Grünen-Vorsitzender Das ARD-Sommerinterview mit Nouripour im Faktencheck
Im ARD-Sommerinterview hat sich Grünen-Chef Nouripour unter anderem zum Ukraine-Krieg, zu Energiepreisen und den Landtagswahlen geäußert. Das Zwölf-Milliarden-Euro-Loch im Haushaltskompromiss versuchte er, kleiner zu reden.
Die bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen, die Energiepreise und der Haushaltsstreit in der Ampelkoalition sind einige der Themen, zu denen der Grünen-Co-Vorsitzende Omid Nouripour im ARD-Sommerinterview Rede und Antwort gestanden hat.
Zudem ging es um die Unterstützung der Ukraine und um den Klimaschutz, eines der Kernthemen der Grünen. Dabei gab es insgesamt wenig faktische Aussagen, die geprüft werden konnten. Diese hielten einer Überprüfung grundsätzlich stand.
Aussagen zu Mindestlohn stimmen
Im Interview betonte Nouripour, dass die Koalition aus SPD, FDP und den Grünen trotz vieler Schwierigkeiten "sehr viel miteinander hinbekommen haben". Als Beispiel führte er den Mindestlohn an. "Wir haben den Mindestlohn erhöht." Diese Aussage ist richtig, auch wenn es innerhalb der Koalition anhaltenden Streit um das Thema gibt.
Im Juni 2022 hatte der Bundestag einer Vorlage des Kabinetts zugestimmt und die Erhöhung des Mindestlohns beschlossen. Die Lohnuntergrenze stieg per Gesetz auf zwölf Euro pro Stunde. Damals betrug der Mindestlohn 9,82 Euro. Im Juli 2022 stieg er zunächst auf 10,45 Euro, im Oktober 2022 auf zwölf Euro pro Stunde. Seit Januar 2024 beträgt er 12,41 Euro. Aktuell ist vorgesehen, ihn im kommenden Jahr auf 12,82 Euro anzuheben. Den Mindestlohn gibt es seit Januar 2015.
Inzwischen ist innerhalb der Koalition allerdings neuer Streit um das Thema aufgeflammt. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte im Mai diesen Jahres eine Anhebung auf bis zu 15 Euro pro Stunde. FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner lehnte dies ab - genau wie die oppositionelle CDU und die Arbeitgeber. Grüne, Gewerkschaften und Sozialverbände begrüßten die Äußerung.
Energiepreise wieder gesunken
Außerdem äußerte sich Nouripour im ARD-Sommerinterview zu den Energiepreisen: "Wir haben die Energiepreise - trotz des Krieges in der Ukraine - geschafft, einzudämmen auf die Zeit vor dem Krieg." Auch diese Aussage ist hinsichtlich der Belastung der privaten Haushalte grundsätzlich richtig.
Das belegen zum Beispiel Zahlen des Vergleichsportals Verivox. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine begann im Februar 2022. Die Gaspreise für Neukunden erreichten laut dem Vergleichsportal Verivox im Herbst 2022 mit gut 40 Cent pro Kilowattstunde ihren Höhepunkt. Wie der NDR berichtet, kostet derzeit im Mittel eine Kilowattstunde Gas beim regional günstigsten Anbieter 8,6 Cent für Neukunden. Der Gaspreis liegt damit stabil unter dem Niveau von Herbst 2021, als er im Vorfeld des Ukraine-Kriegs zu steigen begann.
Bei den Strompreisen sieht die Entwicklung ähnlich aus. 24,3 Cent kostet Neukunden derzeit im Mittel eine Kilowattstunde Strom beim günstigsten Anbieter. Durch den Krieg in der Ukraine waren die Energiepreise zwischenzeitlich stark gestiegen. Am 24. Februar 2022, dem Beginn des Kriegs gegen die Ukraine, betrug der Preis 37,0 Cent. Laut Verivox erreichten die Strompreise im Herbst 2022 ihren bisherigen Höhepunkt mit 70 Cent pro Kilowattstunde.
Verschiedene Faktoren haben zum Sinken der Preise geführt. Auch Maßnahmen der Regierungskoalition wie die Strompreisbremse und das vorübergehende Senken der Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme gehören dazu.
Haushaltslücke kleiner geredet
Am vergangenen Freitag hat sich die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP erneut auf einen Haushaltskompromiss für 2025 geeinigt. Dieser lässt eine Finanzierungslücke von zwölf Milliarden Euro und setzt auf die Annahme, dass ein Teil dieses Budgets 2025 ungenutzt bleibt und am Ende eingespart werden kann. Nouripour versuchte, die Zahl von zwölf Milliarden Euro im ARD-Sommerinterview kleiner zu reden: "Es sind ja nicht zwölf, sondern es ist ja deutlich reduziert worden, was es an Lücken gibt, wo man noch im laufenden Verfahren...". Der Satz blieb in der Gesprächssituation jedoch unvollendet.
Eine Finanzierungslücke in Höhe von zwölf Milliarden Euro ist allerdings ungewöhnlich. Mit dieser Zahl übertrifft die Ampel die Werte der vergangenen 20 Jahre um einiges. Der Posten der sogenannten globalen Minderausgabe (GMA) gewann zudem zuletzt immer mehr an Bedeutung. In den Regierungsentwürfen der Jahre 2004 bis 2024 war in zwölf Jahren gar keine "Bodensatz-GMA" vorgesehen (2004, 2007-2013, 2015-2017, 2019). 2018 lag sie erstmals über drei Milliarden Euro - und stieg dann in den Jahren 2021 bis 2023 auf jeweils sechs bis acht Milliarden Euro an. Für 2024 wurden acht Milliarden Euro veranschlagt.
Die Bundesregierung hofft, dass die Ministerien nicht das gesamte ihnen zustehende Geld in dem Jahr ausgeben. Das war in den vergangenen Jahren tatsächlich so: Regelmäßig blieben Milliardenbeträge am Jahresende übrig.