Vor einer Kirche liegen Getötete in Leichensäcken in einem Graben
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Krieg gegen die Ukraine ++ Paris hilft bei Aufklärung von Gräueltaten ++

Stand: 06.04.2022 00:28 Uhr

Frankreichs Präsident Macron hat dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj zugesichert, mit Geld und Personal die Aufklärung der Taten von Butscha zu unterstützen. Die USA liefern Schutzausrüstung gegen B- und C-Waffen. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

06.04.2022 • 00:28 Uhr

Ende des Liveblogs

Damit schließen wir diesen Liveblog. Wir sind aber auch am Mittwoch wieder mit einem Liveblog rund um die Entwicklungen im Krieg gegen die Ukraine für Sie da. Diesen Liveblog können Sie hier lesen:

Die Gräueltaten im ukrainischen Butscha könnten im russischen Angriffskriegs nach Ansicht des Weißen Hauses womöglich nur "die Spitze des Eisbergs" sein. Die russischen Streitkräfte hätten in jenen Teilen der Ukraine, zu denen es noch keinen Zugang gebe, "wahrscheinlich auch Gräueltaten begangen", sagte die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Jen Psaki. Die USA hätten bereits zuvor gewarnt, dass es die "Absicht" des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des Militärs sei, in der Ukraine Gräueltaten zu begehen.

Die USA wollen der Ukraine Schutzausrüstung liefern, die bei einem russischen Einsatz von chemischen oder biologischen Waffen angewendet werden kann. Das sagt ein Vertreter der US-Regierung. Die Ausrüstung, um die Kiew gebeten hat, werde fortlaufend in die Ukraine geschickt. Ein Teil sei bereits versendet worden.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat die Entdeckung von Leichen in der ukrainischen Stadt Butscha als "Provokation" bezeichnet, um die laufenden Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau zum Scheitern zu bringen. "Die Frage ist, was diese offene und verlogene Provokation bezweckt", sagte Lawrow im russischen Fernsehen. "Wir glauben, dass sie dazu dient, einen Vorwand zu finden, um die Verhandlungen zu torpedieren."

Eine Forderung der Ukraine lehnte er ab: Die ukrainische Position, wonach auf ein mögliches Abkommen unmittelbar ein russischer Truppenabzug und dann ein Referendum in der Ukraine über die Vereinbarung folgen solle, könne Moskau nicht akzeptieren, sagte Lawrow. Denn sollten die Ukrainer das Abkommen ablehnen, müsste man wieder zurück an den Verhandlungstisch.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj haben über Maßnahmen gesprochen, damit die Gräueltaten von Butscha nicht ungestraft bleiben. Frankreich habe zur Mithilfe bei der Aufklärung der Verbrechen eine Sonderzahlung in Höhe von 490.000 Euro an den Internationalen Strafgerichtshof geleistet, hieß es im Anschluss an das etwa einstündige Gespräch der Präsidenten aus Kreisen des Pariser Élyséepalastes.

Außerdem könnte Frankreich dem Gericht zwei Richter und zehn Gendarmen zur Verfügung stellen. Vorfälle sollten schnellstmöglich dokumentiert werden. Frankreich sei bereit, ein technisches Team in die Ukraine zu schicken, um Belege für begangene Verbrechen zu untersuchen.

Nach der Ausweisung von Dutzenden russischen Diplomaten aus Deutschland hat Moskau Bundesaußenministerin Annalena Baerbock aufs Schärfste angegriffen. Baerbock pflege eine mit besonderem Zynismus aufgeladene "aggressive antirussische Linie", sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, in Moskau.

Sie reagierte damit auf Baerbocks Entscheidung vom Vortag, die Diplomaten zu «unerwünschten Personen» zu erklären. Insgesamt sollen 40 in Deutschland tätige Russen ausreisen - "ohne irgendwelche vernünftigen Gründe", wie Sacharowa meinte. Das sei ein beispielloses Vorgehen mit dem Ziel, einen "ganzen Komplex der bilateralen Beziehungen zu zerstören".

Sie kündigte eine spürbare Reaktion auf den konfrontativen Schritt an. Es handele sich um einen Schlag gegen "unsere Verbindungen mit Deutschland". Die zerstörerischen Folgen lägen allein in der Verantwortung der deutschen Seite, betonte Sacharowa. Berlin habe einmal mehr seinen unfreundlichen Kurs offen gezeigt. Sacharowa warf Baerbock "russophobe Hysterie" vor.

Die USA, Großbritannien und Australien wollen künftig bei der Entwicklung von Hyperschall-Raketen zusammenarbeiten. Die drei Länder wollen sowohl die Entwicklung im Bereich Hyperschall beschleunigen als auch an der Abwehr von Hyperschallwaffen arbeiten, wie das Weiße Haus in Washington ankündigte.

