Profitable Logistiktochter Bahn verkauft DB Schenker nach Dänemark
Die Deutsche Bahn braucht Geld und will Schulden abbauen. Dafür verkauft sie ihren wichtigsten Gewinnlieferanten DB Schenker. Der Zuschlag ging nun für 14 Milliarden Euro an den dänischen Logistikkonzern DSV.
Das dänische Transportunternehmen DSV übernimmt die Logistik-Tochter der Deutschen Bahn, DB Schenker, für 14,3 Milliarden Euro. Das teilten beide Seiten heute mit. Der Abschluss der Transaktion werde im Laufe des nächsten Jahres erwartet. Der Vereinbarung müssen die Aufsichtsräte der Unternehmen und der Bund als DB-Eigentümer noch zustimmen. Trotz Bedenken von Arbeitnehmervertretern gilt das Ja im Bahn-Kontrollgremium als sicher.
DSV setzte sich damit im Bieterkampf gegen den Finanzinvestor CVC durch, der laut Verhandlungskreisen etwas weniger geboten hatte. DSV und Schenker sind im zersplitterten, weltweiten Logistikmarkt die Nummer drei und vier. Beide beschäftigen weltweit etwa 75.000 Mitarbeiter und machten zuletzt jeweils einen Jahresumsatz von um die 20 Milliarden Euro. Der Erlös aus dem Verkauf soll dem Staatskonzern vollständig zufließen, in erster Linie um den Schuldenberg von über 30 Milliarden Euro abzutragen.
DSV will eine Milliarde Euro investieren
DSV erklärte, mit der Übernahme werde Deutschland zu einem Schlüsselmarkt für den Konzern: "Die Kombination der beiden Unternehmen wird die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens steigern und Zugang zu neuen Märkten in einer sehr dynamischen und wettbewerbsorientierten Branche ermöglichen." Man werde in den nächsten drei bis fünf Jahren rund eine Milliarde Euro in Deutschland investieren. Dann werde das kombinierte Unternehmen auch mehr Beschäftigte haben als derzeit beide Organisationen zusammen.
Bahn-Chef Richard Lutz erklärte, dies sei die größte Transaktion in der Geschichte der Deutschen Bahn. Die damit verbundene Reduzierung der Schulden sei ein substanzieller Beitrag zur finanziellen Tragfähigkeit des Staatskonzerns. Man könne sich nun auf die Sanierung in Deutschland konzentrieren. Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn hatte Ende 2022 den Weg für Verkaufsverhandlungen freigemacht.
Schenker war einzig profitabler Teil der Bahn
Die Vertreter der Ampel-Koalition im Gremium hatten argumentiert, die angeschlagene Bahn solle sich auf das Kerngeschäft in Deutschland konzentrieren. Investitionen ins Schenker-Geschäft etwa in Asien passten nicht ins Bild. Auf der anderen Seite hatte die Logistiktochter dem Konzern teils milliardenschwere Gewinne geliefert. Zuletzt war sie die einzige profitable Sparte der gesamten Bahn.
Die Schenker-Gewerkschaft Ver.di hatte gegen einen Verkauf an DSV protestiert. Bei einem Zusammenschluss könnten Standorte und Doppelfunktionen wegfallen. Auch wird der Traditionsname Schenker voraussichtlich verschwinden. Der Finanzinvestor CVC hätte die Marke erhalten und wollte Schenker in drei bis fünf Jahren über die Börse weiterverkaufen. CVC hatte argumentiert, dies werde erheblich weniger Stellen kosten als ein Zusammenschluss mit DSV.
2.000 Jobs dürften wegfallen
Das wiederum bestreiten die Dänen, für die es die größte Übernahme ihrer Geschichte ist. Nach Angaben von DSV sollen weniger als 2.000 der insgesamt knapp 15.000 Schenker-Jobs in Deutschland entfallen, ausschließlich in der Verwaltung. Da bei Schenker bereits jetzt ein Sparprogramm mit Stellenabbau laufe, werde die Zahl der von DSV gestrichenen Stellen niedriger ausfallen.
Allein für DSV arbeiten derzeit 5.000 Menschen in Deutschland. Für zwei Jahre nach dem formalen Zusammenschluss, der laut DSV für das zweite Quartal 2025 geplant ist, gilt eine Beschäftigungsgarantie. Auch der Hauptsitz in Essen soll solange bestehen bleiben. Zuletzt hatte DSV nach den Protesten der Schenker-Beschäftigten noch zehn Millionen zusätzlich für einen Topf zugesagt, aus dem Abfindungen gezahlt werden sollen.
Bahn kauft sich Zeit
Für die Bahn bedeutet der Schenker-Verkauf den Verlust des wichtigsten Gewinn-Lieferanten im Konzern. Mit dem Geschäft kauft sich der DB-Konzern im Kern Zeit. Er will nun bis 2027 auch ohne Schenker wieder profitabel werden. Die Güterbahn, seit Jahren in der Krise, muss auch auf Druck der EU-Kommission schon bis 2026 wieder schwarze Zahlen schreiben. Ein Verlustausgleich durch den Konzern ist ab dann untersagt.
Die Fernverkehrssparte muss den Kauf von ICE-Zügen strecken und damit Milliarden einsparen. Das marode Schienennetz soll saniert werden und in drei Jahren eine Pünktlichkeit im Fernverkehr von bis zu 80 Prozent möglich machen. Konzernweit sollen zudem mindestens 30.000 Stellen der insgesamt gut 200.000 vor allem in der Verwaltung wegfallen.
Schenker ist schon einmal verkauft worden
Schenker war in den 1930er-Jahren von der Reichsbahn gekauft worden. 1991 trennte sich die Bundesbahn wieder von Schenker, bis die Spedition 2002 erneut von der Deutschen Bahn gekauft wurde. Die Idee war, dass sich Spedition und Güterbahn ergänzen und stärken. Doch die erhofften Kosteneinsparungen und Kundengewinne traten vor allem bei der Güterbahn nie ein.
Bei Schenker selbst wurde Konzernkreisen zufolge die Zugehörigkeit zur Bahn als Belastung empfunden, da auch erhoffte Investitionen in die Spedition ausblieben.