Arbeitskampf an Flughäfen Was tun beim Streik?
An sieben Flughäfen in Deutschland hat ein großangelegter Warnstreik begonnen, darunter auch an den wichtigen Drehkreuzen Frankfurt und München. Was müssen Reisende beachten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie lange dauert der Streik?
Die Gewerkschaft ver.di hat für diesen Freitag an sieben deutschen Flughäfen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst, bei örtlichen Bodenverkehrsdienstunternehmen und bei der Luftsicherheit zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Der Streik hat in den frühen Morgenstunden begonnen und endet in der Nacht von Freitag auf Samstag.
Welche Flughäfen sind betroffen?
Es fallen nicht sämtliche Flüge im deutschen Luftraum aus. Bislang sind Warnstreiks an sieben Standorten angekündigt. Die Flughäfen Frankfurt, München, Stuttgart und Hamburg kündigten an, den regulären Passagierbetrieb einzustellen. Von der Arbeitsniederlegung sind aber auch die kleineren Flughäfen in Dortmund, Hannover und Bremen betroffen.
Überraschend rief ver.di heute noch zu einem Warnstreik am Leipziger Flughafen auf, der am selben Tag um 15 Uhr beginnen und bis Freitag, 6 Uhr, dauern sollte. Am Samstag plant der Lufthansa-Konzern wie andere Gesellschaften aber wieder einen Normalbetrieb.
Wie viele Flüge sind betroffen?
An den Flughäfen fallen wohl alle Starts und Landungen von Passagierflügen und kommerziellen Verbindungen aus. Laut dem Flughafenverband ADV wird der Warnstreik zu gut 2340 Flugausfällen führen. Nach der ADV-Statistik für das Jahr 2022 stehen die sieben Flughäfen für knapp zwei Drittel (64,5 Prozent) der Fluggäste in Deutschland. Der Verband geht davon aus, dass der Streik damit rund 295.000 Passagiere betreffen könnte. Allein die Lufthansa muss an ihren wichtigsten Standorten Frankfurt und München rund 1200 Flüge streichen.
Am größten deutschen Drehkreuz in Frankfurt wird ein regulärer Passagierbetrieb nicht möglich sein, hieß es vom Flughafenbetreiber Fraport. In Frankfurt dürften 1005 Flüge und 137.000 Reisende betroffen sein. In Stuttgart wirkt sich der Warnstreik laut Flughafen auf 162 Flüge und rund 20.000 Passagiere aus. Der Flughafen München sprach von mehr als 700 betroffenen Starts und Landungen, in Hamburg trifft es einer Flughafensprecherin zufolge rund 32.000 Passagiere. Ausgenommen vom Streik sind dagegen Not- sowie Sonderflüge wie Hilfslieferungen für die Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien.
Was fordern die Streikenden?
Ver.di und der Beamtenbund dbb fordern in dem Tarifstreit des Öffentlichen Dienstes 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen.
Die Arbeitgeber haben die Forderungen zurückgewiesen. Die zweite Verhandlungsrunde ist für den 22. und 23. Februar in Potsdam geplant. Ein Angebot der Arbeitgeber liegt bislang nicht vor. ver.di hatte bereits Ende Januar mit einem Streik beim Bodenpersonal, der Luftsicherheit und den Beschäftigten des Flughafenbetreibers den Hauptstadtflughafen BER für Passagierflüge komplett lahmgelegt.
Welche Arbeitnehmergruppen sind beteiligt?
Grundsätzlich handelt es sich um drei Gruppen, die eigentlich für sich verhandeln, nun aber gemeinsam von ver.di zum Warnstreik aufgerufen sind. Flughäfen waren oder sind häufig in der Hand der Kommunen, so dass viele Beschäftigte etwa bei der Feuerwehr oder den Flughafenverwaltungen nach dem Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes bezahlt werden.
Die zweite Gruppe sind Flugzeugabfertiger, Betanker oder Gepäckarbeiter, die bei ausgegründeten Bodenverkehrsdienstleistern arbeiten, für die es jeweils regionale Verhandlungen und teilweise auch Haustarife gibt.
Drittens verhandelt ver.di bundesweit für rund 25.000 Luftsicherheitsassistenten. Das sind jene Menschen, die Passagiere, Gepäck und Personal kontrollieren, bevor sie die Sicherheitszonen der Flughäfen betreten dürfen.
