Verkauf der Logistiktochter Ver.di befürchtet Arbeitsplatzabbau bei DB Schenker
Die Deutsche Bahn will ihre Logistiktochter DB Schenker verkaufen. Während der Verkaufsprozess in die heiße Phase geht, befürchtet die Gewerkschaft Verdi einen drohenden Arbeitsplatzabbau.
Es war eine Premiere im Hamburger Hafen: Zum ersten Mal hat DB Schenker am 8. August seinen Seefracht-Umschlagplatz für Medienvertreter geöffnet. Überdimensionale Gabelstapler mit Verladekran, die sogenannten "Reach Stacker", fahren durch ein Labyrinth aus Hunderten Containern. Im Minutentakt stapeln sie neue Containerwände auf oder tragen welche ab. Dazwischen Arbeiter, die Container bis unters Dach vollpacken oder in Windeseile leeren. 170 Menschen arbeiten hier, dazu nochmal 180 im benachbarten Hub für den Landverkehr.
Werbung in der heißen Verkaufsphase
Mittendrin erklärte gestern DB Schenker-Betriebsleiterin Helena Boysen den anwesenden Journalisten und Kamerateams, wie die Arbeit hier funktioniert. Auf der einen Seite kommen Waren per Landverkehr an und werden in Container für die Seefracht geladen - und umgekehrt. Das Packen der Container nennen die Arbeiter hier scherzhaft "Container-Tetris". Was genau verladen wird, lässt sich oft nur schwer ausmachen, da vieles in Kisten oder Kartons für die lange Seefracht sicher verpackt ist. Aber von der Nähmaschine bis hin zur Achterbahngondel ist so ziemlich alles dabei.
Warum Betriebsleiterin Boysen und das extra aus Essen angereiste DB Schenker-Kommunikationsteam diesen Pressetermin organisiert haben, daraus machen sie keinen Hehl: Sie wollen die logistische Schlagkraft ihres Unternehmens zeigen. Ein Werbetermin in eigener Sache also in der heißen Verkaufsphase.
Explizite Fragen zum Verkauf jedoch sind unerwünscht. Das Kommunikationsteam verweist in dieser Sache auf das Mutterunternehmen - die Deutsche Bahn. "Ich kann nur von meinem Team sprechen", lässt sich Betriebsleiterin Boysen dann doch knapp auf die Frage ein, ob der Verkauf die Stimmung in der Belegschaft beeinflusst: "Und da merken wir überhaupt gar nichts."
Zwei Bieter aus dem Rennen
Wer künftig der neue Arbeitgeber der insgesamt 350 DB-Schenker-Beschäftigten in Hamburg, den 15.000 Beschäftigten in Deutschland und den mehr als 70.000 weltweit wird, ist noch offen. Auf NDR-Anfrage schreibt eine DB-Sprecherin: "Wir sind aktuell in intensivem Austausch mit verschiedenen Interessenten für DB Schenker. Zu einzelnen Bietern, Details von Gesprächen, zum Verkaufsprozess selbst oder zu Preisspekulationen äußern wir uns grundsätzlich nicht."
Fakt ist: Die Logistiktochter DB Schenker gilt als das Tafelsilber der Deutschen Bahn, ist seit langem ihr wichtigster Gewinnlieferant. Weil die Bahn jedoch Schulden in Höhe von 34 Milliarden Euro hat, gleichzeitig aber das marode Schienennetz modernisieren muss, will sie Schenker verkaufen. Schenker hatte im vergangenen Jahr zwar einen Gewinnrückgang verzeichnet, aber immer noch gut eine Milliarde Euro verdient. Das Interesse in der zersplitterten Logistikbranche war groß.
Im Wettbewerb um die Bahn-Logistiktochter sind zuletzt jedoch hochkarätige Bieter ausgestiegen. Wie zwei am Verkaufsprozess Beteiligte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bestätigten, bemühe sich der saudi-arabische Transport- und Logistikkonzern Bahri nicht mehr um den milliardenschweren Kauf der Sparte. Zuvor hatte bereits die dänische Reederei Maersk erklärt, sie ziehe sich aus dem Bieterverfahren zurück. Den Insidern zufolge hatte Bahri in einer ersten Runde mit deutlich über 15 Milliarden Euro das höchste Gebot abgegeben.
Arbeitsplatzabbau durch Synergieeffekte?
Damit wird der Zuschlag wohl zwischen den zwei verbleibenden Bietern entschieden: Der dänischen Spedition DSV und einer Investoren-Gruppe um das Luxemburgische Finanzunternehmen CVC. Als Private-Equity-Fonds dürfte es CVC vor allem darum gehen, DB Schenker in ein paar Jahren profitabler weiterzuverkaufen. Ein Kauf durch DSV wäre dagegen wohl ein langfristiges Engagement und könnte die größeren Synergieffekte bringen - etwa bei der Integration von IT-Systemen oder der Zusammenlegung von Stationen.
Stefan Thyroke, Bundesfachgruppenleiter für Logistik bei der Gewerkschaft ver.di, sieht jedoch genau darin eine große Gefahr für die Arbeitnehmer: "Wenn DSV kaufen sollte sprechen wir dann von einem Logistikriesen von mehr als 150.000 Mitarbeitern weltweit", sagt Thyroke. "Wenn es DSV ist, erwarten wir einen größeren Arbeitsplatzabbau." Dennoch: Der Verkaufsprozess dauere nun schon fast zwei Jahre an. "Je länger er dauert, desto quälender wird es. Das heißt: Eine Entscheidung ist tatsächlich fällig", so Thyroke.
Aus Insiderkreisen heißt es, noch sei das Rennen zwischen den beiden Bietern offen. Entscheidend werde das Gebot Ende August sein. Eine DB-Sprecherin erklärte dazu: "Der Verkaufsprozess für DB Schenker befindet sich in fortgeschrittenem Stadium." Mit dem endgültigen Verkauf rechnet der DB-Konzern jedoch erst 2025.
Mit Informationen von Reuters.