Wohnungsnot in Deutschland Fast ein Drittel weniger Baugenehmigungen
Der Rückgang der Baugenehmigungen hat sich im Juli sogar noch beschleunigt. Vor dem neuen Wohnungsgipfel kommende Woche schlägt die Bauwirtschaft Alarm. Sind die staatlichen Förderprogramme wirkungslos?
Kurz vor dem Wohnungsgipfel der Bundesregierung kommen neue düstere Zahlen aus der Baubranche. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, wurde im Juli 2023 der Bau von 21.000 Wohnungen genehmigt. Das entspricht einem Einbruch von 31,5 Prozent oder 9.600 gegenüber dem Vorjahreswert. In den ersten sieben Monaten des Jahres sank die Zahl damit um 27,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Die beiden wichtigsten Gründe für den Negativtrend bestehen schon seit einiger Zeit. "Zum Rückgang der Bauvorhaben dürften weiterhin vor allem steigende Baukosten und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen beigetragen haben", so die Statistiker.
"Trauriger Rekord"
Die Baubranche zeigt sich alarmiert. "Der freie Fall bei den Wohnungsbaugenehmigungen geht ungebremst weiter", sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tom-Oliver Müller. "Der zehnte aufeinanderfolgende Monat mit einem zweistelligen Genehmigungsrückgang, das ist ein trauriger Rekord."
In den ersten sieben Monaten des Jahres wurden damit erst 156.200 Wohnungen genehmigt. Die Bundesregierung hat sich eigentlich das Ziel von jährlich 400.000 Wohnungen gesetzt, um dem wachsenden Bedarf vor allem in den Großstädten zu begegnen. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hat aber unter Verweis auf das schwierige Umfeld bereits eingeräumt, dass sie dieses Ziel deutlich verfehlen wird.
Zinserhöhung könnte Lage verschärfen
Neue Impulse soll nun der Wohnungsbaugipfel am kommenden Montag im Kanzleramt bringen. Die Bau- und Immobilienbranche fordert etwa die Absenkung der Grunderwerbssteuer, weniger Bürokratie und die vergünstigte Abgabe öffentlicher Grundstücke für den Mietwohnungsmarkt. Wenn die Bundesregierung "nicht entschlossen das Ruder herumwirft, wird die Wohnungsnot in Deutschland zementiert", warnte Verbandschef Müller.
Nach der erneuten Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) in der vergangenen Woche hatte die Bau- und Immobilienwirtschaft vor einer weiteren Zuspitzung gewarnt. "Die Erhöhung der Zinsen wird die Rezession am Bau weiter anheizen, da Finanzierungskosten steigen und Bauen weiter verteuert wird", sagte Müller.
"Noch kein eindeutiger Effekt" durch KfW-Förderung
Seit März 2023 gibt es neue Förderprogramme der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für klimafreundliche Neubauten. "Noch ist kein eindeutiger Effekt dieser Maßnahmen auf die Genehmigungszahlen erkennbar", hieß es aber dazu vom Statistikamt.
Von März bis Juli habe sich der Rückgang der Baugenehmigungen sogar beschleunigt, so das Bundesamt. Bei Einfamilienhäusern gingen die Genehmigungen in den ersten sieben Monaten um 36,5 Prozent auf 30.800 zurück. Auch bei den Mehrfamilienhäusern verringerte sich die Zahl der Genehmigungen deutlich, um 27,5 Prozent auf 83.600. Nur bei Wohnheimen gab es ein Zuwachs.