Generell ginge es darum, die Zusammenarbeit im Bereich Verteidigungsinnovationen zu vertiefen. Mit Hyperschall werden Geschwindigkeiten oberhalb der fünffachen Schallgeschwindigkeit bezeichnet. Waffen dieser Art können deshalb nur schwer abgefangen werden. Wie ballistische Raketen können auch Hyperschallraketen potenziell Nuklearwaffen tragen.

In Mariupol sind größere Evakuierungen laut der ukrainischen Regierung weiter nicht möglich. Busse würden nicht ganz bis zu der umkämpften Hafenstadt durchkommen, sagt Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk im ukrainischen Fernsehen. Die ersten fast 80 Kilometer müssten die Menschen in Privatautos oder zu Fuß zurücklegen.

Die USA wollen am Mittwoch ein neues Sanktionspaket gegen Russland verkünden und dabei auch "jegliche neue Investition" in dem Land verbieten. Geplant sind zudem verschärfte Sanktionen gegen Finanzinstitutionen und staatliche Unternehmen in Russland sowie neue Strafmaßnahmen gegen russische Regierungsvertreter und deren Familien, wie am Dienstag aus informierten Kreisen verlautete. Die Sanktionen werden demnach in Abstimmung mit der EU und den anderen G7-Staaten verhängt.

China lehnt eine Verurteilung Russlands wegen der Berichte über Gräueltaten in von russischen Truppen besetzten Gebieten zunächst ab. Zwar seien die Berichte und Bilder aus Butscha sehr verstörend, sagt der chinesische UN-Botschafter Zhang Jun. Die genauen Umstände müssten aber aufgeklärt werden und alle Vorwürfe müssten sich auf Fakten gründen. Er bekräftigte die chinesische Haltung, dass mit Sanktionen die "Ukraine-Krise" nicht gelöst werden könne.

Auch Portugal hat wie mehrere andere europäische Länder wegen Russlands Angriff auf die Ukraine russische Diplomaten ausgewiesen. Die zehn Betroffenen müssten das Land binnen zwei Wochen verlassen, teilte das Außenministerium in Lissabon mit. Die Personen hätten "die nationale Sicherheit gefährdet".

Nach mehreren anderen europäischen Ländern hat auch Rumänien russische Diplomaten ausgewiesen. Wie das Außenministerium in Bukarest zur Begründung mitteilte, hätten die zehn Diplomaten gegen die Wiener Konvention über diplomatische Beziehungen von 1961 verstoßen.

Außenminister Bogdan Aurescu habe dazu den russischen Botschafter einbestellt und diesem gegenüber auch bekräftigt, dass Rumänien "die Verbrechen in Butscha und in anderen Ortschaften in der Ukraine, deren Verantwortung bei Russland liegt", scharf verurteile.

Nach den Gräueltaten an Bewohnern der ukrainischen Stadt Butscha hat das EU-Land Slowenien 33 russische Diplomaten ausgewiesen. Dies berichtete die slowenische Nachrichtenagentur STA unter Berufung auf das Außenministerium. 

Demnach habe das Ministerium den russischen Botschafter in Ljubljana, Timur Ejwasow, einbestellt und ihm mitgeteilt, dass die Personalstärke der russischen Botschaft von derzeit 41 Diplomaten auf 8 zu reduzieren sei. Das Ministerium habe gegenüber dem Botschafter «schärfsten Protest und Abscheu über das Massaker an ukrainischen Zivilisten in Butscha» zum Ausdruck gebracht, hieß es weiter. 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat dem UN-Sicherheitsrat im Ukraine-Krieg Versagen vorgeworfen. "Wo ist der Sicherheitsrat?", fragte der per Video zugeschaltete Selenskyj vor dem Gremium in New York. "Es ist offensichtlich, dass die zentrale Institution der Welt zum Schutz von Frieden nicht effektiv arbeiten kann."

Entscheidungen des Sicherheitsrats seien aber für den Frieden in der Ukraine notwendig, sagte Selenskyj weiter. Er schlage deswegen drei mögliche Lösungen vor: Den Beweis, dass Reform oder Veränderung möglich seien, den Ausschluss von Russland, das als ständiges Mitglied jede Entscheidung blockieren kann, oder die komplette Auflösung des Rates. Auch die gesamten Vereinten Nationen bräuchten Veränderung, sagte Selenskyj weiter.

"Die 1945 in San Francisco gesetzten Ziele sind nicht erreicht worden und es ist unmöglich, sie ohne Reform zu erreichen." Selenskyj schlug dafür unter anderem eine große "globale Konferenz" in Kiew vor. "Wir müssen alles tun, was in unserer Macht steht, um der nächsten Generation eine effektive UN zu übergeben", sagte der ukrainische Präsident. "Die Ukraine braucht Frieden, Europa braucht Frieden und die Welt braucht Frieden."

Die Vereinten Nationen haben seit dem Einmarsch russischer Truppen den Tod von 1480 Zivilisten in der Ukraine dokumentiert. Zudem seien 2195 Zivilisten verletzt worden, sagte die UN-Beauftragte für politische Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo, vor dem UN-Sicherheitsrat. Sie bezog sich dabei auf Zahlen des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Genf (OHCHR).

