Arbeitsniederlegungen Wen die Warnstreiks treffen könnten
Nach der Osterpause stehen im Tarifstreit bei den Eisenbahnen am Freitag wieder Warnstreiks im Fern- und Regionalverkehr an. Auch Flugreisende müssen sich auf Behinderungen einstellen - dort bereits ab heute.
Nach dem massiven Warnstreik im öffentlichen Verkehr Ende März blieb es für Bahnreisende zuletzt weitgehend ruhig - nun stehen erneut Einschränkungen im Fern- und Regionalverkehr an. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will am Freitag zum zweiten Mal den Schienenverkehr bundesweit lahmlegen. Alle EVG-Mitglieder bei der Deutschen Bahn und in weiteren rund 50 Bus- und Bahnunternehmen seien zum Arbeitskampf aufgerufen, erklärte die Gewerkschaft.
Damit will die EVG den Druck vor der nächsten Tarifrunde mit der Deutschen Bahn noch einmal erhöhen.
Offen lässt die EVG derzeit noch einen Streikaufruf an die Transdev-Belegschaft. Die Gespräche mit dem Bahnunternehmen laufen derzeit noch, wie beide Seiten bestätigten. Transdev betreibt eigenen Angaben zufolge die zweitgrößte Schienenfahrzeugflotte in Deutschland.
Wer streikt wann und wo?
Die Gewerkschaft EVG hat ihre Beschäftigten aufgerufen, am Freitag zwischen 3.00 Uhr morgens und 11.00 Uhr am Vormittag die Arbeit niederzulegen. Betroffen sind Fern-, Regional-, und S-Bahn-Züge im ganzen Land.
Die Gewerkschaft ver.di wiederum hat im Rahmen des Tarifkonflikts im öffentlichen Dienst für heute und morgen an den Flughäfen Köln/Bonn, Düsseldorf und Hamburg Warnstreiks im Luftsicherheitsbereich, in der Fluggastkontrolle, der Personal- und Warenkontrolle und in Servicebereichen Warnstreiks angekündigt. Auch auf dem Flughafen Stuttgart soll am Freitag in diesen Bereichen die Arbeit niedergelegt werden. "Es ist im Zusammenhang mit dem Streik mit längeren Wartezeiten bis hin zu Flugausfällen oder -streichungen zu rechnen", warnte die Gewerkschaft.
Mit welchen Auswirkungen ist zu rechnen?
Die Auswirkungen auf der Schiene dürften wie bereits Ende März erheblich sein. Die Deutsche Bahn will den Fernverkehr am Vormittag vollständig einstellen. Ab 13.00 Uhr soll er zwar schrittweise wieder anlaufen. "Dennoch ist am Freitag bis in die frühen Abendstunden mit bundesweiten Auswirkungen des Streiks auf die ICE- und IC-Züge zu rechnen", hieß es. "Alle, die umplanen können, sollten das tun", sagte Konzernpersonalvorstand Martin Seiler.
Im Regional- und S-Bahnverkehr wiederum sollen nach Ende des Ausstands "zeitnah wieder so viele Verbindungen wie möglich nach dem regulären Fahrplan angeboten werden". Allerdings sei auch hier im Laufe des Nachmittags mit weiteren Einschränkungen zu rechnen.
Auch an den Flughäfen Köln/Bonn, Düsseldorf und Hamburg müssen sich Fluggäste auf deutliche Behinderungen einstellen. "Nach aktuellem Stand werden rund 700 Abflüge an den Flughäfen Düsseldorf, Hamburg und Köln/Bonn nicht stattfinden", teilte der Flughafenverband ADV mit. Rund 100.000 Fluggäste seien betroffen. Der Hamburger Flughafen kündigte an, dass wegen des Warnstreiks heute und morgen alle Abflüge gestrichen würden.
Bahnen, Schiffe, Flugzeuge - wird wieder alles stillstehen?
Einen so umfangreichen Warnstreik wie Ende März wird es dieses Mal nicht geben. Damals hatte die EVG gemeinsam mit ver.di mit einem 24-Stunden-Warnstreik den öffentlichen Verkehr in Deutschland weitgehend zum Erliegen gebracht. Neben der Schiene waren fast sämtliche deutsche Flughäfen außer Berlin betroffen ebenso der Schiffs- und Hafenverkehr.
Nun ist der Warnstreik bei den Bahnen auf einige Stunden am Morgen und am Vormittag begrenzt. "Uns geht es auch nicht darum, Fahrgäste zu bestrafen", sagte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay. "Im Gegenteil: Uns geht es nur darum, den Druck auf den Arbeitgeber zu erhöhen."
Mit Düsseldorf trifft es zwar einen der größten deutschen Flughäfen, andere wichtige Drehkreuze wie Frankfurt und München bleiben hingegen in Betrieb. Die EVG betonte, dass die parallelen ver.di-Warnstreiks am Freitag nur Zufall seien. Eine Abstimmung zwischen den Gewerkschaften habe es dieses Mal nicht gegeben.
Wird es weitere Warnstreiks geben?
Das ist durchaus wahrscheinlich. Die EVG verhandelt derzeit in zweiter Runde nach und nach mit rund 50 Eisenbahnunternehmen. Mit der Deutschen Bahn ist das nächste Treffen für den kommenden Dienstag angesetzt. Sollte es dabei keine Einigung geben, kommen beide Seiten voraussichtlich erst Ende Mai wieder zusammen. Solange dauert es, bis die EVG auch mit den anderen Unternehmen verhandelt hat. Die Gewerkschaft hat zuletzt deutlich gemacht, dass Warnstreiks während Verhandlungsrunden jederzeit denkbar seien.
Ver.di wiederum verhandelt am kommenden Samstag mit Bund und Kommunen über einen Schlichtungsvorschlag im öffentlichen Dienst. Sollte es dabei ebenfalls zu keiner Einigung kommen, sind eine Urabstimmung und unbefristete Streiks denkbar.
Was fordert die EVG?
Die EVG fordert bei einer Laufzeit von einem Jahr mindestens 650 Euro mehr im Monat oder zwölf Prozent mehr bei den oberen Einkommen. Derzeit verhandelt die Gewerkschaft in zweiter Runde nach und nach mit den rund 50 Unternehmen. Heute trifft sich die Gewerkschaft mit dem Unternehmen Transdev.
Mit der Deutschen Bahn ist die nächste Runde für die kommende Woche angesetzt. Bei dem Konzern betreffen die Tarifverhandlungen gut 180.000 Beschäftigte.
Was bietet die Bahn an?
Die Deutsche Bahn zeigte sich zuletzt offen, den Schlichtervorschlag bei den Verhandlungen für den öffentlichen Dienst als Grundlage für die eigenen Gespräche zu übernehmen. Dieser sieht zunächst steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von 3000 Euro in mehreren Stufen vor. Ab März 2024 soll es dann einen Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend ein Lohnplus von 5,5 Prozent geben. Wird dabei keine Erhöhung um 340 Euro erreicht, soll der betreffende Erhöhungsbetrag auf diese Summe gesetzt werden. Die EVG bewertete den Vorstoß als Provokation.