Frau vor einer Anzeigetafel am Dresdner Hauptbahnhof
FAQ

Bundesweiter Streik Diese Rechte haben Bahnreisende

Stand: 21.04.2023 04:24 Uhr

Wegen des bundesweiten Streiks der Gewerkschaft EVG gelten im Schienenverkehr besondere Ticketregeln. Welche Rechte haben Bahnreisende bei Verspätungen und Ausfällen?

Von Michael Nordhardt und Christoph Kehlbach, ARD-Rechtsredaktion

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG bestreikt heute bundesweit den Personenverkehr. Begonnen hat der Streik in der Nacht zum Freitag um 3 Uhr. Das Ende ist für 11 Uhr vormittags angekündigt. Nach Informationen auf ihrer Homepage stellt die Bahn darum den Fernverkehr bis 13 Uhr komplett ein. Der Nahverkehr falle "vormittags weitestgehend aus". Weil die Züge am Wochenende "bereits stark ausgelastet" seien, empfiehlt die Bahn, Reisen auf Montag oder Dienstag zu verschieben.

Dürfen Reisende einen anderen Zug nehmen?

Ja. Alle Fahrgäste im Fernverkehr, die ihre für den 21. April 2023 geplante Reise aufgrund des Streiks der EVG verschieben möchten, können das tun. Sie dürfen "ihr bis einschließlich 18. April 2023 gebuchtes Ticket für den Fernverkehr ab sofort bis einschließlich 25. April 2023 flexibel nutzen" schreibt die Bahn auf ihrer Homepage. Die Zugbindung bei Sparpreis-Tickets sei aufgehoben. Man kann also mit einem beliebigen anderen Zug weiterreisen. Sitzplatzreservierungen, die nicht mehr benötigt werden, könnten zudem bei der DB Verkaufsstelle kostenfrei storniert werden.

Für Reisende im Nahverkehr, so heißt es auf der Homepage, gelte folgende Kulanzregelung: "Alle Fahrkarten des Deutschlandtarifs mit Reisedatum 21. April 2023 können im Zeitraum vom 19. April 2023, 00.00 Uhr bis 25. April 2023, 23.59 Uhr flexibel genutzt werden. Auch Umwege, die nicht auf der Fahrkarte angegeben sind, sind zulässig."

Aber Vorsicht: Für die sogenannte City-Funktion der Tickets gelte das nicht. Wer seine Reise verschiebt, muss also im städtischen Regionalverkehr am neuen Reisetag gesondert ein Ticket kaufen.

Können Reisende ihr Ticket vor der Fahrt zurückgeben?

Kunden, die im Fernverkehr vom Bahnstreik betroffen sind und die Reise nicht verschieben können oder wollen, haben die Möglichkeit, bereits gebuchte Tickets und Sitzplatzreservierungen kostenfrei zu stornieren und sich den gesamten Reisepreis erstatten lassen. Das gehe im DB-Reisezentrum. Für übers Internet gekaufte Tickets gibt es online ein Antragsformular, das man über sein Kundenkonto im Online-Bereich der Bahn beziehungsweise über die Bahn-App aufrufen kann. Daneben ist auch die Antragstellung per Post über das Fahrgastrechteformular möglich. Im Nahverkehr wird der Ticketpreis zu 100 Prozent erstattet, wenn Bahnreisende wegen des Streiks mindestens 60 Minuten verspätet am Zielbahnhof ankommen würden und die Fahrt deshalb erst gar nicht antreten.

Zahlt die Bahn bei Verspätungen?

Ja. Unabhängig vom Streik gelten generell bei Verspätungen die allgemeinen Fahrgastrechte. Die sehen vor: Ab 60 Minuten Verspätung am Zielbahnhof bekommen Bahnkunden einen Teil des gezahlten Fahrpreises zurück: 25 Prozent des Ticketpreises für die einfache Fahrt. Ab einer Verspätung von 120 Minuten gibt es 50 Prozent. Kunden können wählen, ob sie sich die Verspätungsentschädigung als Gutschein oder in Geld auszahlen lassen. Ein entsprechendes Antragsformular gibt es im Reisezentrum oder im Internet.