Dabei handele es sich allerdings nur um die dokumentierten Opferzahlen, die Dunkelziffer sei wahrscheinlich sehr hoch, sagte DiCarlo. "Das OHCHR glaubt, dass die eigentlichen Zahlen deutlich höher liegen."

Die umkämpfte ukrainische Hafenstadt Mariupol gleicht nach Einschätzung von UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths derzeit einem "Zentrum der Hölle". "Seit mehr als fünf Wochen sind die Menschen in Mariupol schon in Kämpfe verwickelt", sagte Griffiths per Video vor dem UN-Sicherheitsrat.

In anderen ukrainischen Städten sei es nicht viel anders. Griffiths berichtete dem UN-Sicherheitsrat zudem von seinen ersten Versuchen für Friedensverhandlungen. Am Montag in Moskau habe er unter anderem mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow gesprochen und zahlreiche Vorschläge gemacht, sagte der UN-Nothilfekoordinator. Seine Vorschläge seien entgegengenommen und ihm sei versprochen worden, dass sie ernsthaft untersucht würden. Man wolle in engem Kontakt bleiben.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einer Videoschalte im spanischen Parlament das Leiden der Menschen in seinem Land mit den Zerstörungen während des spanischen Bürgerkriegs verglichen. "Wir befinden uns im April 2022, aber es scheint so, als ob es April 1937 sei, als die ganze Welt vom Angriff auf ihre Stadt Guernica erfuhr", sagte Selenskyj. Die kleine baskische Stadt war bei einem Luftangriff der deutschen Legion Condor während des Bürgerkrieges weitgehend zerstört worden, bis zu 2000 Menschen starben.

Selenskyj forderte in seiner Rede alle spanischen Unternehmen auf, sich aus Russland zurückzuziehen. "Unterstützen sie uns mit Waffen und Sanktionen." Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez sagte Selenskyj in einer kurzen Erwiderung die weitere volle Unterstützung seines Landes zu und rief Russlands Präsidenten Wladimir Putin auf, den Krieg zu beenden.

Die Europäische Union erklärt 19 russische Diplomaten in Belgien zu unerwünschten Personen. Die EU wirft ihnen Tätigkeiten vor, die sich nicht mit ihrem Diplomaten-Status vertragen. Die EU erklärt, man reagiere damit auch auf Berichte über Gräueltaten russischer Soldaten in zeitweise besetzten Gebieten.

Russlands Präsident Wladimir Putin sieht trotz westlicher Sanktionen keine Gefahr für den Export russischer Düngemittel. Mineraldünger für die Landwirtschaft sei auf dem Weltmarkt gefragt, er werde in jedem Fall gekauft, sagte der Kremlchef in einer im Staatsfernsehen übertragenen Video-Konferenz mit Funktionären aus dem Agrarbereich. "Niemand will an Hunger sterben", fügte er hinzu. Russland habe kein Interesse daran, anderen zu schaden. Um den Export aufrecht zu erhalten, müssten aber Fragen der Logistik und der Versicherungen geklärt werden.

Russland hatte Anfang März "befristete" Ausfuhrbeschränkungen für Düngemittel verkündet. Hintergrund sind russische Lieferschwierigkeiten, weil mehrere internationale Schifffahrtsgesellschaften die Verladung an Häfen des Landes eingestellt haben. Zudem weigern sich Unternehmen, russische Frachten zu versichern.

Die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat sich für die Lieferung von deutschen Panzern in die Ukraine ausgesprochen. "Ich unterstütze solche zusätzlichen Waffenlieferungen, solange die Industrie dieses Material liefern kann und solange die Ukraine das bekommt, was sie benötigt", sagte sie dem Berliner "Tagesspiegel". "Diese Lieferungen stehen und fallen mit der Zustimmung des Wirtschaftsministeriums", sagte die FDP-Politikerin und fügte hinzu: "Meine Zustimmung haben sie." 

Die Gräueltaten von Butscha hätten noch einmal dramatisch vor Augen geführt, "dass wir es auf russischer Seite mit Verbrechern zu tun haben, die die Ukraine auslöschen wollen", sagte Strack-Zimmermann weiter. "Entsprechend kompromisslos müssen unsere Antworten sein – auch bei Sanktionen."

Die Bundesregierung hat bis Ende März Rüstungslieferungen im Wert von 186 Millionen Euro für die Ukraine genehmigt. In die Ukraine wurden seit der Annexion der ukrainischen Krim durch Russland 2014 kaum Rüstungsgüter geliefert, bis die Bundesregierung sich Ende Februar zwei Tage nach Kriegsbeginn für Waffenlieferungen in größerem Stil entschied. Seitdem hat die Ukraine unter anderem Panzerfäuste, Flugabwehrraketen, Maschinengewehre und mehrere Millionen Schuss Munition erhalten.

