Baustelle der Deutschen Bahn in Hanover

Sanierung der Strecken Wie die Bahn-Fahrpläne verlässlicher werden sollen

Stand: 10.07.2024 12:13 Uhr

Die Deutsche Bahn will Bauarbeiten am Schienennetz künftig gebündelt auf bestimmten Abschnitten durchführen. Vorbild sind die anstehenden Generalsanierungen. Das soll verhindern, dass Fahrpläne kurzfristig geändert werden.

Die Deutsche Bahn will die vielen Bauarbeiten auf dem überlasteten Schienennetz künftig auf andere Art organisieren und bündeln und den Fahrplan damit verlässlicher machen. "Wir werden weiter auf diesem hohen Niveau bauen, deshalb müssen wir jetzt fundamental anders an die Sache rangehen", sagt der Chef der neuen Bahn-Infrastrukturtochter InfraGo, Philipp Nagl. Das neue Modell soll bei kleineren Maßnahmen schon ab Mitte Juli umgesetzt werden. Bei den großen Investitionen will der Konzern das Vorgehen bis spätestens 2027 entsprechend umstellen.

Bislang werden die Baumaßnahmen Nagl zufolge so, wie sie anfallen, bei der InfaGo angemeldet. Diese stellt dann ein mögliches Zeitfenster bereit, woraufhin der Fahrplan angepasst werden muss. Weil das bei kleineren Arbeiten häufig sehr kurzfristig passiert, herrscht bei Fahrgästen schnell Ungewissheit und wenig Verlässlichkeit.

Zudem werden nicht immer alle notwendigen Bauarbeiten in einem Rutsch durchgeführt, sondern über Monate oder sogar Jahre verteilt. Das führt zu immer neuen Einschränkungen auf der gleichen Strecke und zu Unverständnis und Frust bei den Kundinnen und Kunden.

Feste Zeitfenster für Sanierungen

"Die größte Last für die Fahrgäste im Personenverkehr und die Güterverkehrsunternehmen sind die immer wieder neuen Fahrpläne durch die endlose Anzahl an oft auch kurzfristigen Kleinmaßnahmen." Das werde sich mit dem neuen Prinzip ändern. "Wir vereinfachen den komplexen Fahren-Bauen-Prozess."

Die Bahn will das Bauen deshalb künftig anders organisieren. Sowohl für große Investitionsmaßnahmen als auch für kleine Instandhaltungsarbeiten sollen regelmäßig wiederkehrende Zeitfenster, sogenannte Container, eingerichtet werden. Die Bauarbeiten müssen dann gebündelt innerhalb dieser Zeitkorridore durchgeführt werden. Bei kleineren Wartungsarbeiten - etwa der Überprüfung von Signalen oder Weichen - könnten diese Zeitfenster zum Beispiel in einem mehrwöchigen Rhythmus genutzt werden.

Gewerke sollen sich besser abstimmen

Für große Maßnahmen plant die Bahn längere, aber feste Zeiträume pro Jahr ein. Der Vorteil: Die Bahn muss den Fahrplan nicht mehr aufgrund kurzfristiger Baumaßnahmen immer wieder ändern. Wer bauen will, muss eines der feststehenden Zeitfenster nutzen. "Durch das neue Prinzip halbiert sich mittelfristig der Fahrplan-Anpassungsbedarf, den wir im Jahresverlauf haben", so Nagl.

Zudem sollen sich die einzelnen Gewerke künftig besser abstimmen und Baumaßnahmen bündeln. Denn nachdem auf einem Abschnitt während eines der neuen Zeitfenster gebaut worden ist, muss er für eine gewisse Zeit baufrei bleiben. Bei großen Baumaßnahmen könne es durchaus fünf bis sieben Jahre dauern, bis dort wieder gebaut werden dürfe, betont Nagl. "Je kürzer oder länger das Baufenster, umso kürzer beziehungsweise länger die anschließende Baufreiheit." Das soll dazu führen, dass alle notwendigen Arbeiten innerhalb einer einzigen Sperrphase erledigt werden.

Riedbahn als Vorbild

Bei der Sanierung der Riedbahn, der Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim, wird diese neue Bauweise nun erstmals getestet: Auch hier müssen in der Zeit der Vollsperrung alle notwendigen Baumaßnahmen abgearbeitet werden. "Wir haben gemerkt, wie viel Bündelung möglich ist", so Nagl. Die vielbefahrene Bahnstrecke Frankfurt-Mannheim wird ab kommendem Montag, 15. Juli, für Bauarbeiten voll gesperrt. Bis Mitte Dezember werden Gleise, Oberleitungen, Signale, Weichen, Brücken und Bahnhöfe auf rund 70 Kilometern modernisiert.

Insgesamt 40 hochfrequentierte Bahnkorridore werden in den kommenden Jahren über mehrere Monate voll gesperrt und sollen dann grundlegend saniert werden. Ab Mitte August etwa ist die ICE-Strecke zwischen Berlin und Hamburg zunächst für vier Monate nicht befahrbar - Züge werden dann über Stendal und Uelzen umgeleitet, was eine Dreiviertelstunde länger dauert.

Pro Bahn begrüßt Vorhaben

Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßt die Initiative: Damit in kürzester Zeit "möglichst viel repariert werden kann". sei es am sinnvollsten, Streckenabschnitte voll zu sperren. Sanierungen gingen "am schnellsten, wenn an allen Gleisen der Strecke gearbeitet wird und die Arbeiten nicht durch am parallelen Gleis vorbeifahrende Züge eingeschränkt werden müssen", so Karl-Peter Naumann von Pro Bahn gegenüber tagesschau.de.

"Einige Monate sperren mit vielen Unbequemlichkeiten für Reisende wie auch die Güterverkehrskunden nützt allen mehr als in zwei bis drei Jahren die Arbeiten nach einander zu machen mit wechselnden Baufahrplänen", sagt Naumann.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 15. September 2023 um 18:15 Uhr.