Entschädigt die Bahn auch Reisende mit Monatsticket?

Auch Reisende, die ein Monatsticket oder andere Zeitfahrkarten haben, bekommen bei Verspätungen ab 60 Minuten eine Entschädigung. Diese ist pauschal festgelegt: Bei Zeitkarten im Fernverkehr beträgt sie in der zweiten Klasse fünf Euro, in der ersten Klasse 7,50 Euro. Bei der Bahncard 100 sind es zehn Euro in der zweiten und 15 Euro in der ersten Klasse.  Bei Länder-Tickets, Quer-Durchs-Land-Tickets und dem Schönes-Wochenende-Ticket liegt die Entschädigung bei 1,50 Euro für die zweite Klasse, 2,50 Euro für ein Ticket erster Klasse. Allerdings: Es werden erst Beträge ab vier Euro ausgezahlt. Deshalb kann es sein, dass Kunden mehrere Verspätungen "sammeln" müssen, bis sie diese Grenze überschritten haben.

Zahlt die Bahn ein Taxi oder Hotelzimmer?

In zwei Situationen muss die Bahn ihren Passagieren andere Verkehrsmittel wie Taxis zur Verfügung stellen: wenn die planmäßige Ankunftszeit zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens liegt und die erwartete Verspätung am Zielbahnhof bei mindestens 60 Minuten; oder wenn die letzte fahrplanmäßige Verbindung des Tages ausfällt und der Zielbahnhof ohne Taxi nicht mehr bis 24 Uhr erreicht werden kann. Macht die Bahn das nicht, zum Beispiel tief in der Nacht, dürfen Kunden auf eigene Faust ins Taxi steigen und können dann die Kosten - Höchstbetrag: 80 Euro - von der Bahn verlangen. Ist wegen eines Zugausfalls oder einer Verspätung die Weiterfahrt am selben Tag nicht möglich oder nicht zumutbar, muss die Bahn ihren Kunden entweder eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung stellen oder später "angemessene Übernachtungskosten" ersetzen. Passagiere müssen vorrangig die Übernachtungsangebote der Bahn in Anspruch nehmen, bevor sie sich selbst ein Hotel suchen.

Was gilt jetzt für die Mitnahme von Fahrrädern?

Für den Streiktag bittet die Bahn auf ihrer Homepage darum, wegen der erwartbar hohen Auslastung der Züge keine Fahrräder mitzunehmen. Fernverkehrsreisenden, die schon im Vorfeld eine Fahrkarte mit Fahrradkarte und Stellplatzreservierung gekauft haben, wird eine kostenlose Fahrradversendung angeboten. Das gilt allerdings nur am Streiktag und für "herkömmliche" Fahrräder, also zum Beispiel nicht für Pedelecs, E-Bikes, Tandems und Liegefahrräder. Der Versand dauert in der Regel zwei Werktage und kann ausschließlich online gebucht werden. Weitere Bedingungen sind auf der Internetseite der Bahn genannt.

Was gilt für Verspätungen am Arbeitsplatz?

Grundsätzlich gilt: Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin trägt das sogenannte Wegerisiko. Sie müssen also alles Zumutbare unternehmen, um pünktlich zur Arbeit zu kommen. Das kann etwa eine Fahrt mit einem Auto sein statt mit der Bahn. Verspätungen, die - wie ein Streik - voraussehbar sind, muss der Arbeitnehmer einplanen. Kommt er trotzdem zu spät, kann es arbeitsrechtlich Konsequenzen geben. Es gibt aber auch Grenzen: Nicht zumutbar ist es zum Beispiel, den Arbeitsweg schon einen Tag vorher anzutreten und in einem Hotel zu übernachten. Man muss auch keine Fahrtkosten für ein Taxi bezahlen, die völlig außer Verhältnis zum Gehalt stehen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 19. April 2023 um 20:00 Uhr in den Nachrichten.