Friedrich Merz beim Sommerinterview im ARD-Hauptstadtstudio
faktenfinder

CDU-Vorsitzender Das ARD-Sommerinterview mit Merz im Faktencheck

Stand: 14.07.2024 19:29 Uhr

Der CDU-Vorsitzende Merz hat im ARD-Sommerinterview keine Falschaussagen getätigt - lediglich bei der geplanten Neuverschuldung des Bundes ließ er unerwähnt, dass das mit der Schuldenbremse vereinbar ist.

Von Pascal Siggelkow, ARD-faktenfinder

Die kommenden Landtagswahlen, der Zustand der Deutschen Bahn und die Frage nach dem Kanzlerkandidaten der Union waren unter anderem die Themen des ARD-Sommerinterviews mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. Da es während der Aufzeichnung eines solchen Gesprächs nicht immer möglich ist, falsche oder irreführende Behauptungen sofort zu korrigieren, werden einige Aussagen von Merz hier noch einmal im Nachgang genauer beleuchtet.

Wenig faktische Aussagen

Insgesamt gab es während des ARD-Sommerinterviews wenig faktische Aussagen, die überprüft werden können - anders als zum Beispiel beim ARD-Sommerinterview mit dem AfD-Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla. Von den wenigen aufgestellten Fakten von Merz halten jedoch nahezu alle einer Überprüfung stand.

So hatte Merz unter anderem gesagt, dass Deutschland den CO2-Ausstoß in den Jahren von 1990 bis 2020 um 40 Prozent reduziert habe, während sich die deutsche Wirtschaftsleistung verdoppelt habe. Im Jahr 2020 hatten die in Deutschland ausgestoßenen CO2-Äquivalente nach Angaben des Umweltbundesamts 728,7 Millionen Tonen betragen - und damit 41,3 Prozent weniger als noch 1990.

Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im selben Zeitraum hingegen laut Statistischem Bundesamt von etwa 1,3 Billionen Euro auf 3,4 Billionen Euro - also sogar mehr als doppelt so viel.

Schuldenbremse wird eingehalten

Lediglich beim Thema Neuverschuldung hat Merz zumindest den Kontext außen vor gelassen. So sagte er zum Bundeshaushalt, dass für Deutschland dieses Jahr eine Neuverschuldung in Höhe von knapp 50 Milliarden Euro vorgesehen sei, für das kommende Jahr eine Neuverschuldung in Höhe von knapp 40 Milliarden Euro und "das mit Schuldenbremse". Diese Aussage kann den Eindruck erwecken, als stünde die geplante Neuverschuldung im Widerspruch zur Schuldenbremse. Dem ist jedoch nicht so, denn die Schuldenbremse wird nach Angaben des Bundesfinanzministeriums dennoch eingehalten.

Für das Jahr 2024 sieht der Bundeshaushalt eine Neuverschuldung von 39 Milliarden Euro vor - hinzu kommt ein Nachtragsetat in Höhe von gut elf Milliarden Euro, womit die Neuverschuldung auf 50,5 Milliarden Euro anwächst. Für das Jahr 2025 sind laut Bundesfinanzministerium für den Bundeshaushalt etwa 44 Milliarden Euro Neuverschuldung vorgesehen.

Allerdings ist das mit der Schuldenbremse vereinbar. Denn der Artikel 115 des Grundgesetzes gewährt dem Bund einen "eng begrenzten strukturellen, also unabhängig von der konjunkturellen Lage bestehenden, Verschuldungsspielraum". Die maximale zulässige Nettokreditaufnahme ist dabei auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes begrenzt. Zudem wird die zulässige Nettokreditaufnahme in konjunkturell schlechten Zeiten erhöht.

So kommt es, dass selbst die Neuverschuldung von gut 50 Milliarden Euro laut Bundesfinanzministerium mit der Schuldenbremse vereinbar ist. Denn durch die geringeren Steuereinnahmen und die konjunkturbedingt höheren Ausgaben beispielsweise für das Bürgergeld erlaube es die Schuldenbremse, die reduzierte Wachstumserwartung für das Jahr 2024 zu berücksichtigen.

ARD-Sommerinterview mit Unionsfraktionschef Friedrich Merz

Bericht aus Berlin, 14.07.2024 18:00 Uhr

Falsche Zahl zum Bürgergeld

Beim ARD-Format "Frag selbst" behauptete Merz zum Thema Bürgergeld, dass in Deutschland vier Millionen Menschen Bürgergeld erhielten, "die arbeitsfähig sind und die nicht arbeiten". Hier sei ein Potenzial für den deutschen Arbeitsmarkt vorhanden, das nicht ausgeschöpft werde. Das stimmt jedoch nicht.

Laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erhielten im vergangenen Jahr rund 5,5 Millionen Menschen in Deutschland Bürgergeld. Von ihnen waren etwa 1,5 Millionen Kinder unter 15 Jahren. Vier Millionen Menschen, die Bürgergeld erhielten, waren demnach erwerbsfähig. Allerdings arbeiteten davon rund 20 Prozent bereits, also etwa 800.000 Menschen.

Weitere 40 Prozent wiederum waren nach Angaben des BMAS für den Arbeitsmarkt nicht oder nur bedingt verfügbar, zum Beispiel, weil sie sich in Ausbildung oder Studium befanden, Kinder erzogen, Angehörige pflegten oder kurzfristig arbeitsunfähig waren. Somit waren lediglich 40 Prozent der vier Millionen erwerbsfähigen Menschen, die Bürgergeld empfingen, auch wirklich für den Arbeitsmarkt verfügbar - und damit etwa 1,6 Millionen Menschen.

Frag Selbst mit Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU

tagesschau24, 14.07.2024 18:00 Uhr