Im ersten Quartal dieses Jahres erhielten nur die NATO-Partner Niederlande und Großbritannien mehr Waffen und andere Rüstungsgüter aus Deutschland, wie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima mitteilte. Die USA liegen auf Platz vier hinter der Ukraine.

Vizekanzler Robert Habeck hält weitere Sanktionen gegen Russland für "dringend erforderlich". Der Wirtschafts- und Klimaschutzminister verwies auf laufende Beratungen der EU-Kommission mit den EU-Staaten dazu. "Die Gräueltaten von Butscha dürfen nicht ungesühnt bleiben." Daher erwarte und wolle er "ein scharfes Sanktionspaket", sagte Habeck. Es sei richtig, dass auch darüber geredet werde, Kohle in dieses Paket mit hineinzunehmen.

Angesichts des Ukraine-Kriegs denken Griechenland, Israel und Zypern wieder über ein zwischenzeitlich schon aufgegebenes Projekt für eine Gas-Pipeline durch das Mittelmeer nach. Die Außenminister der drei Mittelmeerländer kündigten nach einem Treffen in Athen neue Prüfungen an. Die 1900 Kilometer lange Pipeline EastMed würde Gas von Israel über Zypern nach Griechenland und damit in die Europäische Union leiten. Dann könnte es nach Mitteleuropa weitertransportiert werden.

Durch den Ukraine-Krieg ist die Abhängigkeit vieler mitteleuropäischer Staaten von russischem Gas besonders deutlich geworden. Israel hatten in den vergangenen Jahren reiche Vorkommen an Erdgas unter dem Meeresboden entdeckt. Daraufhin begannen zusammen mit Griechenland die Planungen für eine Pipeline. Das Projekt wurde dann aber als zu teuer und unrentabel befunden.

Die NATO erwartet in den kommenden Wochen eine verstärkte russische Offensive im Osten und im Süden der Ukraine. Russland werde versuchen, den gesamten Donbass einzunehmen und eine Landbrücke zur bereits besetzten ukrainischen Halbinsel Krim zu schaffen, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg bei einer Pressekonferenz. Die deutliche Truppenbewegung weg von der Hauptstadt Kiew hat nach Einschätzung des Militärbündnisses damit zu tun, dass sich der Fokus der russischen Streitkräfte nun in Richtung Osten verlagert. Die Truppen werden demnach neu gruppiert und neu bewaffnet.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen werden die Außenminister der Mitgliedstaaten nach Angaben von Stoltenberg an diesem Mittwoch und Donnerstag bei einem Treffen in Brüssel darüber beraten, wie die ukrainischen Streitkräfte zusätzlich unterstützt werden könnten. "Die Alliierten sind entschlossen, die Ukraine weiter zu unterstützen. Dazu gehören Panzerabwehrwaffen, Luftabwehrsysteme und andere Ausrüstung", sagte der Norweger. Die NATO wolle zudem zusätzliche Unterstützung bei der Abwehr von Cyberangriffen leisten.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor dem UN-Sicherheitsrat gefordert, Russland für die Gräueltaten in dem Kiewer Vorort Butscha zur Rechenschaft zu ziehen. "Rechenschaft muss unvermeidbar sein", sagte Selenskyj bei seiner per Videoschalte übertragenen Rede vor dem wichtigsten UN-Gremium. Russland habe "Verbrechen" verübt. Selenskyj schilderte mit drastischen Worten die Gräueltaten in Butscha. Menschen seien "in ihren Wohnungen, in ihren Häusern getötet" worden. "Zivilisten wurden mit Panzern zerquetscht, als sie mitten auf der Straße in ihren Autos saßen." Selenskyj warf Russland in seiner Rede zudem vor, "hunderttausende" Ukrainer nach Russland verschleppt zu haben. 

Er brachte unter anderem einen möglichen Rauswurf Russlands aus dem UN-Sicherheitsrat ins Spiel. Eine Option sei es, "Russland als Aggressor und Kriegsauslöser zu entfernen, damit es nicht länger Entscheidungen über seine eigene Aggression blockieren kann". Der ukrainische Präsident spielte damit auf das Vetorecht Russlands im UN-Sicherheitsrat an.

Estland und Lettland haben in einer Reaktion auf die Gräueltaten im ukrainischen Butscha die Schließung der russischen Generalkonsulate in den beiden baltischen EU- und NATO-Staaten verfügt. Die Regierung in Tallinn ordnete an, dass die Vertretungen des großen Nachbarlandes in Narva und Tartu schließen müssen. In Lettland müssen auf Anweisung der Regierung die russischen Konsulate in Daugavpils und Liepaja dichtmachen. Durch die Schließungen müssen in beiden Länder ein gutes Dutzend russische Diplomaten und Mitarbeiter zurück in ihre Heimat: Estland erklärte 14 Personen zu unerwünschten Personen, Lettland wies 13 Personen aus - sie müssen das jeweilige EU-Land bis zum 30. April verlassen. Darüber seien die russischen Botschafter in Tallinn und Riga jeweils durch das Außenministerium informiert wurde, hieß es.

