Habeck zur Konjunkturprognose "Dramatisch schlecht"
Die Konjunktur in Deutschland wird sich nicht so schnell erholen: Wirtschaftsminister Habeck geht nur noch von 0,2 Prozent Wachstum in diesem Jahr aus. "So können wir nicht weitermachen", warnte er.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schaut mit großen Sorgen auf die Lage der deutschen Wirtschaft. Der Grünen-Politiker kündigte in Leipzig an, die Bundesregierung werde ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr deutlich senken. Erwartet werde nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. Dies sei "dramatisch schlecht", sage Habeck. "So können wir nicht weitermachen."
"Wir müssen wieder mehr investieren"
Habeck nannte als Grund für die Absenkung der Prognose auch Folgen des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts. So hätten die Menschen weniger Geld, um zu investieren, weil die Regierung aus Sparzwängen die Energiepreisbremsen bereits Ende 2023 auslaufen lassen musste.
"Insgesamt müssen wir in diesem Land wieder mehr investieren und das Wirtschaftswachstum zum Laufen bringen", sagte der Grünen-Politiker bei einem handwerkspolitischen Forum zum Auftakt einer dreitägigen Länder-Tour.
Lindner nennt geringes Wachstum "peinlich"
Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner warnte vor den Folgen einer stagnierenden Wirtschaft in Deutschland. Mit Blick auf die geringe Wachstumsprognose sagte der FDP-Chef beim Politischen Aschermittwoch in Potsdam: "Ich finde das nachgerade peinlich und in sozialer Hinsicht gefährlich." Deutschland werde damit wieder in der Schlussgruppe der Industriestaaten landen.
Bei der andauernden Wachstumschwäche sei das Aufstiegsversprechen in der Gesellschaft in Gefahr, so Lindner. Dies habe folgenschwere Auswirkungen vor allem für junge Menschen, aber auch für Zugewanderte, die sich in Deutschland eine Zukunft aufbauen wollten. "Wenn wir nichts tun, wird unser Land zurückfallen."
Zahlen aus dem Herbst wurden unrealistisch
Habeck stellt in der kommenden Woche den Jahreswirtschaftsbericht vor. In der Herbstprognose war die Regierung noch von einem Wachstum im laufenden Jahr von 1,3 Prozent ausgegangen. Diese aus dem Oktober stammende Vorhersage gilt aber seit Längerem nicht mehr als realistisch.
Zuletzt war das deutsche Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2023 um 0,3 Prozent geschrumpft, unter anderem wegen sinkender Investitionen in Bauten und Ausrüstungen wie Maschinen. Sinkt es im laufenden ersten Quartal erneut, wird von einer technischen Rezession gesprochen.
Schon vor Habecks Auftritt war bekannt geworden, dass die Bundesregierung insgesamt mit einer späteren Belebung der deutschen Wirtschaft rechnet. Im aktuellen Monatsbericht zur wirtschaftlichen Lage hält das Wirtschaftsministerium fest: "Belastende Faktoren wie die außenwirtschaftliche Nachfrageschwäche, Streiks im öffentlichen Verkehr, hohe Krankenstände bei den Erwerbstätigen sowie geopolitische Spannungen mit Verzögerungen bei Lieferketten können in der Summe dazu führen, dass sich die erwartete konjunkturelle Erholung nochmals verzögert."
Ampel-Regierung will Pläne im Frühjahr vorlegen
Sowohl Habeck als auch Lindner hatten Deutschland als Standort zuletzt als nicht mehr wettbewerbsfähig bezeichnet. Die Ampel-Regierung will Lindner zufolge bis zum Frühjahr ein Konzept zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland vorlegen. Dies solle vermutlich synchronisiert werden mit den Gesprächen über den Haushaltsentwurf für 2025, der im Sommer präsentiert werden soll.
Für 2025 erwartet das Münchner Ifo-Institut ein Wachstum von 1,3 Prozent, das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) 1,2 Prozent. Hierzu wird im Jahreswirtschaftsbericht keine neue Prognose der Regierung erwartet. Im vergangenen Oktober wurden 1,5 Prozent geschätzt. Diese Zahl soll erst im Frühjahr aktualisiert werden.