgelegt werden soll? Die Idee der Regierung: Das Geld könnte über eine zusätzliche Erhöhung des Deutsche-Bahn-Eigenkapitals beschafft werden. Im bisherigen Haushaltsentwurf vom August dieses Jahres war geplant, dass sich die 40 Milliarden Euro aus 12,5 Milliarden aus dem KTF, weiteren 12,5 Milliarden aus einer Eigenkapitalerhöhung sowie 11,5 Milliarden aus dem Haushalt und drei Milliarden von der Bahn zusammensetzen.
Statt um 12,5 Milliarden Euro könnte das Eigenkapital nun um 20 Milliarden Euro erhöht werden. Das berichtet das "Handelsblatt" unter Berufung auf Regierungs- und Aufsichtsratskreise. Um diese Eigenkapitalerhöhung finanzieren zu können, wolle die Regierung laut Lindner Privatisierungserlöse von nicht benötigten Bundesbeteiligungen "teilweise nutzen, um die Bahn zu stärken".
Details nannte der Finanzminister zwar bislang nicht - allerdings scheint dies für die Regierung die derzeit attraktivste Lösung zu sein. Denn würde die Erhöhung des Eigenkapitals durch den Verkauf von Bundesbeteiligungen finanziert, wäre das keine Verletzung der Schuldenbremse.
Beteiligungs-Verkauf reicht wohl nicht
Wie mehrere Medien übereinstimmend berichten, wird in Regierungskreisen darum der Verkauf der Beteiligungen an der Telekom und der Deutschen Post diskutiert. Am Telekom-Konzern hält die Bundesregierung direkt 13,8 Prozent, weitere 16,6 Prozent liegen bei der staatlichen Förderbank KfW. Allein die Veräußerung dieser Beteiligung würde der Bundesregierung nach derzeitigem Stand 33,9 Milliarden Euro einbringen. Und ein Verkauf der 20,5-Prozent-Beteiligung an der Deutschen Post, die ebenfalls bei der KfW liegt, würde weitere 11,6 Milliarden Euro erlösen.
Fraglich bleibt allerdings, ob die Bundesregierung die kompletten Beteiligungen veräußern würde. Der "Spiegel" berichtet, die Regierung wolle bei der Telekom eine strategische Beteiligung von 25 Prozent behalten. Die Veräußerung der übrigen Anteile würde dann zwar immerhin rund sechs Milliarden Euro in die Kassen spülen - längst allerdings nicht genug, um die Finanzierungslücke bei der Bahn zu stopfen.
Was bringt DB Schenker?
Darum scheinen immer mehr Verantwortliche ihre Hoffnungen vor allem auf den Verkauf der Bahn-Tochter DB Schenker zu setzen. Der Logistikkonzern ist hoch profitabel, erwirtschaftete im vergangenen Jahr den größten Gewinn in der Unternehmensgeschichte und erzielte auch im ersten Halbjahr 2023 einen deutlichen operativen Gewinn von 626 Millionen Euro.
Bereits seit längerem wird der Verkauf diskutiert, am Wochenende sprach sich Verkehrsminister Wissing im Bericht aus Berlin erneut für einen raschen Verkauf aus: "Wir wollen, dass das so schnell wie möglich vonstattengeht", so Wissing: "Wir können diese Mittel auch gut gebrauchen, um sie in die Infrastruktur der Bahn zu investieren."
Nach Informationen des "Handelsblatts" hat das Bieterverfahren zwar noch nicht begonnen, aber der arabische Investor ADQ, einer von drei Staatsfonds des Emirats Abu Dhabi, habe Interesse an DB Schenker geäußert. Schenker könnte der Wirtschaftszeitung zufolge mit zwölf bis 15 Milliarden Euro bewertet werden.
Der Erlös aus dem Verkauf von DB Schenker könnte dann in die im September beim Schienengipfel beschlossene Generalsanierung fließen. Im Zuge dessen sollen bis 2030 etwa zahlreiche Bahnhöfe modernisiert und 40 Streckenabschnitte saniert werden. Im kommenden Jahr wird zunächst die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim für mehrere Monate voll gesperrt und modernisiert. Auch die ICE-Strecke zwischen Berlin und Hamburg soll in den kommenden zwei Jahren wegen Bauarbeiten monatelang gesperrt sein.