Estland und Lettland folgen damit dem dritten Baltenstaat Litauen, der am Montag bereits die Schließung des russischen Konsulats verfügt hatte. Die Regierung in Vilnius wies zudem Russlands Botschafter aus. Auch andere europäische Länder - darunter Deutschland - wiesen zahlreiche Diplomaten aus.

Der Ukraine-Krieg ist nach Einschätzung von UN-Generalsekretär António Guterres eine der größten Herausforderungen für den Frieden auf der Welt seit Gründung der Vereinten Nationen nach dem Zweiten Weltkrieg. Aufgrund von "seinem Wesen, seiner Intensität und seiner Konsequenzen" handele es sich um "eine der größten Herausforderungen für die internationale Ordnung und die globale Friedensarchitektur basierend auf der Charta der Vereinten Nationen", sagte Guterres vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. Der Krieg müsse sofort aufhören und ernsthafte Friedensverhandlungen müssten beginnen, forderte der UN-Chef.

Die Bilder der Gräueltaten an Bewohnern der ukrainischen Stadt Butscha werde er "nie vergessen". Zudem bereiteten ihm die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Rest der Welt große Sorgen, sagte Guterres weiter. "Wir sehen jetzt schon, wie einige Länder aus der Verwundbarkeit in die Krise schlittern und sehen Zeichen von ernsthaften sozialen Unruhen."

Großbritannien will die anderen G7-Staaten dazu bringen, einen konkreten Zeitplan für den Ausstieg aus Öl- und Gas-Importen aus Russland aufzustellen. Die britische Außenministerin Liz Truss erklärte einem vorab veröffentlichten Text zufolge, sie werde bei dem Treffen mit ihren Kollegen am Donnerstag auch eine Hafensperre für russische Schiffe und ein stärkeres Vorgehen gegen russische Banken fordern. Großbritannien hat seine Häfen für russische Schiffe bereits geschlossen.

Der Krieg in der Ukraine bremst die Autoproduktion in Deutschland spürbar. Die Branche schraubte ihre Prognose für das Gesamtjahr zurück. Der Branchenverband VDA rechnet für 2022 nur noch mit einem Produktionsplus von sieben Prozent auf 3,3 Millionen Autos, bislang hatte er 13 Prozent Zuwachs vorausgesagt. Auch die Auslandsproduktion werde mit zwei Prozent auf 9,6 Millionen Fahrzeuge nur noch halb so stark steigen wie zuletzt angenommen, teilte der VDA mit. Die Anpassungen seien eine erste Reaktion auf den Krieg in der Ukraine und seine Folgen für die Lieferketten und die Weltkonjunktur, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. "Die äußerst dynamischen Umstände, insbesondere die mögliche Ausweitung der Sanktionen gegenüber Russland und zusätzliche Unsicherheitsfaktoren, wie mögliche Produktionsausfälle in China in Folge der Null-Covid-Strategie, könnten weitere Anpassungen der Prognosen in den kommenden Monaten erforderlich machen."

Zahlreiche Autobauer mussten ihre Produktion schon kurz nach der russischen Invasion in der Ukraine drosseln, weil wichtige Teile fehlten. Das osteuropäische Land ist ein wichtiger Standort für die Hersteller von Kabelbäumen, rund fünf Kilometer an Leitungen, die sich wie Adern durch das gesamte Auto ziehen.

US-Außenminister Antony Blinken hat die an Zivilisten verübten Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha als eine "vorsätzliche Aktion" bezeichnet. Es handle sich nicht um eine "willkürliche Tat einer außer Kontrolle geratenen Einheit", sagte er vor dem Abflug nach Brüssel zum NATO-Außenministertreffen. "Es ist eine bewusste Aktion, um zu töten, zu foltern, zu vergewaltigen und Gräueltaten zu begehen", so Blinken weiter. Die Berichte seien "mehr als glaubwürdig". "Die Beweise sind für die Weltöffentlichkeit sichtbar", sagte Blinken.

Die USA haben außerdem angekündigt, noch in dieser Woche ihre Sanktionen gegen Russland verschärfen zu wollen. US-Außenminister Blinken betonte, die USA hätten für den Fall eines russischen Angriffs bereits Gräueltaten vorhergesagt. Nun sei es wichtig, die Beweise zusammenzutragen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Der Kreml hat die massenhaften Ausweisungen russischer Diplomaten aus westlichen Ländern als "kurzsichtig" kritisiert. "Die Beschränkung der Möglichkeiten für diplomatische Kommunikation und diplomatische Arbeit unter solch beispiellos schwierigen und krisenhaften Bedingungen ist ein kurzsichtiger Schritt", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Zugleich kündigte er russische Gegenmaßnahmen an.

Die Bundesregierung hatte am Montag 40 russische Diplomaten zu in Deutschland "unerwünschten Personen" erklärt. Auch andere europäische Länder - darunter Frankreich, Italien und Spanien - wiesen zahlreiche russische Diplomaten aus.

