Eingebrochene Baugenehmigungen Die Wohnungsnot verschärft sich
Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen ist im vergangenen Jahr deutlich gesunken. Gleichzeitig stiegen die Mieten teilweise rasant. Die Krise auf dem deutschen Wohnungsmarkt droht sich zuzuspitzen.
Teure Materialkosten, gestiegene Zinsen: Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen ist im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit 2018 gesunken. Die Behörden bewilligten gerade einmal 354.400 Vorhaben.
Das sind 6,9 Prozent weniger als im Vorjahr, wie das statistische Bundesamt mitteilte. Zum Rückgang dürften demnach vor allem Materialmangel, hohe Kosten für Baumaterialien, der Fachkräftemangel und die hohen Zinsen geführt haben.
Ampel-Koalition verfehlt Ziel von 400.000 Neubauten
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hat bereits eingeräumt, dass das Neubauziel der Ampel-Koalition von 400.000 Wohnungen jährlich auch 2023 verfehlt werde. Von einem kompletten Baustopp könne aber keine Rede sein, betonte die Ministerin: "Im Jahr 2022 wurden mehr neue Wohnungen genehmigt als in 2021 fertiggestellt wurden." In diesem Jahr dürften nur etwa 245.000 Wohnungen fertiggestellt werden.
Die Wirtschaft warnt jedoch angesichts der negativen Entwicklung vor einem dramatischen Rückgang im Wohnungsbau, zumal sich die Entwicklung gerade in der zweiten Hälfte des Jahres verstärkte.
"Wenn wir nicht bald das Ruder rumreißen, wächst sich die Wohnungsmarktkrise weiter aus", warnte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes, Felix Pakleppa. Bauherren und Investoren stornierten wegen der hohen Baukosten und gestiegener Bauzinsen immer mehr Projekte, so Pakleppa.
Besonders starkes Minus bei privaten Bauprojekten
Während im ersten Halbjahr noch 2,1 Prozent weniger Wohnungen genehmigt wurden als im Vorjahreszeitraum, betrug die Lücke im zweiten Halbjahr 12,6 Prozent. Seit Mai 2022 wurden durchgängig weniger Anträge für neu zu errichtende Wohnungen genehmigt als im jeweiligen Vorjahresmonat.
Besonders stark sanken im abgelaufenen Jahr die Zusagen für Einfamilienhäuser. Die Behörden genehmigten nur noch 78.100 davon - das waren 16,8 Prozent weniger als 2021. Die Zahl der genehmigten Neubauwohnungen in Zweifamilienhäusern ging um 13,8 Prozent auf 27.700 zurück. Bei Mehrfamilienhäusern gab es hingegen nur ein Minus von 1,6 Prozent auf 190.400 Wohnungen.
Vor allem Privatleute überlegen sich den Bau des Eigenheims angesichts der steigenden Zinsen zweimal: Die Zahl der Baugenehmigungen, die für Privatleute genehmigt wurden, brach um mehr als 12 Prozent ein.
Extreme Anstiege der Mieten in Berlin und München
Weil Eigentum teurer wird, weichen viele Menschen wieder verstärkt auf Mietwohnungen aus. Die Folge: Mieten werden deutlich teurer. Im dritten Quartal 2022 kletterten die Mietpreise nach Daten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Schnitt kräftig um 5,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.
Gerade in Berlin und München explodieren die Mietpreise: Nach einer Analyse des Wohnungsportals "Immowelt" sind die Angebotspreise bei Neuvermietungen in Berlin seit November 2022 um 27 Prozent auf 12,55 Euro pro Quadratmeter gestiegen. "Immowelt" zufolge könnte der massive Zuzug nach Berlin ein Faktor für die extremen Preisanstiege sein. 'Auch Geflüchtete aus der Ukraine sollen zur Verteuerung der Immobilien beitragen.
Für viele kaum noch bezahlbar
Nur in München ist der Wohnungsmarkt noch teurer. Trotz der ohnehin hohen Preise sind die Kosten für eine Wohnung binnen zwei Jahren um 21 Prozent auf 14,58 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Das erklärte der Oberbürgermeister der Stadt, Dieter Reiter, bei der Vorstellung des neuen Mietspiegels am Mittwoch.
Es ist die höchste Steigerung in der Geschichte des Mietspiegels: "Viele Münchner Mieterinnen und Mieter können die finanziellen Belastungen schon jetzt kaum noch bezahlen", so Reiter. Er habe sich von Bundesregierung insbesondere beim Thema Bauen und Wohnen mehr erhofft.
Planung und Genehmigung dauern zu lange
Aber auch in anderen Metropolen steigen die Mieten laut der Auswertung von "Immowelt" rapide an. Hannover, Bremen und Dresden verzeichnen jeweils einen Anstieg von vier Prozent, während die Preise in einigen anderen Städten leicht zurückgegangen. Dortmund, Essen und Hamburg verzeichneten jeweils einen Preisrückgang von einem Prozent, während die Mieten in Stuttgart sogar um drei Prozent gesunken sind.
Die Zahl der Baugenehmigungen gilt mit Blick auf den Wohnungsmangel in vielen Städten als ein wichtiger Indikator. Laut Bauministerin Geywitz will die Bundesregierung insbesondere wegen der langen Bauzeiten unter anderem vereinfachte Planungs- und Genehmigungsverfahren erreichen.
Mit Informationen von Emal Atif, tagesschau.de.