Eine ֖lplattform in der Nordsee, die zum "Johan Sverdrup"-֖lfeld vor Norwegen gehört.
analyse

Steigende Benzinpreise Warum Öl noch teurer werden kann

Stand: 04.04.2024 06:00 Uhr

Tanken wird immer teurer. Das liegt in erster Linie an dem steigenden Ölpreis: Das "schwarze Gold" notiert so hoch wie seit fünf Monaten nicht mehr - und hat sogar noch Luft nach oben.

Eine Analyse von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion

Öl ist so teuer wie seit Ende Oktober nicht mehr. Für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent wurde zur Wochenmitte in der Spitze 89,99 Dollar gezahlt. Allein im März kletterte der Preis um rund fünf Dollar. Seit Jahresbeginn steht ein Plus von über 16 Prozent zu Buche. Das macht sich auch an den Tankstellen bemerkbar.

Benzin teurer, Diesel billiger

Wie eine Statista-Berechnung auf Basis von Daten des ADAC und von Eurostat zeigt, kostete eine 60-Liter-Tankfüllung mit Super-Benzin E10 in Deutschland Ende März bereits 109 Euro. Zuletzt mussten Autofahrer dem ADAC zufolge im bundesweiten Mittel 1,833 Euro für den Liter E10 zahlen. Im März lag der Preis im Schnitt bei 1,787 Euro - ein Plus von 2,8 Cent im Vergleich zum Vormonat.

Dagegen sank der Dieselpreis im März um 1,8 Cent auf durchschnittlich 1,728 Euro je Liter - eine Folge der auslaufenden Heizsaison, handelt es sich bei Diesel und Heizöl doch prinzipiell um das gleiche Produkt, nur unterschiedlich deklariert.

Nahost-Spannungen schüren Ängste am Ölmarkt

Was aber steckt hinter dem deutlichen Anstieg der Ölpreise? In der kurzfristigen Perspektive sind es vor allem die gestiegenen geopolitischen Risiken im Nahen Osten, welche die Ölpreise in die Höhe treiben. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi hatte Israel nach dem Angriff auf den iranischen Botschaftskomplex in Syrien mit Vergeltung gedroht. Das schürte am Markt neue Versorgungsängste.

Seit Monaten schon meiden Ölkonzerne aus Angst vor Angriffen der Huthi-Rebellen die Schiffspassage durch das Rote Meer. Das treibt nicht nur die Transportkosten in die Höhe, sondern es wird auch mehr Angebot auf den Weltmeeren gebunden. Beides ist positiv für den Ölpreis.

Steigende Benzinpreise: Die Sorge vor Lieferengpässen angesichts des Nahost-Konflikts wächst

Susanna Zdrzalek, WDR, tagesschau, 05.04.2024 14:00 Uhr

Hintergrund des Ölpreis-Anstiegs ist aber auch ein gewachsener Konjunktur-Optimismus am Markt, die Aussichten für das weltweite Wirtschaftswachstum hatten sich zuletzt in den Augen vieler Marktteilnehmer verbessert. Vor allem aus den USA und China kamen vermehrt positiv aufgenommene Konjunkturdaten. Das deutet auf eine steigende Ölnachfrage hin, gehören beide Länder doch zu den größten Ölverbrauchern der Welt.

Driving Season treibt Ölpreise

Nicht zuletzt stehen auch saisonale Effekte einem fallenden Ölpreis entgegen. Die Rede ist von der "Driving Season": Der Zeitraum vor Ostern und bis Pfingsten geht nämlich üblicherweise mit einem stark erhöhten Verkehrsaufkommen einher, was sich in steigenden Ölpreisen widerspiegelt.

"Der Preisanstieg 20 Tage vor Ostern bis Pfingsten beträgt seit 1987 im Schnitt rund zehn Prozent", betont Marktexperte Robert Rethfeld von Wellenreiter-Invest im Gespräch mit tagesschau.de. Der Ölmarkt habe vor diesem Hintergrund keine Chance auf fallende Preise.

Wird der Ölpreis noch weiter steigen?

Ein großer Unsicherheitsfaktor mit Blick auf die weiteren Perspektiven am Ölmarkt ist der Nahost-Konflikt. Eine Beteiligung des Iran würde die Risikoaufschläge schlagartig steigen lassen. "Sollte sich dieser Konflikt verschärfen, könnte er die globalen Rohöllieferketten erheblich stören", warnt denn auch Analyst Ricardo Evangelista von ActivTrades.

Zünglein an der Öl-Waage dürfte jedoch abermals die OPEC+ sein. Acht Länder des Ölkartells hatten sich Anfang März auf eine Verlängerung ihrer freiwilligen Produktionsdrosselung bis zum Ende des zweiten Quartals geeinigt. Sollten diese Förderkürzungen abermals verlängert werden bis zum Jahresende, bestünde das Risiko einer leichten Angebotsknappheit. Für die Internationale Energieagentur (IEA) ist dies das wahrscheinlichste Szenario.

Steigende US-Ölproduktion

Wie es mit dem Ölpreis weitergeht, wird aber auch davon abhängen, wie sehr sich die OPEC+-Länder an die Beschränkungen halten werden. Zuletzt hatten immer wieder einzelne Staaten deutlich mehr Öl gefördert als vereinbart.

Unterdessen erwartet die US-Energiebehörde für das laufende Jahr einen stärkeren Anstieg der US-Rohölproduktion um 260.000 auf 13,19 Millionen Barrel pro Tag. Die Dynamik bleibe jedoch sowohl dieses als auch nächstes Jahr weiterhin deutlich hinter der des Vorjahres zurück, gibt Commerzbank-Rohstoffexperte Carsten Fritsch zu bedenken. Von daher ändere sich das große Bild dadurch nicht.

Ölpreis-Hoch im Sommer?

Die Experten der Bank of America rechnen vor allem mit Blick auf die Nahost-Risiken und die verbesserten konjunkturellen Aussichten mit einem durchschnittlichen Preis von 86 Dollar je Barrel Brent für dieses Jahr, wobei die Ölpreise im Sommer bei etwa 95 Dollar ein Hoch erreichen dürften.

Für Autofahrer könnte die Tankfüllung somit in den kommenden Wochen und Monaten womöglich noch teurer werden. Ein kleiner Trost: Es gibt eine ganze Reihe von europäischen Ländern, in denen Tanken noch teurer ist als in Deutschland. An der Spitze liegen derzeit Dänemark und die Niederlande, dort werden 124 respektive 122 Euro je 60-Liter-Tankfüllung mit Super E10 fällig.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 04. April 2024 um 11:00 Uhr.