Tschechien hat der Ukraine einem Medienbericht zufolge offenbar Kampfpanzer zur Verteidigung gegen die russische Invasion geliefert. Ein Güterzug mit mehreren Dutzend Panzern der sowjetischen Bauart T-72 sowie BMP-1-Schützenpanzern sei bereits am Montag abgefertigt worden, berichtete das Nachrichtenportal "Echo24.cz". T-72-Panzer wurden in der Zeit des Ostblocks auch in der früheren Tschechoslowakei in Lizenz produziert. Tschechien hatte zuletzt noch rund 90 Exemplare einer älteren, nicht modernisierten Version eingelagert.

Kreml-Chef Wladimir Putin hat den Europäern wegen ihres Vorgehens gegen den russischen Gazprom-Konzern mit Vergeltung gedroht. "Die Situation im Energiebereich verschlechtert sich", sagte Putin in Moskau mit Verweis auf nicht-marktkonforme, "brachiale Maßnahmen einschließlich des Verwaltungsdrucks auf unser Unternehmen Gazprom in einigen europäischen Ländern". Die Bundesregierung hatte am Montag angeordnet, dass die Bundesnetzagentur vorübergehend die Kontrolle bei Gazprom Germania übernimmt.

Russische Truppen haben in der Ostukraine nach Angaben eines örtlichen Gouverneurs einen Tank mit Salpetersäure getroffen. Die Einwohner sollten Fenster und Türen geschlossen halten und nicht ins Freie gehen, schrieb der Gouverneur von Luhansk, Serhij Haidai, auf Telegram. Außerdem sollten sie Gesichtsmasken bereithalten. Salpetersäure sei gefährlich beim Einatmen, Verschlucken und bei Kontakt mit Haut und Schleimhäuten. Haidai erklärte, der Vorfall sei in der Nähe von Rubischne passiert, er grenzte das Alarmgebiet aber nicht weiter ein. Seine Angaben konnten nicht von unabhängiger Seite überprüft werden. Das russische Militär äußerte sich nicht zu den Vorwürfen.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hat finanzielle Hilfe des Bundes für die Großstädte angemahnt, die besonders viele ukrainische Kriegsflüchtlinge aufnehmen. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) solle darüber gesprochen werden, dass die besondere Situation in den Ankunftsstellen in Cottbus, Berlin und Hannover und in den Großstädten, die die höchste Zahl von Ankünften verzeichneten, berücksichtigt werde, sagte die SPD-Politikerin und stellvertretende MPK-Vorsitzende nach einer Sitzung des Berliner Senats. Das seien neben Berlin Köln, München und Hamburg.

Der frühere russische Staatschef Dmitri Medwedew stimmt sein Land auf einen längeren Kampf gegen die Ukraine ein. Präsident Wladimir Putin habe als Ziel die "Demilitarisierung und Entnazifizierung" der Ukraine ausgegeben, schrieb Medwedew auf seinem Telegram-Kanal. "Diese schwierigen Aufgaben sind nicht auf die Schnelle zu erfüllen."

Russland hat den Angriff auf die Ukraine am 24. Februar unter anderem mit einer "Entnazifizierung" des Landes begründet - ein aus Sicht von vielen Experten unhaltbarer Vorwand. Noch schärfer als Putin in seinen öffentlichen Äußerungen setzte Medwedew die Ukraine mit dem nationalsozialistischen Dritten Reich gleich. Es wäre nicht verwunderlich, wenn die Ukraine das gleiche Schicksal erleiden würde wie das Dritte Reich, schrieb er: "Das ist der Weg für so eine Ukraine." Aber der Zusammenbruch könne den Weg für "ein offenes Eurasien von Lissabon bis Wladiwostok" öffnen.

Ähnlich wie Medwedew stellte am Sonntag ein Kommentar der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti das Existenzrecht der Ukraine und Ukrainer als Volk in Frage. Unter der Überschrift "Was Russland mit der Ukraine machen sollte" forderte der Autor eine auf Generationen angelegte Umerziehung unter russischer Kontrolle. "Entnazifizierung wird unweigerlich auch Entukrainisierung bedeuten", hieß es.

05.04.2022 • 14:19 Uhr

Polen kauft 250 US-Panzer

Polen unterzeichnet einen Vertrag zum Kauf von 250 US-Panzern des Typs "Abrams" von General Dynamics. Das Geschäft habe ein Volumen von etwa 4,75 Milliarden Dollar, gab Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak bekannt. Die ersten Panzer sollen im Laufe dieses Jahres geliefert werden.

Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gibt es noch keine Klarheit, welche Länder der Ukraine künftig ihre Sicherheit garantieren könnten. Dabei brauche die Ukraine keine 40 Partner, die auf Abruf bereit stünden, sagte Selenskyj in einem Interview mit ukrainischen Fernsehsendern. "Wir brauchen ernsthafte Spieler, die zu allem bereit sind. Wir brauchen einen Kreis von Staaten, die bereit sind, innerhalb von 24 Stunden alle Waffen zu liefern. Wir brauchen einzelne Länder, von denen die Sanktionspolitik wirklich abhängt."

