KfW-Programm für Familien Wie realistisch ist die neue Eigenheimförderung?
Das Bundesbauministerium hat ein neues Förderprogramm für Familien mit kleinen und mittleren Einkommen gestartet: Sie sollen mit günstigen Krediten animiert werden, ein Haus zu bauen. Doch für wen ist das überhaupt passend?
Bauen ist aktuell so teuer wie lange nicht mehr. Selbst wer ein halbwegs günstiges Baugrundstück findet, genügend Eigenkapital mitbringt und die Baukosten im Rahmen halten kann, muss für ein Familienhaus mit einem Kredit von einer halben Million Euro rechnen. Knapp die Hälfte davon kann über das neue Förderprogramm des Bauministeriums laufen. Maximal 240.000 Euro werden dann über ein Darlehen der staatlichen KfW-Bank finanziert - zu einem vergünstigten Zinssatz von 1,25 Prozent.
Für den Rest ist ein Kredit zu marktüblichen Konditionen nötig, der Zinssatz liegt zurzeit bei etwa vier Prozent. Zinsen und Tilgung zusammengerechnet ergeben eine monatliche Belastung von etwa 2000 Euro. Das ist für eine Beispielfamilie mit einem Kind, deren zu versteuerndes Einkommen höchstens 60.000 Euro im Jahr betragen darf, viel Geld.
Banken müssen mitspielen
Doch selbst wenn sich die Beispielfamilie zutraut, etwa die Hälfte ihres Monatseinkommens in die Abzahlung des Baukredits zu stecken, muss eine weitere Hürde überwunden werden: Die Bank muss mitspielen. Das Geld für den vergünstigten Kredit kommt offiziell zwar von der staatlichen Förderbank KfW, die Abwicklung läuft aber über die eigene Hausbank. Sie muss die Bonität eines Kunden bewerten, also einschätzen, ob er die monatlichen Raten stemmen kann. Die Entscheidung über das KfW-Darlehen und den Zusatzkredit fällt die Bank nach eigenen Kriterien.
Hermann-Josef Tenhagen, der Chefredakteur des Geldratgebers Finanztip, befürchtet, dass sich viele Banken querstellen und der Familie keinen größeren Kredit bewilligen werden. Seiner Einschätzung nach ist ein höheres Haushaltseinkommen nötig, um eine Immobilie seriös finanzieren zu können: mindestens 100.000 Euro. Das sei eine solidere Basis für einen Immobilienkredit, sagt Tenhagen im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio.
Kritik an dem Programm kommt auch von der Opposition im Bundestag: "Das können sich junge Familien nicht leisten", meint der CDU-Abgeordnete Ulrich Lange. "Dieses Programm wird große Frustration auslösen, viel Enttäuschung."
Höchstens Neubauten auf dem Land
Ein entscheidender Punkt wird der Ort sein, an dem das neue Haus entstehen soll. Baugrundstücke in Ballungsräume sind bekanntlich für die wenigsten erschwinglich. "Top-Wohnlagen mit zehn Kilometer Anfahrt nach Frankfurt am Main werden nicht funktionieren", sagt Finanzexperte Tenhagen. Familien mit kleinen und mittleren Einkommen, die das neue Förderprogramm in Anspruch nehmen wollen, müssen wohl in ländlichen Regionen auf Grundstücksuche gehen.
Im Idealfall, sagt Tenhagen, habe die Familie einen Bauplatz von den Eltern oder Großeltern geerbt und könne die Kosten für einen Neubau geringhalten. Zum Beispiel, indem Handwerker aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis mithelfen. Das ist ein Idealbild, das wohl auf die wenigsten Familien zutreffen dürfte. Tenhagen gibt auch zu bedenken, dass sich die Familie mit einem Leben auf dem Land arrangieren müsste. Er rechnet vor: "Wenn zwei Autos nötig sind, um zu den Arbeitsstellen zu kommen, die vielleicht 40 Kilometer entfernt liegen, gehen pro Monat dafür locker 1000 Euro weg. Dann kann es schwierig werden, den Kredit zu bedienen."
Maximales Haushaltseinkommen von 60.000 Euro
Pro weiteres Kind steigt die Grenze um 10.000 Euro
Vergünstigter KfW-Kredit mit Zinssatz von 1,25 Prozent
Höchste Kreditsumme von 240.000 Euro
Neubau muss klimafreundlich sein nach EH40-Kriterium
"Weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein"
Auch die Bauwirtschaft geht davon aus, dass die Zielgruppe des neuen Förderprogramms eher klein ist. Oliver Wittke, Hauptgeschäftsführer des Zentralen Immobilienausschusses ZIA, nennt die Eigentumsförderung nur ein "Progrämmchen", das das Problem des fehlenden Wohnraums nicht ansatzweise lösen könne. Der ZIA hat berechnet, dass durch die neue Eigentumsförderung nur 2500 neue Eigenheime in Deutschland entstehen.
Und dafür müssten die Mittel aus dem Programm komplett abgerufen werden. Mit Blick auf die mindestens 400.000 fehlenden Wohnungen sei das Programm weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein, sagt Wittke im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Die Baubranche erkenne das Bemühen der Bundesregierung - eine Lösung des Problems rücke aber nicht näher.
Hohe Effizienzstandards sind Pflicht
Dazu kommt: Das Bauministerium will nur klimafreundliche Neubauten fördern. Sie müssen das Kriterium EH40 erfüllen. Das heißt, die Häuser dürfen nur 40 Prozent der Energie verbrauchen, die für ältere Vergleichsgebäude nötig ist. Diese Häuser brauchen besonders stark gedämmte Wände und Fenster, damit möglichst wenig Energie nach außen verloren geht. Somit sind sie im Bau deutlich teurer als konventionelle Häuser.
Experten sprechen von rund 300 Euro zusätzlich pro Quadratmeter. Normalerweise eine Investition, die Bauherren mit großem Budget in Betracht ziehen. Ausgerechnet Bauministerin Klara Geywitz bezweifelt, ob EH40 überhaupt sinnvoll und nachhaltig ist, weil bei der Produktion der Dämmstoffe viel CO2 freigesetzt wird.
Trotzdem ist EH40 die Bedingung für einen Neubau geworden, um das neue Programm zu nutzen - und es kommt aus dem Hause Geywitz. Ihr Ministerium kündigt an, in sechs Wochen ein erstes Resümee ziehen, wie die Eigentumsförderung angelaufen ist. Kaum vorstellbar, dass sich gerade Familie mit kleinen oder mittleren Einkommen den höchsten Effizienzstandard für den Neubau leisten können und wollen.
Anm. d. Red.: In einer früheren Version hieß es, eine Beispielfamilie mit einem Kind dürfe höchstens 60.000 Euro brutto pro Jahr verdienen. Es handelt sich jedoch um das zu versteuernde Einkommen, nicht um das Jahresbruttoeinkommen.
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