Schwacher Konsum Deutsche sparen lieber statt zu konsumieren
Der Konsum als Stütze der Konjunktur fällt derzeit aus: Die Bundesbürger halten ihr Geld gerade zusammen, die Kauflaune verbessert sich kaum. Das hat auch mit den Sorgen vieler Menschen zu tun.
Das hallt nach: Dass die Bundesregierung ihre Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum für dieses Jahr offiziell von 1,3 Prozent auf nur noch 0,2 Prozent absenken musste, kommentierte Wirtschaftsminister Habeck vergangene Woche so: "Das ist wirklich dramatisch schlecht. Ist ja nicht ein Jahr. Wir hatten davor minus 0,3 Prozent, jetzt haben wir plus 0,2 Prozent. So können wir nicht weitermachen."
Das vergangene Jahr hat die deutsche Wirtschaft in der Rezession abgeschlossen. 2024, so die Erwartung vieler Ökonomen, würde es wieder deutlich aufwärts gehen. Doch mittlerweile herrscht Ernüchterung. Manche Volkswirte schließen sogar nicht mehr aus, dass die deutsche Wirtschaft auch dieses Jahr in einer Rezession enden könnte.
Steigende Löhne, sinkende Inflation
Den Rettungsanker, den unter anderem die Ökonomen der Bundesbank und der Bundesregierung identifiziert haben: der privaten Konsum. Denn die Deutschen hätten wieder mehr Geld in der Tasche, sagt der Wirtschaftsminister: "Dazu haben vor allem die Tarifabschlüsse beigetragen, aber auch eine Reihe von politischen Maßnahmen, wie die Erhöhung des Kindergeldes und steuerliche Entlastungen."
Außerdem geht die Inflation zurück. Die Folge: Unter dem Strich steigt das sogenannte Realeinkommen seit kurzem wieder. Werde jetzt wieder mehr Geld in die Geschäfte getragen, könnten normale Verbraucher wieder eine Stütze der Konjunktur sein, lautet die Hoffnung. Nach dem Corona-Lockdown hatte das funktioniert. Da hatten die Deutschen ihr zwangsweise gespartes Geld mit vollen Händen ausgegeben. Doch aktuelle Zahlen legen nahe: Als Wachstumstreiber fällt der private Konsum erst mal aus.
Minimal besser gestimmte Verbraucher
Zwar verbesserte sich die Verbraucherstimmung laut Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und dem Nürnberg Institut für Marktentscheidungen im Februar, nachdem es im Januar noch einen herben Rückschlag gegeben hatte. Aber der Zuwachs ist minimal: um 0,6 Prozent auf minus 29 Punkte - fast nicht der Rede wert.
Chris-Oliver Schickentanz von Capitell Vermögensmanagement glaubt deshalb nicht, dass der private Konsum es derzeit rausreißen kann. Unter anderem wegen der gestiegenen Zinsen: "Was uns über lange Jahre einen ordentlichen Konsum beschert hat, 'buy now - pay later', kaufe jetzt - und finanziere das Ganze, das kostet mittlerweile richtig Geld. Weil auch da Zinsen verlangt werden."
Besorgte Bürger sparen
Außerdem blieben die Probleme der Wirtschaft den meisten Deutschen natürlich nicht verborgen. "Da machen sich viele Menschen Sorgen um ihren zukünftigen Arbeitsplatz, und das reizt auch nicht gerade, mehr zu konsumieren."
Das unterstreicht die GfK-Analyse des Konsumklimas: Zwar rechnen viele Befragte damit, dass sich ihr Einkommen positiv entwickeln wird. Aber deshalb neue Dinge anschaffen wollen sich nur wenige. Stattdessen wird noch mehr gespart. Eine höhere Sparneigung gab es laut GfK zuletzt nur in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008.
Zwischen Fachkräftemangel und Rekordbeschäftigung
Was ebenfalls wenig helfen dürfte: Zwar herrscht - auch aufgrund des Arbeitskräftemangels - in Deutschland Rekordbeschäftigung. Aber laut des Münchner ifo-Instituts wollen die Unternehmen hierzulande weniger Personal einstellen. Auch der Abbau von Arbeitsplätzen sei für viele nicht mehr ausgeschlossen.
Rolf Bürkl vom Nürnberg Institut für Marktentscheidungen sagt: "Die Konsumenten sind stark verunsichert." Mit einer raschen Erholung der Konsumkonjunktur sei nicht zu rechnen. Andreas Scheuerle von der DEKA-Bank hält die Hoffnung auf den privaten Konsum als Impulsgeber für die Wirtschaft nicht für unbegründet. Aber: "Die Hoffnungen werden insofern enttäuscht, dass es nicht so schnell und so deutlich nach oben geht, wie man sich das erhofft hatte."
Allerdings ist er davon überzeugt, dass der private Konsum in der zweiten Jahreshälfte durchaus signifikante Impulse für die deutsche Wirtschaft setzen kann.