Ratingagentur senkt US-Kreditwürdigkeit Historische Herabstufung alarmiert die USA
Zum ersten Mal wird die Kreditwürdigkeit der USA nicht mehr mit der Bestnote bewertet. Die Herabstufung der Bonitätsnote durch die Ratinagentur Standard & Poor's heizt die Debatte über die weitere Sanierung des Haushalts an. Die Folgen für die US-Wirtschaft sind noch unklar.
Von Klaus Kastan, BR-Hörfunkstudio Washington
Wer die amerikanischen Zeitungen heute liest, dem fällt ein Begriff auf, der in fast allen Schlagzeilen vorkommt: "For the First Time" - zum ersten Mal in der Geschichte der USA werde die Kreditwürdigkeit des Landes von einer der großen Ratingagenturen in New York herabgestuft, heißt es in zahlreichen Blättern auf Seite eins. Obwohl man schon seit Wochen mit einer solchen Entscheidung rechnen musste - die Agentur Standard & Poor's (S&P) hatte dies bereits Mitte Juli für wahrscheinlich gehalten -, ist die Betroffenheit und die Verwunderung jetzt doch groß.
Ratingagentur erhebt Vorwürfe an US-Politik
Immerhin stellt die "New York Times" in ihrem Leitartikel fest: "Die wirtschaftliche Krise der USA hat klare politische Ursachen." Und auch John Chambers von Standard & Poor's machte in den Interviews bei amerikanischen Fernsehsendern den Politikern in Washington schwere Vorwürfe. Auf die Frage, ob die scharfen Debatten im US-Kongress mit ein Grund für die Herabstufung der Bonität waren, meinte er: Ja, dies habe das Fass zum Überlaufen gebracht. "Vor allem hätte man die Schuldenobergrenze nicht erst im letzten Augenblick erhöhen dürfen", so Chambers. Denn dies hat offensichtlich die Wirtschaft schwer verunsichert, gab der S&P-Verantwortliche zu erkennen.
Außerdem seien die jetzt vorgesehenen Einsparungsbemühungen von 2,1 Billionen Dollar in vier Jahren zu gering, um langfristig die davonlaufenden Schulden in den Griff zu bekommen. Vor allem hätte man auch die Steuererleichterungen für die amerikanischen Topverdiener streichen müssen, erläuterte Chambers. Das hätte dem US-Finanzminister in zehn Jahren etwa 900 Milliarden Dollar Mehreinnahmen beschert, meinte er.
Dies war im Schuldenstreit auch eine Forderung von Präsident Barack Obama gewesen. Doch die Umsetzung scheiterte am Widerstand der Republikaner im Kongress. "Was Standard & Poor's sagt, ist, dass der Kompromiss, der Anfang der Woche geschlossen wurde, um eine Zahlungsunfähigkeit zu verhindern, nicht effizient genug war", sagte der Finanzexperte Allan Chertoff im Fernsehsender CNN. "Die Maßnahmen reichen nicht aus, um die Schuldensituation der Vereinigten Staaten zu stabilisieren."
Die Einigung von Demokraten und Republikanern sieht vor, die gesetzliche Schuldengrenze von derzeit 14,3 Billionen Dollar schrittweise anzuheben - und zwar um mindestens 2,1 Billionen Dollar. Außerdem sieht der Kompromiss die Kürzung der staatlichen Ausgaben in Höhe von 2,4 Billionen Dollar in den kommenden zehn Jahren vor. Davon sollen 917 Milliarden Dollar an Einsparungen in Kraft treten, sobald der Kompromiss beide Kammern im Kongress passiert hat.
Diese erste Kürzungsrunde betrifft die Teile des Bundeshaushalts, über die der Kongress jedes Jahr abstimmt. So sollen etwa 350 Milliarden Dollar auf den Rüstungsetat sowie weitere Posten für die Sicherheit entfallen. Die Republikaner lehnen dies eigentlich ab, weshalb der Punkt einer der umstrittensten ist. Die ersten Kürzungen sollen noch moderat ausfallen, um die Konjunktur nicht abzuwürgen. Über die nächsten zehn Jahre fallen die Einschnitte dann aber immer größer aus.
Die übrigen 1,5 Billionen Dollar an Kürzungen sollen bis Ende des Jahres ausgehandelt werden. Ein Kongress-Ausschuss, der mit jeweils sechs Vertretern beider Parteien besetzt sein wird, soll sich bis Ende des Jahres auf die Details verständigen. Dies dürfte eine Steuerreform und eine Überprüfung der Sozialprogramme einschließen. Beide Felder sind jedoch ebenfalls umstritten.
Schlechtere Bonität trifft Wirtschaft nicht automatisch
Auf der anderen Seite weisen Wirtschaftsexperten auch darauf hin, dass die leicht auf AA+ herabgestufte Kreditwürdigkeit der USA immer noch gut sei. Zwangsläufig müsste dies nicht zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation führen. Auch für Japan habe die Herabstufung der Bonität kaum negative Konsequenzen gehabt. Doch eine Botschaft ist im politischen Washington nach der Entscheidung der Ratingagentur angekommen: Es muss stärker gespart werden - und an Steuererhöhungen wird man wohl in den nächsten Jahren kaum herumkommen.
"Es kann sein, dass die Agentur in zwei Jahren die Kreditwürdigkeit um eine weitere Stufe herabsenkt", sagt Finanzexperte Chertoff. "Nämlich dann, wenn man den Eindruck gewinnt, dass die Haushaltslage nicht weiter konsolidiert wurde. So war das jetzt auch ein Warnschuss nach dem Motto: Das Kapitel der Bonitätsherabstufung ist längst noch nicht abgeschlossen."
Für die US-Regierung von Präsident Obama ist die Entscheidung der Ratingagentur ein schwerer Schlag. Jetzt wartet man gespannt darauf, wie am Montag die Märkte darauf reagieren werden.