Deutschlands größte Airline Wohin steuert die Lufthansa?
Die Lufthansa hat zuletzt eine Menge Höhen und Tiefen durchflogen - mit Konzernchef Spohr an der Spitze. Der will in seiner dritten Amtszeit seine Strategie weiterverfolgen: internationales Wachstum und weltweit vorne mitmischen.
Die Kontrolleure im Aufsichtsrat hatten schon in den zurückliegenden Wochen keinen Zweifel aufkommen lassen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr ist aus Sicht des Gremiums der Richtige an der Spitze des Konzerns - auch für eine dritte Amtszeit. Offiziell läuft sein aktueller Vertrag noch bis Jahresende. Nun kommt frühzeitig die Vertragsverlängerung, unmittelbar bevor der 56 Jahre alte Manager die Bilanzzahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2022 vorstellte. Das ist ein klares Signal.
Germanwings-Absturz war der Tiefpunkt
Spohr hat Lufthansa seit seinem Amtsantritt 2014 durch so manche schwere Krise geführt - vor allem die Folgen des Absturzes einer Germanwings-Maschine im März 2015 in den französischen Alpen. 150 Menschen starben bei dem Unglück. Auch drei Jahre Pandemie hielten den Konzernlenker auf Trab. Nur durch mittlerweile zurückgezahlte Staatshilfen konnte Spohr den Konzern vor einer Insolvenz bewahren.
Karl-Ludwig Kley, der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Lufthansa, fasst die acht Jahre von Spohr so zusammen: "Er hat in dieser Zeit nicht nur schwierigste Krisen und Herausforderungen gemeistert, sondern auch die drei wirtschaftlich erfolgreichsten Jahre der Geschichte des Konzerns verantwortet." Mit seiner Erfahrung, Kompetenz und Persönlichkeit sei der Vorstandsvorsitzende Spohr der Richtige, um auch bevorstehende Herausforderungen zu bewältigen.
Turbulenter Reisesommer - auch dieses Jahr?
Aber wo viel Licht ist, da ist bekanntlich auch Schatten. Und so ist Spohrs Bilanz nicht völlig ungetrübt. Denn zu Beginn der Pandemie hatte Lufthansa mächtig Personal abgebaut. Gut 30.000 Mitarbeiter weltweit verließen den Konzern, was Reisende vergangenen Sommer dann mit aller Wucht zu spüren bekamen. Gestrichene Flüge, fehlende Koffer: Das komplette System an Flughäfen geriet stellenweise aus den Fugen.
Und die Auswirkungen der Pandemie lassen auch in diesem Reisesommer Lufthansa nicht los. Die Kernmarke streicht im Sommerflugplan rund 34.000 Flüge - und damit rund zehn Prozent des angebotenen Flugplans. Pro Tag fallen danach bis zu 500 Flüge weg. Hauptgrund dafür: Das Personal ist knapp, nach wie vor. Übrigens in der gesamten Luftfahrtbranche.
ITA-Übernahme weiter fest im Visier
Die künftige Ausrichtung von Deutschlands größter Airline wird weniger Fokus auf den Heimatmarkt haben. Spohr und sein Lufthansa-Management wollen künftig im Airline-Geschäft wachsen und neue Märkte erschließen. Dabei scheint der Einstieg bei der italienischen Fluggesellschaft ITA, die früher unter dem Namen Alitalia flog, greifbar nahe. In einem zweiten Schritt könnte es dann zu einer Komplettübernahme kommen. Derzeit laufen exklusive Verhandlungen mit der Regierung in Rom. Ein Ergebnis wird in den kommenden Wochen erwartet.
Italien spielt eine wichtige Rolle in der Luftfahrt in Europa. Dabei ist es nicht der italienische Markt, der besonders attraktiv erscheint, denn dort lauert Ryanair, und ITA hatte zuletzt gerade einmal einen Marktanteil von weniger als 30 Prozent. Spannend wird eher zu beobachten, wie Lufthansa mit dem größten italienischen Flughafen in Rom-Fiumicino und mit Langstreckenflügen umgeht. Rom wäre ein gutes Drehkreuz für die südliche Hemisphäre.
Lage der Luftfahrtbranche bessert sich nur langsam
Die Konsolidierung in der Luftfahrtbranche kommt weiterhin nur langsam vorwärts. Neben ITA wird als weiterer Kandidat für eine Übernahme immer wieder auch die portugiesische TAP genannt. Die Regierung will die in der Krise komplett verstaatlichte Airline privatisieren. Ein Verkaufsprozess soll in diesem Jahr starten.
Daher ist das Thema auch bei Spohr auf dem Tisch. Denn gerade mit Blick auf die Flugverbindungen, die TAP im Angebot hat, zeigt sich deutlich: Die Portugiesen haben etliche attraktive Routen nach Südamerika. Solch ein Angebot würde auch gut in die Lufthansa-Strategie passen.