Vor dem Gipfel im Kanzleramt "Konjunkturelle Anreize" sollen der Baubranche helfen
Morgen berät die Bundesregierung über Gegenmaßnahmen für die Flaute beim Wohnungsbau. Bauministerin Geywitz will die Förderung für Familien ausweiten. Der Städte- und Gemeindebund fordert Steuererleichterungen für Neubauten und Sanierungen.
Die Bundesregierung sucht nach Lösungen, um die Baukrise zu bewältigen. Bundesbauministerin Klara Geywitz bekräftigte im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa, die staatlichen Hilfen zum Bau oder Kauf der eigenen vier Wände auszuweiten und eine weitere Milliarde Euro in Wohnheime zu investieren.
Beim morgigen "Bündnistag bezahlbarer Wohnraum" im Bundeskanzleramt soll diskutiert werden, wie schnell und preiswert mehr Wohnungen gebaut werden können. Ursprünglich sollte in dem von Geywitz ins Leben gerufenen Format auch an dem ausgewiesenen Ziel von 400.000 neuen Wohnungen gearbeitet werden. Vor allem wegen der gestiegenen Baukosten und Zinsen steckt die Bauwirtschaft jedoch in der Krise und das vereinbarte Ziel liegt in weiter Ferne.
Ziel von 400.000 Wohnungen noch deutlicher verfehlt
Laut Geywitz wird es in diesem Jahr sogar noch deutlicher verfehlt als im vergangenen Jahr, als knapp 300.000 Einheiten fertig wurden. "Wir werden wahrscheinlich dieses Jahr etwas weniger fertigstellen als im Jahr davor. Aber ich gehe nicht davon aus, dass wir einen dramatischen Einbruch der Fertigstellungszahlen sehen werden," so die SPD-Politikerin.
Die Bauanträge seien massiv nach unten gegangen. "Deshalb werden wir jetzt konjunkturelle Impulse setzen." Sie nannte die bereits angekündigten gut 18 Milliarden Euro vom Bund für den sozialen Wohnungsbau. "Zusammen mit den Beiträgen der Länder stehen da etwa 45 Milliarden Euro bis 2027 zur Verfügung."
Wohnheime und Bauförderung für Familien
Zum anderen werde das mit 500 Millionen Euro ausgestattete Programm für Junges Wohnen um zwei Jahre verlängert, ein Plus von einer Milliarde Euro. "Damit stehen dann insgesamt 1,5 Milliarden Euro bereit, um Studenten- und Azubiwohnheime zu finanzieren", sagte Geywitz. Schon jetzt seien 5.745 neue Wohnheimplätze in Planung und weitere 3.600 würden saniert. "Das ist gut angelegtes Geld", sagte die Ministerin.
Zudem soll die Wohneigentumsförderung für Familien ausgeweitet werden. "Dazu werden wir die Einkommensgrenze von jetzt 60.000 Euro deutlich nach oben setzen. Auch die Kreditsumme werden wir noch einmal erhöhen", so Geywitz. Zudem sei es ökologisch sinnvoll, "dass wir Familien auch unterstützen, ein bestehendes Haus zu erwerben und zu sanieren".
Details nannte die Ministerin vor Montag nicht. Grundsätzlich glaube sie nicht, dass die Zinsen wieder auf das Niveau von vor einigen Jahren sinken. Derzeit herrsche eine kurzfristige Schocksituation wegen des Zinssprungs und der hohen Inflation. "Ich gehe davon aus, dass sich die Marktteilnehmer in wenigen Jahren an das höhere Zinsniveau gewöhnt haben werden." Deshalb gelte es, Baukapazitäten zu erhalten.
Städte- und Gemeindebund fordert Steuererleichterungen
Auch der Städte- und Gemeindebund (DStGB) forderte Gegenmaßnahmen und ein "klares Signal" für eine Beschleunigung des Wohnungsbaus. DStGB-Geschäftsführer Gerd Landsberg schlug in der "Bild am Sonntag" vor, Planungs- und Genehmigungsverfahren beim Wohnungsbau zu beschleunigen, Baukosten zu begrenzen und Investitionen in den Wohnungsbau weiter zu stärken.
Landsberg sagte, der Bau von bezahlbarem Wohnraum werde nur gelingen, wenn Bund und Länder deutlich mehr Mittel bereitstellten. Sowohl für den Neubau als auch für die Sanierung bestehenden Wohnraums müssten Steuererleichterungen gelten. Zudem müsse der Bund die Mittel für die soziale Wohnraumförderung langfristig auf "mindestens fünf Milliarden Euro pro Jahr" anheben.
Scholz: Mehr Bauland und serielles Bauen
Bundeskanzler Olaf Scholz, der zu dem Baugipfel eingeladen hat, hatte zuvor gesagt, Vorschriften sollten vereinfacht und vereinheitlicht werden, "damit wir serielles Bauen hinbekommen und das Bauen noch billiger wird". Gebraucht werde unter anderem mehr Bauland, das in den Kommunen ausgewiesen werden müsse. Zum seriellen Bauen sagte er, bei Autobauern werde auch nicht jedes Modell in jedem Landkreis einzeln zugelassen, sondern es gebe eine generelle Zulassung. "Warum soll uns das mit den Grundkonstruktionen von Häusern nicht auch deutschlandweit gelingen? Das würde erhebliche Kosten sparen." Die Wohnungen blieben weiter individuell wie auch bei Autobestellungen.
Mit Blick auf die Finanzierungsbedingungen sagte Scholz, die Zinsen seien nicht das Problem. Das aktuelle Niveau von etwa vier Prozent sei niedrig im Vergleich beispielsweise zum Anfang der 1970er Jahre mit 9,5 Prozent. Das Problem sei, dass zu viele Wohnungen zu Preisen gebaut worden seien, die sich viele nicht leisten können.
Bauindustrie verlangt Hilfspaket
Die Bauindustrie verlangt von der Bundesregierung massive Hilfen für den Wohnungsbau. Der Hauptverband der deutschen Bauindustrie fordert etwa, die Grunderwerbssteuer zu senken oder zeitweise auszusetzen. Energiestandards für neue Wohngebäude sollen lockerer gehandhabt werden als geplant. Die Neubauförderung müsse deutlich ausgebaut werden.
Passiere nichts, werde es für die Bauunternehmen immer schwieriger, ihr Personal zu halten. "Baukapazitäten stünden dann nicht mehr zur Verfügung. Die Folgen für den Mietmarkt oder die Infrastruktur wären dramatisch," so der Verband vor dem Treffen.
Zwei wichtige Branchenverbände haben die Hoffnung offenbar bereits aufgegeben. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) sowie der Eigentümerverband Haus & Grund sagten aus Protest gegen die Regierungspolitik ihre Teilnahme am Treffen ab. Es sei kein greifbares, positives Ergebnis zu erwarten, die Veranstaltung sei vor allem "öffentlichkeitswirksam".