Was können Reisende machen?
Zunächst sollten Fluggäste den Status ihrer Flüge überprüfen, falls sie nicht ohnehin bereits von ihrer Airline über etwaige Flugausfälle informiert wurden. Bei Buchungen über einen Reiseveranstalter ist dieser die erste Anlaufstelle.
In den meisten Fällen kümmert sich die Fluggesellschaft um alternative Reisemöglichkeiten. Auf kurzen Distanzen wird die Bahn als Ersatztransportmittel genutzt. So hat die Lufthansa für zahlreiche innerdeutsche Flüge Passagiere bereits auf Züge der Deutschen Bahn umgebucht.
Falls nicht automatisch geschehen, besteht bei kurzfristigen Stornierungen bei der Fluggesellschaft zudem die Möglichkeit, bei innerdeutschen Verbindungen sowie bei Flügen zwischen Deutschland und Basel oder Salzburg das Ticket selbst kostenlos in ein Ticket der Deutschen Bahn umzuwandeln.
Für längere Strecken muss aber zusammen mit der Fluggesellschaft umgebucht werden. Da der Streik am Mittwoch angekündigt wurde, hatten die Airlines zumindest etwas Zeit, auf den Streik zu reagieren und Passagiere auf andere Flüge umzubuchen. Von der Lufthansa heißt es gegenüber tagesschau.de, dass betroffene Kunden informiert wurden und die Airline - soweit möglich - alternative Verbindungen sowie Umbuchungen auf die Bahn anbiete.
Sind zusätzliche Züge geplant?
Laut Deutscher Bahn werden keine zusätzlichen Züge eingesetzt. Die Bahn bietet eigenen Angaben zufolge mit ihren mindestens stündlichen ICE-Verbindungen zwischen den großen Städten generell ausreichend Kapazitäten, um die vom Streik betroffenen Fluggäste befördern zu können. Allein an den Frankfurter Flughafen fahren täglich rund 200 Fernverkehrszüge an, so das Unternehmen.
Auf der Website des Flughafenbetreibers Fraport in Frankfurt können Reisende etwa auf einer Übersicht sehen, welche Flüge annulliert und welche bereits auf Züge umgeleitet wurden.
Kommt es dadurch zu Verspätungen bei der Bahn?
Auf Anfrage von tagesschau.de heißt es von der Deutschen Bahn, dass es im Laufe des Freitags auf einigen Verbindungen zu einer hohen Auslastung kommen könne. "Daher empfehlen wir, auf jeden Fall einen Sitzplatz zu reservieren und in der Auslastungsanzeige auf bahn.de und im DB Navigator nach weniger stark nachgefragten Zügen zu schauen", so ein Bahnsprecher.
Werden Hotelkosten übernommen?
Verschiebt sich der Abflug durch den Streik auf den nächsten Tag, übernehmen Fluggesellschaften in der Regel die Kosten. Bei der Lufthansa etwa können die Kosten für die Übernachtung, den Transport zwischen Flughafen und Hotel und auch für die Verpflegung eingereicht werden - zumindest solange sie "angemessen" sind, heißt es. Wie angemessen von der Airline definiert wird, erfährt man aber nicht.
Gibt es einen Anspruch auf Entschädigung?
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat 2021 entschieden, dass auch bei einem Streik ein Anspruch auf Entschädigung bestehen kann - dann, wenn es das eigene Personal ist, das streikt und sich der Streik im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen bewegt. Anders sei es dann, wenn "fremdes Personal" streikt.
Beim Arbeitskampf am Freitag handelt es sich nicht um einen Streik der Airline-Mitarbeiter. Fluggastrechte-Experte Ronald Schmid sagt tagesschau.de, dass Fluggesellschaften nicht für externe Eingriffe haften. Eine Ausgleichszahlung gebe es für Passagiere also nicht. Dennoch müsse die Airline eine Unterstützungsleistung erbringen, so Schmid. Das heißt beispielsweise einen Streikplan darlegen, prüfen, ob Passagiere mit Bussen an andere Flughäfen transportiert werden können oder andere Ausweichangebote im Rahmen der Möglichkeiten anbieten. Passagiere können die alternative Beförderung aber auch ablehnen und das Geld für die Flugreise zurückerhalten.