Schwaches Wachstum in Deutschland OECD für Reform der Schuldenbremse
Die Industrieländer-Organisation OECD erwartet in diesem Jahr für Deutschland ein noch geringeres Wachstum. Reformen etwa der Schuldenbremse seien nötig. Optimistischer sind die Experten für 2025.
Angesichts der Konjunkturflaute in Deutschland hat die Industriestaaten-Organisation OECD der Bundesregierung Maßnahmen zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums nahegelegt. Dazu gehöre eine Reform der Schuldenbremse, um den Spielraum für Nettoinvestitionen zu erhöhen, sagte der OECD-Deutschlandexperte Robert Grundke. Die Finanzierung von geplanten Projekten im Klima- und Transformationsfonds müsse über 2024 hinaus geklärt werden, um Planungssicherheit zu schaffen.
Die OECD hat ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland erneut nach unten korrigiert. Für das laufende Jahr erwarten die OECD-Konjunkturexperten nur noch ein Plus von 0,2 Prozent, wie aus dem heute in Paris veröffentlichten Wirtschaftsausblick hervorgeht.
Bereits im Februar hatte die OECD ihre Wachstumsprognose für Deutschland gesenkt, und zwar von 0,6 Prozent auf 0,3 Prozent. Erst für das kommende Jahr rechnet die OECD dann mit mehr Schwung der deutschen Wirtschaft und einem Konjunkturplus von 1,1 Prozent.
Industrieproduktion weiter beeinträchtigt
Zum Vergleich: Weltweit erwartet die OECD in diesem Jahr ein Wachstum von 3,1 Prozent und 3,2 Prozent im kommenden Jahr. Im Euroraum geht sie von einem Zuwachs von 0,7 Prozent beziehungsweise 1,5 Prozent aus.
"Dies liegt daran, dass die Produktion in der energieintensiven Industrie, welche ein größeres Gewicht in der deutschen Wirtschaft hat als in anderen Ländern der Euro-Zone, noch immer beeinträchtigt ist", sagte der OECD-Experte Grundke.
Firmen halten sich mit Investitionen zurück
Zudem bleibe die Unsicherheit für die Unternehmen und Haushalte hinsichtlich der Finanzierung von geplanten Subventionen und Infrastrukturprojekten hoch. "Dies dämpft die Investitionstätigkeit der Unternehmen und hält den Konsum der Haushalte trotz gestiegener Reallöhne zurück."
Als weiteren Grund für die schwache Konjunktur nennt die Organisation die restriktive Fiskalpolitik. "Die Wiedereinsetzung der Schuldenbremse und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches die Nutzung von Sondervermögen zur Finanzierung von Ausgaben stark eingeschränkt hat, führen zu einer starken Reduzierung der öffentlichen Ausgaben 2024", sagte Grundke.
Bürokratie als Hemmnis
Die in Paris ansässige OECD empfiehlt zudem Bürokratieabbau. "Geringere Steuern und Sozialabgaben für untere und mittlere Einkommen sollten durch eine Streichung von verzerrenden und regressiven Steuervergünstigungen, einen effektiveren Steuervollzug und Ausgabensenkungen in anderen Bereichen finanziert werden", sagte Grundke.
Außerdem mahnt die Organisation eine schnellere Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung und eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie an. Die Hälfte aller Frauen arbeite Teilzeit in Stellen, für die sie überqualifiziert seien. Die Anreize für das Arbeitsangebot von Frauen im Steuer- und Sozialleistungssystem sollten verbessert werden - etwa durch die Reform des Ehegattensplittings.
2025 stabiles Wachstum erwartet
Für das kommende Jahr erwartet die OECD ein stabiles Wachstum der deutschen Exporte. Die sinkende Inflation und steigende Löhne hätten bereits zu einer erhöhten Kaufkraft und einem Anstieg des privaten Konsums geführt, was der Wirtschaft zugutekomme.
Private Investitionen werden laut der OECD-Prognose allmählich wieder anziehen - auch im Zuge neuer Lieferketten, der Digitalisierung und des Ausbaus erneuerbarer Energien.