Kampf gegen die Inflation EZB erhöht Zinsen erneut um 0,25 Prozentpunkte
Die Europäische Zentralbank setzt ihren Zinserhöhungskurs im Kampf gegen die Inflation mit der zehnten Anhebung in Serie fort. Sie hob die Schlüsselsätze wie bereits im Juli um einen viertel Prozentpunkt auf nun 4,5 Prozent an.
Die schwächelnde Konjunktur unterbricht die Serie von Zinserhöhungen im Euroraum vorerst nicht: Die Europäische Zentralbank (EZB) hebt den Leitzins um weitere 0,25 Prozentpunkte auf 4,5 Prozent an. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999. Der an den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder erhalten, steigt somit von 3,75 auf 4,00 Prozent.
Der EZB-Rat beschloss damit die zehnte Zinserhöhung in Folge seit Juli 2022. Mit den höheren Zinsen versucht die Notenbank, die hartnäckig hohe Inflation in den Griff zu bekommen.
Forderungen nach Zinspause blieben unerhört
Höhere Zinsen verteuern Kredite. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Weil teurere Kredite zugleich eine Last für die Wirtschaft sind, waren zuletzt Forderungen nach einer Zinspause lauter geworden.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte nach der vorherigen Sitzung des EZB-Rates Ende Juli für die September-Sitzung sowohl eine weitere Zinserhöhung als auch eine Unterbrechung der beispiellosen Serie von Anhebungen nicht ausgeschlossen. Lediglich einer Zinssenkung erteilte die Französin bereits damals eine Absage.
EZB hält an "datengestütztem Ansatz" fest
"Bei der Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer des restriktiven Niveaus wird der EZB-Rat auch künftig einen datengestützten Ansatz verfolgen", teilten die Währungshüter nun mit.
Viele Volkswirte gehen davon aus, dass die Euro-Wächter auf ihrem im Sommer 2022 eingeleiteten Straffungskurs mit einen Einlagensatz von nunmehr 4,00 Prozent den Zinshöhepunkt erreicht haben. Sie erwarten, dass die EZB den Schlüsselsatz für längere Zeit auf diesem Niveau halten wird, um die Inflation weiter einzudämmen.
Stimmen aus der Wirtschaft
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) reagierte kritisch auf die erneute Zinsanhebung. "Für die Unternehmen in Deutschland wird die Durststrecke noch länger", erklärte Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Denn dadurch verschlechterten sich die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen weiter, "und das in einer Situation, in der Aufträge wegfallen und die Konjunktur droht abzudriften". Wichtig sei nun, Investitionen zu ermöglichen, die das Angebot vergrößern.
Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), hält die Entscheidung der EZB angesichts der nur langsam zurückgehenden Inflation zwar für "verständlich". "Sie darf mit weiteren Zinserhöhungen jedoch nicht überziehen. Andernfalls würde sie die Wirtschaft zu stark dämpfen." Die EZB müsse vielmehr den "vollen Effekt ihrer bisherigen Schritte" abwarten.
ING-Analyst Carsten Brzeski erklärte, der EZB sei es vor allem um Glaubwürdigkeit gegangen. "Die EZB hat einen Job und das ist die Wahrung der Preisstabilität." Die Angst, die Inflation nicht unter Kontrolle zu bekommen und das Risiko, zu früh aus den Erhöhungen auszusteigen, sei größer gewesen als das steigende Rezessionsrisiko in der Eurozone. Brzeski rechnet aber damit, dass es die vorerst letzte Erhöhung war.
Weit vom Ziel einer Inflationsrate von 2,0 Prozent entfernt
Mittelfristig strebt die EZB für den Euroraum eine Inflationsrate von 2,0 Prozent an. Bei diesem Niveau sehen die Währungshüter Preisstabilität gewahrt. Doch von dieser Zielmarke ist die Teuerung nach wie vor weit entfernt. Im August schwächte sich der Anstieg der Verbraucherpreise im Währungsraum der 20 Länder nicht weiter ab.
Die jährliche Inflationsrate verharrte einer erste Schätzung des Statistikamtes Eurostat zufolge bei 5,3 Prozent. Im vergangenen Jahr war die Inflation infolge des Ukraine-Kriegs, in dessen Folge die Preise für Energie und Nahrungsmittel in die Höhe schnellten, zeitweise zweistellig gewesen. Höhere Inflationsraten zehren an der Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, die Menschen können sich für ihr Geld weniger leisten. Das bremst den privaten Konsum, der eine wichtige Stütze der Konjunktur ist.