Exxon, Shell, BP, Total Rekordgewinne bei Ölfirmen
Trotz Klimakrise und Inflation läuft es für Ölfirmen besser denn je. Während Verbraucher unter hohen Preisen fürs Heizen oder Tanken leiden, machte die Ölindustrie im vergangenen Jahr Rekordgewinne.
Die Ölmultis verdienen dank gestiegener Gas- und Ölpreise mehr als je zuvor. Die westliche Welt boykottiert seit Ausbruch des Angriffskriegs auf die Ukraine teilweise russisches Gas und Öl und musste schnell neue Energiequellen finden. Aus Angst vor Versorgungslücken rückte das Thema Klimaschutz in den Hintergrund.
Total erzielt 2022 Rekordergebnis
Der französische Energiekonzern TotalEnergies verzeichnete im vergangenen Jahr einen Gewinnanstieg von 28 Prozent auf 20,5 Milliarden US-Dollar - und das, obwohl im Schlussquartal milliardenschwere Abschreibungen für den Rückzug aus einem russischen Gasunternehmen auf den Ergebnissen lasteten, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte.
Bereinigt um Sondereffekte konnte der Energieriese den Gewinn auf den Rekordwert von 36,2 Milliarden US-Dollar verdoppeln. Der Vorstand kündigte eine überraschend hohe Schlussdividende von 0,74 Euro an, sodass die reguläre Ausschüttung auf 2,81 Euro steigt. Außerdem plant TotalEnergies einen Aktienrückkauf im Volumen von zwei Milliarden US-Dollar im laufenden ersten Quartal.
Europas Ölkonzerne mit Gewinn - Klimaziele angepasst
Dank eines boomenden Gasgeschäfts hat der Energiekonzern Shell 2022 das bisher beste Geschäftsergebnis seiner Geschichte eingefahren. Der Gewinn verdoppelte sich gegenüber dem Vorjahr auf fast 40 Milliarden US-Dollar. Und auch der britische Ölmulti BP hat seinen Gewinn im vergangenen Jahr mit rund 28 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppelt.
Aufgrund hohen Nachfrage nach Öl und Gas korrigierte BP gar seine Klimaziele - und zwar nach unten: Der Konzern will seine Ölforderung bis 2030 nur noch um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr kürzen. Zuvor waren 40 Prozent angekündigt. Bislang gehörte BP mit seinen Klimaschutzzielen zu den Vorreitern in der Energiebranche.
Auch US-Ölmultis mit Rekordgewinnen
Der größte US-Ölkonzern Exxon strich 2022 einen Nettogewinn von knapp 56 Milliarden US-Dollar ein - rund 140 Prozent mehr als im Vorjahr und das höchste Ergebnis in der mehr als 140-jährigen Geschichte des Unternehmens. Auch Chevron machte mit 35,5 Milliarden US-Dollar mehr als doppelt so viel Gewinn wie im Vorjahr.
Nicht nur gestiegene Preise sorgten für Mega-Profite
Experten gehen davon aus, dass Exxon, Chevron, BP, Shell und Total im vergangenen Jahr zusammen einen Profit von rund 190 Milliarden US-Dollar gemacht haben. Die höheren Öl- und Gaspreise seien dabei nicht der einzige Grund für die Mega-Profite, so die Ökonomin Isabella Weber von der University of Massachusetts. Ebenfalls ein wichtiger Faktor seien niedrige Produktionskosten.
So habe die Branche teure Förderanlagen wegen des Nachfrageeinbruchs in der Pandemie stillgelegt und noch nicht wieder voll in Betrieb genommen - obwohl die wirtschaftliche Erholung von der Corona-Krise den weltweiten Ölbedarf wieder erhöht habe und das Angebot durch den Ukraine-Krieg und Sanktionen gegen Russland beschränkt worden sei.
Internationale Kritik an Gewinnen
Dass in Zeiten hoher Inflation, aber auch globaler Erwärmung und Klimakrisen ausgerechnet der Öl- und Rohstoffsektor im Geld schwimmt, sorgt international für Kritik. US-Präsident Joe Biden bezeichnete die Gewinnsteigerungen in seiner Rede zur Lage der Nation als "empörend" und forderte höhere Steuern auf Aktienrückkäufe.
In Frankreich hat das Total-Ergebnis die Debatte über den Umgang mit solchen Sondergewinnen wieder entfacht. Gewerkschaften und Umweltschützer warfen TotalEnergies vor, sich auf dem Rücken der Umwelt zu bereichern und zugleich die Belegschaft an den Gewinnen kaum zu beteiligen.
TotalEnergies verwies insbesondere auf Rabatte auf Kraftstoffpreise, die es französischen Autofahrern im vergangenen Jahr gewährt hatte. Konzernchef Patrick Pouyanné stellte weitere derartige Maßnahmen in Aussicht.
Auch deutsche Verbraucherschützer fordern Eingriffe
Auch in Deutschland fordern Verbraucherschützer politische Eingriffe: "Exorbitante Gewinne müssen vom Gesetzgeber verboten werden", sagte Leonora Holling, Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher, der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Der Linken-Co-Parteivorsitzende Martin Schirdewan kritisierte, dass die Bundesregierung mit ihrem Tankrabatt im Sommer zu den hohen Gewinnen der Ölkonzerne beigetragen habe. Die geplante Übergewinnabschöpfung hingegen sei zu niedrig und greife zu spät.
Die EU hatte bereits im September beschlossen, die spektakulären Profite von Energiefirmen mit einer sogenannten Übergewinnsteuer zu belegen. Mit dem Geld sollen Entlastungen für Bürger und Firmen finanziert werden. Exxon hat bereits angekündigt, die Steuer juristisch anzufechten.