In den Verhandlungen mit Russland über ein Ende des Krieges fordert Kiew, dass mehrere Staaten künftig die Sicherheit der Ukraine garantieren. Nach Vorstellung von Selenskyj soll dies der Beistandsverpflichtung der Nato ähneln, in der die Ukraine aber nicht Mitglied ist. In diversen Vorschlägen sind die USA, Großbritannien, Polen, aber auch der jetzige Kriegsgegner Russland, die Türkei oder Deutschland als mögliche Garantiemächte genannt worden.

Über Moskauer Forderungen nach einer angeblichen "Entmilitarisierung" und "Entnazifizierung" werde man nicht reden, sagte Selenskyj. Die künftige ukrainische Armee werde so groß sein wie nötig, um das Land zu verteidigen. Beim Thema "Entnazifizierung" solle Russland "in den Spiegel schauen", sagte der Staatschef. Dabei verwies er auf das Massaker an Zivilisten in dem Kiewer Vorort Butscha, für das Kiew die zeitweilige russische Besatzung verantwortlich macht.

Die von Deutschland mitorganisierte Konferenz zur Unterstützung Moldaus hat sich darauf verständigt, dem von den Folgen des Ukraine-Kriegs besonders betroffenen Land 695 Millionen Euro an Hilfszahlungen zur Verfügung zu stellen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. "Wir haben uns heute getroffen, um klar zu sagen, Moldau steht nicht allein", sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in Berlin.

Die Vereinten Nationen wollen die Tötung von mehreren Hundert Zivilisten in der ukrainischen Stadt Butscha von eigenen Menschenrechtsexperten untersuchen lassen. Das kündigte eine Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros in Genf an. Derzeit ist ein Team des UN-Büros mit etwa 50 Mitarbeitern in Uschgorod im Westen der Ukraine stationiert, etwa 800 Kilometer von der Hauptstadt Kiew und dem Vorort Butscha entfernt. Ein Termin wurde nicht genannt. Nach dem Abzug der russischen Truppen waren in der Kleinstadt in den vergangenen Tagen mindestens 330 Todesopfer entdeckt worden.

Zusätzlich werde sich eine Untersuchungskommission aus unabhängigen Juristen mit dem Geschehen in Butscha beschäftigen, kündigte Sprecherin Liz Throssell an. Das Gremium soll im Auftrag des UN-Menschenrechtsrats Beweise für mögliche Kriegsverbrechen sammeln. "Es geht auf mehreren Ebenen voran", sagte Throssell. Zuvor hatte die ukrainische Regierung angekündigt, mit Internationalem Strafgerichtshof, Rotem Kreuz und der EU zusammenzuarbeiten, um Verbrechen in Butscha und anderen Städten aufzuklären.

Innerhalb der Ukraine sind seit dem russischen Überfall mehr als 7,1 Millionen Menschen vertrieben worden. Diese Zahl teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) in Genf mit. Grundlage ist eine Erhebung zwischen dem 24. März und 1. April.

Die aktuelle Zahl der Binnenvertriebenen liegt damit zehn Prozent höher als bei der Bestandsaufnahme vom 16. März, drei Wochen nach Kriegsbeginn. Weitere 4,1 Millionen suchten laut UN-Angaben Schutz außer Landes. Knapp drei Millionen ziehen laut der Befragung konkret eine Flucht in Erwägung.

IOM-Generaldirektor Antonio Vitorino sagte, weiterhin flöhen Menschen vor den Kämpfen. Der humanitäre Bedarf steige stark. Dringend nötig seien humanitäre Korridore, um Zivilisten in Sicherheit bringen und Hilfsgüter zu den Binnenvertriebenen transportieren zu können.

Unterdessen wächst laut IOM auch der wirtschaftliche Druck auf die Binnenflüchtlinge. Während vor Kriegsbeginn 13 Prozent der jetzt vertriebenen Haushaltsgemeinschaften nach eigenen Angaben von weniger als 155 Euro pro Monat lebten, seien es jetzt 61 Prozent. Ein Drittel erklärte, im vergangenen Monat keinerlei Einkommen erzielt zu haben. Laut der Erhebung der UN-Organsisation sind in über der Hälfte der vertriebenen Haushalte minderjährige Kinder; 57 Prozent umfassen ältere Mitglieder, 30 Prozent Personen mit chronischen Krankheiten.

Russland reagiert auf die Vorwürfe von Kriegsverbrechen in Butscha mit Leugnung, Lügen und Desinformation. Das Ziel ist es, die Öffentlichkeit zu verwirren - und es hat System, zeigt eine Faktenfinder-Recherche.

Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag fordert deutlich mehr deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine. Ihr Erster Parlamentarischer Geschäftsführer Thorsten Frei bezeichnete Deutschlands Rolle bei diesem Thema als "blamabel". Deutschland liefere deutlich weniger als viele kleinere Länder der Europäischen Union. Der CDU-Politiker griff insbesondere Verteidigungsministerin Christine Lambrecht an: "Fakt ist: Sie macht das absolut schlecht und unzureichend."

