Nach der Herabstufung auf AA+ Schuldzuweisungen statt Lösungsansätze
Wer hat Schuld an der Herabstufung der US-Bonität? Darüber wird nun in den USA gestritten. Die Demokraten sprechen von einer "Tea-Party-Herabstufung", die Republikaner werfen dagegen Obama vor, das Land in den Ruin geführt zu haben. Einen Lichtblick gibt es für den Präsidenten: Sein Finanzminister bleibt.
Von Klaus Kastan, BR-Hörfunkstudio Washington
Präsident Obama musste am vergangenen Donnerstag 50 Jahre alt werden, um dann einen Tag nach seinem runden Geburtstag die größte Demütigung in seiner Amtszeit zu erleiden: Die Herabstufung der US-Bonität durch die Ratingagentur Standard & Poor's. Aber am Sonntag ereilte den Präsidenten dann wenigstens doch noch eine gute Nachricht: Tim Geithner, sein Finanzminister, teilte ihm mit, dass er doch weiter im Amt bleiben wolle.
In einer Pressemitteilung hieß es, der Minister sehe voller Erwartungen den großen Herausforderungen für "unser großartiges Land" entgegen. Noch Anfang Juli hieß es, Geithner wolle seinen undankbaren Posten aufgeben, wenn die Schuldenobergrenze vom Kongress erhöht worden sei.
Für Obama ist das Verbleiben des Ministers eine gute Nachricht. Denn wenn Geithner aus dem US-Kabinett ausgeschieden wäre, hätte dies die Märkte weiter verunsichert. Kein Wunder, dass die Nachricht über Geithners Sinneswandel wenige Stunden vor der Eröffnung der Börsen in Asien publik gemacht wurde. Und natürlich schaut man heute auch in Washington gespannt darauf, wie die Aktienmärkte auf die Herabstufung der US-Bonität reagieren werden.
Obama-Sprecher gibt Republikanern die Schuld
Während der Präsident am Wochenende nicht selbst vor die Mikrofone trat, schickte er einen seiner ganz Getreuen in die Sendung "Face The Press" von CBS. David Axelrodt war sein Stabschef im Weißen Haus, heute leitet er Obamas Wahlkampfzentrale in Chicago. Und Axelrodt machte die Republikaner im Kongress für die Herabstufung der amerikanischen Kreditwürdigkeit verantwortlich.
Axelrodt nannte die Entscheidung der Ratingagentur Standard & Poor's in erster Linie eine "Tea-Party-Herabstufung". Dies sei die Schuld republikanischer Kongressmitglieder, die dieser radikalen Bewegung angehören würden. Sie hätten die Zahlungsunfähigkeit der USA in Kauf genommen, um ihren Willen durchzusetzen.
Kopfschütteln über Tea-Party-Argumentation
Tea-Party-Aktivisten warfen am Wochenende dagegen dem Präsidenten vor, dass er mit seiner Ausgabenpolitik das Land in den finanziellen Ruin führen würde. Das wiederum sorgte für Kopfschütteln bei den Demokraten und auch vielen unabhängigen Analysten. David Axelrod sagte: "Seit Monaten hat der Präsident vorgeschlagen: Lasst uns gemeinsam eine Lösung finden. Er sagte immer wieder, dass man ein Vier-Billionen-Einsparungspaket schnüren solle, das dann wirklich die Schuldenlage stabilisiert hätte. Aber Obama wollte alle daran beteiligen, die reichen Amerikaner genauso wie die Mittelklasse und alle anderen."
Und genau dies haben die Republikaner verhindert, in dem sie den Vorschlag des Präsidenten strikt abgelehnt haben, die Steuervergünstigungen für die Wohlhabenden Amerikaner abzuschaffen. Genau das wirft jetzt auch Standard & Poor's dem Kongress vor. Denn hätte sich Obama mit seinem Plan durchgesetzt, wären in zehn Jahren allein durch höhere Steuereinnahmen für die Top-Verdiener fast eine Billion Dollar zusätzlich in den Haushalt geflossen.
Diese erste Kürzungsrunde betrifft die Teile des Bundeshaushalts, über die der Kongress jedes Jahr abstimmt. So sollen etwa 350 Milliarden Dollar auf den Rüstungsetat sowie weitere Posten für die Sicherheit entfallen. Die Republikaner lehnen dies eigentlich ab, weshalb der Punkt einer der umstrittensten ist. Die ersten Kürzungen sollen noch moderat ausfallen, um die Konjunktur nicht abzuwürgen. Über die nächsten zehn Jahre fallen die Einschnitte dann aber immer größer aus.
Die übrigen 1,5 Billionen Dollar an Kürzungen sollen bis Ende des Jahres ausgehandelt werden. Ein Kongress-Ausschuss, der mit jeweils sechs Vertretern beider Parteien besetzt sein wird, soll sich bis Ende des Jahres auf die Details verständigen. Dies dürfte eine Steuerreform und eine Überprüfung der Sozialprogramme einschließen. Beide Felder sind jedoch ebenfalls umstritten.