Wohnungsbaugipfel Scholz will "ganz konkrete Dinge" besprechen
Kurz vor dem Wohnungsgipfel fordert die Bauindustrie ein Hilfspaket von der Regierung. Laut Kanzler Scholz sollen bei dem Treffen "ganz konkrete Dinge" besprochen werden, wie mehr Wohnungen gebaut werden können.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dringt auf bessere Bedingungen für den Bau bezahlbarer Wohnungen in Deutschland. Dafür sollten Vorschriften vereinfacht und vereinheitlicht werden, "damit wir serielles Bauen hinbekommen und das Bauen noch billiger wird", sagte er bei einer SPD-Wahlkampfkundgebung in Nürnberg.
Das Bundeskanzleramt hat für Montag zum "Bündnistag bezahlbarer Wohnraum" geladen. Dabei geht es darum, wie schnell und preiswert mehr Wohnungen gebaut werden können. Das Format hatte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) im Frühjahr 2022 ins Leben gerufen. Es sollte unter anderem an der Erreichung des ausgewiesenen Ziels von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr arbeiten. Vor allem wegen der gestiegenen Baukosten und Zinsen steckt die Bauwirtschaft jedoch in der Krise und das gesteckte Ziel liegt in weiter Ferne.
Mehr Bauland und serielles Bauen
Scholz sagte, bei dem Treffen sollten "ganz konkrete Dinge" besprochen werden, wie mehr Wohnungen gebaut werden können. Gebraucht werde unter anderem mehr Bauland, das in den Kommunen ausgewiesen werden müsse. Zum seriellen Bauen sagte er, bei Autobauern werde auch nicht jedes Modell in jedem Landkreis einzeln zugelassen, sondern es gebe eine generelle Zulassung. "Warum soll uns das mit den Grundkonstruktionen von Häusern nicht auch deutschlandweit gelingen? Das würde erhebliche Kosten sparen." Die Wohnungen blieben weiter individuell wie auch bei Autobestellungen.
Mit Blick auf die Finanzierungsbedingungen sagte Scholz: "Es sind nicht die Zinsen das Problem." Das aktuelle Niveau von etwa vier Prozent sei niedrig im Vergleich beispielsweise zum Anfang der siebziger Jahre mit 9,5 Prozent. Das Problem sei, dass zu viele Wohnungen zu Preisen gebaut worden seien, die sich viele nicht leisten können.
Bauministerin für Kurswechsel bei Energiesparvorschriften
Geywitz forderte in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa eine Abkehr von geplanten Energiesparvorschriften für neue Wohnhäuser und für unsanierte ältere Gebäude. "Ich bin dagegen, mit verpflichtenden Mindest-Effizienzstandards bei Gebäuden Eigentümern von unsanierten Häusern Angst zu machen, dass sie Zehntausende von Euro investieren müssen", sagte Geywitz auch mit Blick auf EU-Pläne.
In Brüssel wird eine Gebäudeeffizienzrichtlinie beraten, die vor allem für Häuser mit den schlechtesten Energiewerten Verbesserungen fordern würde. Dabei will auch das Bundeswirtschaftsministerium bestimmte Vorgaben verhindern. "Verpflichtende Sanierungen für einzelne Wohngebäude schließen wir aus" zitierte der "Spiegel" aus einer Stellungnahme.
Bauindustrie verlangt Hilfspaket
Die Bauindustrie verlangt angesichts der Wohnungsbaukrise ein Hilfspaket von der Bundesregierung. "Wir brauchen eine Kanzlerentscheidung für mehr Wohnungsbau in Deutschland", heißt es in einem Forderungspapier für das Treffen am Montag, aus dem RTL und n-tv zitieren.
Im Papier verlangt der Hauptverband der deutschen Bauindustrie etwa, die Grunderwerbssteuer zu senken oder zeitweise auszusetzen. Energiestandards für neue Wohngebäude sollen lockerer gehandhabt werden als geplant. Die Neubauförderung müsse deutlich ausgebaut werden. "Ohne ein Bau-Paket kommt der Wohnungsbau kurzfristig nicht wieder in Schwung", heißt es weiter. "Alle Indikatoren am Bau zeigen deutlich nach unten, eine Trendwende ist nicht in Sicht." Es drohe die Abwanderung von Arbeitskräften aus der Branche.
"Durchschnittsfamilie müsse Eigentum finanzieren können"
Der Bundesverband Deutscher Fertigbau forderte, dass "die Durchschnittsfamilie" wieder in der Lage sein müsse, Wohneigentum zu finanzieren. "Die Einkommensgrenze für die Neubauförderung muss deshalb umgehend von 60.000 Euro auf mindestens 90.000 Euro für Familien erhöht werden", erklärte Verbandschef Achim Hannott.
"Die Menschen erwarten einen Wohnungsbau-Wumms", erklärte der Geschäftsführer des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe (ZDB), Felix Pakleppa. ZDB-Chef Pakleppa setzt große Hoffnungen in das Spitzentreffen im Kanzleramt. "Noch nie hat ein ganzer Wirtschaftszweig so gespannt auf einen Termin im politischen Berlin geschaut", erklärte er. "Das Treffen wird die Realitätsprobe für die Wohnungsbaupolitik der Regierung."
"Brauchen einen echten Schub"
"Was wir jetzt brauchen, ist ein echter Schub, damit der Wohnungsbau nicht kollabiert", sagte IG-Bau-Gewerkschaftschef Robert Feiger der "Augsburger Allgemeinen". "Alles, was jetzt nicht finanziell auf den Weg gebracht wird, wird später doppelt so teuer", sagte er weiter. Der Staat müsse daher jetzt Mittel zur Verfügung stellen. Etwa brauche es 50 Milliarden Euro für Sozialwohnungen. "Weitere 22 Milliarden Euro sind noch in dieser Legislaturperiode notwendig, um auch Wohnungen zu erstellen, die für Menschen mit mittleren Einkommen bezahlbar sind." .
Hoffnung bereits aufgegeben
Zwei wichtige Branchenverbände wollen das Treffen am Montag boykottieren: Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) sowie der Eigentümerverband Haus & Grund sagten am Freitag aus Protest gegen die Regierungspolitik ab. Es sei kein greifbares, positives Ergebnis zu erwarten. Stattdessen warfen sie der Bundesregierung vor, eine "in erster Linie öffentlichkeitswirksame" Veranstaltung zu planen.