BIP sinkt zum zweiten Mal in Folge Deutsche Wirtschaft in Rezession abgerutscht
Die deutsche Wirtschaft ist im Winterhalbjahr doch in eine Rezession gerutscht. Die noch immer hohe Inflation belastet die Konsumausgaben und bremst die Wirtschaftsleistung.
Deutschlands Wirtschaft ist im ersten Quartal geschrumpft. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden revidierte seine erste Schätzung von Ende April von 0,0 Prozent auf minus 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal nach unten.
"Nachdem das BIP bereits zum Jahresende 2022 ins Minus gerutscht war, verzeichnete die deutsche Wirtschaft damit zwei negative Quartale in Folge", sagte Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes. Bei zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung befindet sich eine Volkswirtschaft laut gängiger Definition in einer Rezession.
Aussichten gedämpft
Das bedeutet aber nicht, dass das Gesamtjahr negativ sein wird. Vor allem dank des milden Winters traten die schlimmsten Szenarien nicht ein - etwa ein Gasmangel, der tiefe Spuren hinterlassen hätte. Dennoch sind die Aussichten für Europas größte Volkswirtschaft nach Einschätzung von Experten für das Gesamtjahr gedämpft. Der Internationale Währungsfonds geht davon aus, dass sich das Wirtschaftswachstum um die Nulllinie herum bewegen dürfte.
Ausschlaggebend dürfte die hohe Inflationsrate sein, die in Deutschland auch im April noch bei 7,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat lag. "Die massiv gestiegenen Energiepreise haben im Winterhalbjahr ihren Tribut gefordert. Leider ist eine grundlegende Besserung nicht in Sicht, weil nach dem gestrigen Rückgang des ifo-Geschäftsklimas nun alle wichtigen Frühindikatoren im verarbeitenden Gewerbe sinken", so der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer.
Konsumausgaben deutlich gesunken
Besonders die privaten Konsumausgaben sind in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres um 1,2 Prozent zurückgegangen. Die hohe Teuerung zehrt an der Kaufkraft der Verbraucher. Sowohl für Nahrungsmittel und Getränke als auch für Bekleidung und Schuhe sowie für Einrichtungsgegenstände gaben die privaten Haushalte den Angaben zufolge weniger aus als im Vorquartal.
"Unter der Last der immensen Inflation ist der deutsche Konsument in die Knie gegangen und hat die gesamte Volkswirtschaft mit sich gerissen", urteilte Andreas Scheuerle von der Deka-Bank. Auch die staatlichen Konsumausgaben nahmen um fast fünf Prozent im Vergleich zum Vorquartal ab.
"Das muss den Bundeskanzler wachrütteln"
Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte angesichts der schwachen Wirtschaftsdaten: "Das ist ein Auftrag an die Politik." Deutschland drohe auf Abstiegsplätze abzurutschen. Um gegenzusteuern, werde die Regierung die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen und mehr Fachkräfte anlocken. Bundeskanzler Olaf Scholz warb für Zuversicht: "Die Aussichten der deutschen Wirtschaft sind sehr gut." Wirtschaftsminister Robert Habeck verwies darauf, dass vor allem die starke Energieabhängigkeit von Russland zur jetzigen Lage geführt habe. "Wir kämpfen uns aus dieser Krise raus", sagte der Grünen-Politiker.
Die Opposition kritisierte die Wirtschaftspolitik der Ampel-Regierung. "Das muss den Bundeskanzler wachrütteln", sagte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz. "So wie seine Ampel arbeitet, zweifeln viele Unternehmen an der Zukunft des Standorts Deutschland." Von der "Konzertierten Aktion" des Bundeskanzlers mit den Sozialpartnern zur Bekämpfung der Inflation sei "seit Monaten" nichts mehr zu hören. "Hohe Energiepreise und keine klare Linie in der Wirtschaftspolitik verunsichern Unternehmer und Arbeitnehmer", so Merz. "Spätestens jetzt muss die Ampel aufhören, sich die Lage schön zu reden", twitterte der Unions-Fraktionsvize Jens Spahn. "Das Wirtschaftswunder wird nicht vom Himmel fallen."