Angriff auf Botschaft in Syrien Iran droht Israel mit Vergeltung
Nach dem Angriff auf die iranische Botschaft in Syrien nehmen Sorgen vor einer Eskalation in der Region zu. Der Iran kündigte in Richtung Israel einen Gegenschlag an. Wie und wann dieser erfolgen könnte, ist unklar.
Nach einem Israel zugeschriebenen Angriff auf die iranische Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus hat Teheran Vergeltung angekündigt. "Das boshafte Regime wird durch unsere tapferen Männer bestraft werden. Wir werden dafür sorgen, dass sie dieses und ähnliche Verbrechen bereuen, so Gott will", sagte Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei laut einer Mitteilung mit Blick auf Israel.
Religionsführer Khamenei ist der mächtigste Mann in der Islamischen Republik und hat in allen strategischen Belangen das letzte Wort. Er ist zugleich Oberbefehlshaber der Streitkräfte.
Auch Irans Präsident Ebrahim Raisi drohte Israel mit Konsequenzen. Er bezeichnete den Angriff als "terroristisches Verbrechen". Wie und wann Irans Staatsmacht reagieren könnte, ist allerdings offen. Beobachter deuten die Aussagen des iranischen Staatschefs Chamenei aber dahin gehend, dass eine militärische Aktion der eigenen Streitkräfte erfolgen wird und nicht etwa über eine der mit dem Iran verbündeten Milizen. So könnte Teheran etwa israelische Ziele in der Region attackieren.
Zwei Generäle und fünf IRGC-Mitglieder getötet
Am Montag waren bei einem Luftangriff auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus sieben Mitglieder der mächtigen iranischen Revolutionsgarden (IRGC) getötet worden. Darunter waren auch zwei ranghohe Vertreter der Al-Kuds-Brigaden: Mohammed Resa Sahedi und Mohammed Hadi Hadschi Rahimi. Sahedi führte die Al-Kuds-Brigaden - eine Eliteeinheit der IRGC, die für Auslandseinsätze zuständig ist - im Libanon und Syrien an. Die IRGC werden mächtiger eingeschätzt als die konventionellen Streitkräfte.
Nach Angaben des iranischen Staatsfernsehens wurden außerdem sechs Syrer getötet. Auch die schiitische Hisbollah-Miliz erklärte, dass eines ihrer Mitglieder getötet worden sei und kündigte ebenfalls Vergeltung an.
Die vollständig zerstörte und eingestürzte Konsularabteilung ist ein Nebengebäude der iranischen Botschaft, die sich im gehobenen Stadtteil Masseh befindet. Der iranische Botschafter in Syrien, Hossein Akbari, blieb bei dem Angriff unverletzt.
Nahost-Experte: "Kein Zweifel" an Israels Schuld
Angesprochen auf den Angriff sagte ein israelischer Militärsprecher, man kommentiere keine Berichte in ausländischen Medien. Der Nahost-Experte Guido Steinberg hält das Land aber für verantwortlich. Es habe in den vergangenen Monaten ähnliche Angriffe auf iranische Ziele in Syrien gegeben, unter anderem auf einen führenden Geheimdienstoffizier der Revolutionsgarden in Damaskus im vergangenen Januar, erklärte er im Interview mit tagesschau.de. "Aus meiner Sicht besteht kein Zweifel daran, dass die Israelis verantwortlich sind."
Israel bestätigt nur selten Angriffe auf iranische Ziele. Ein israelischer Militärsprecher hatte den Iran zuvor für einen Drohnenangriff am Montag auf einen Marinestützpunkt in Südisrael verantwortlich gemacht.
Kritik von anderen Staaten und UN
Mehrere arabische Staaten sowie China verurteilten den Angriff. Die Arabische Liga, der 22 Staaten angehören, erklärte, Israel wolle "den Krieg ausweiten und die Region ins Chaos stürzen". In einer Mitteilung des saudischen Außenministeriums hieß es, Angriffe auf diplomatische Einrichtungen stellten einen Verstoß gegen das internationale Recht und gegen diplomatische Immunität dar.
Auch der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, verurteilte den Angriff. Er rief "alle Beteiligten zu äußerster Zurückhaltung und zur Vermeidung einer weiteren Eskalation auf", so sein Sprecher. Der UN-Sicherheitsrat in New York will sich noch heute mit dem Thema beschäftigen. Auf Bitte Russlands werde das Gremium um 21 Uhr (MESZ) zu "Bedrohungen von internationalem Frieden und Sicherheit" tagen, teilten die UN mit.
Sorge vor Eskalation
Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele im benachbarten Syrien und will damit verhindern, dass der Iran und mit ihm verbündete Milizen wie die libanesische Hisbollah ihren militärischen Einfluss im Land ausweiten. Seit Beginn des Gaza-Krieges vor knapp sechs Monaten haben die Angriffe zugenommen.
Beobachter sehen in dem Israel zugeschriebenen Angriff auf das Botschaftsgelände eine neue Qualität. "Neu ist, dass die Israelis nun gezielt Führungspersonen der Al-Kuds-Brigaden in Syrien angreifen - und dann auch noch in offiziellen iranischen Einrichtungen in der Hauptstadt Damaskus", so Experte Steinberg. "Die Gefahr einer größeren Auseinandersetzung zumindest zwischen Israel und Iran und damit auch zwischen Israel und der Hisbollah ist sehr stark gewachsen."