Frei sagte: "Wir möchten die Ukraine stärker noch als bisher unterstützen in ihrem Überlebenskampf, in ihrem Abwehr- und Verteidigungskampf gegen Russland. Wir sind davon überzeugt, dass Deutschland hier zu wenig getan hat und zu wenig tut." Die USA hätten in den vergangenen Wochen Waffen im Wert von etwa einer Milliarde Euro geliefert, Großbritannien im Wert von 500 Millionen, Deutschland im Wert von 80 Millionen. Selbst die baltischen Staaten hätten der Ukraine mehr Waffen gegeben. Das sei für Deutschland "beschämend".

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte: "Alles, was unterhalb eines Kriegseintritts möglich ist, muss auch machbar sein." Der CSU-Politiker wollte sich nicht festlegen, für welche Waffensysteme dies gelten könnte. Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, fordert für sein Land auch Panzer und Artillerie. Dobrindt sagte, es gehe um Abwehrwaffen, aber auch um geschützte Fahrzeuge und Drohnen. Frei nannte zudem Flugabwehrraketen und Panzerabwehrwaffen.

Die französische Justiz hat Untersuchungen gegen Unbekannt wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen in der Ukraine aufgenommen. Bei den drei am Dienstag gestarteten Verfahren gehe es um Handlungen, die sich gegen französische Staatsbürger gerichtet haben sollen. Die zuständige Pariser Anti-Terrorstaatsanwaltschaft teilte mit, dass es konkret um psychische Übergriffe, den willentlichen Angriff auf unbeteiligte Zivilisten, den Entzug lebenswichtiger Güter beziehungsweise die Zerstörung und Wegnahme ziviler Güter gehe. Die Vorfälle sollen sich in Mariupol, Hostomel und Tschernihiw ereignet haben.

Bereits nach dem Tod eines französisch-irischen Journalisten in der Ukraine hatte die französische Justiz Untersuchungen zu Kriegsverbrechen aufgenommen. Frankreich kann zu Kriegsverbrechen im Ausland nur dann ermitteln, wenn sie von einem Staatsbürger oder einem Menschen mit Erstwohnsitz in Frankreich begangen wurden oder sich gegen einen französischen Staatsbürger gerichtet haben.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck unterstützt einen möglichen EU-Lieferstopp russischer Kohle. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen des Ministeriums erfuhr, sind das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium und die Bundesregierung im engen Austausch mit der EU-Kommission. Es gebe Überlegungen, Kohle-Importe zu einem noch zu benennenden Zeitpunkt zu stoppen. Es entspreche der Linie des Bundeswirtschaftsministeriums, die Unabhängigkeit von russischen Energieimporten Sparte für Sparte und schrittweise zu erreichen, hieß es weiter. Das Ministerium arbeite seit Wochen hart daran, die Voraussetzungen zu schaffen, um den "Cut" jeweils so früh wie möglich zu vollziehen.

Verwiesen wurde auf einen vor zehn Tagen vorgelegten "Fortschrittsbericht Energiesicherheit", wonach die Unabhängigkeit bei Kohle am schnellsten gehen werde. In dem Bericht hieß es: "Bis zum Herbst kann Deutschland unabhängig von russischer Kohle sein." Entsprechend sei ein Importverbot für Kohle als erstes möglich, wie es in den Kreisen hieß. Das Ministerium prüfe derzeit, wie es die dafür nötigen Voraussetzungen noch beschleunigen könne.

Im Hafen der umkämpften Stadt Mariupol ist nach Angaben des ukrainischen Grenzschutzes ein ausländisches Frachtschiff in Brand geraten. Das Schiff sinke, teilte die Behörde mit. Das Feuer auf der "Azburg" sei durch russischen Besсhuss ausgelöst worden. Der Kapitän des 130 Meter langen Frachters habe einen Notruf abgesetzt, weil es im Maschinenraum und auf der Brücke brenne, teilte der Grenzschutz mit. Die Besatzung, darunter einige Verletzte, sei von Bord geholt worden. Wegen des Feuers sei es aber unmöglich, das sinkende Schiff zu retten, hieß es.

Die prorussischen Separatisten im Gebiet Donezk bestätigten den Brand des Schiffes, das unter der Flagge des karibischen Inselstaates Dominica fährt. Ein Sprecher machte aber die ukrainische Seite für das Feuer verantwortlich: Angesichts ihrer drohenden Niederlage zerstöre sie die Hafenanlagen und ausländische Schiffe. Die Besatzung der "Azburg" habe aus zwölf Ukrainern bestanden, sagte Sprecher Eduard Bassurin der Agentur Interfax nach.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg hat davor gewarnt, dass Russland nicht nur auf die Ukraine blickt, sondern auch auf den Südkaukasus, den Westbalkan und die Republik Moldau. "Deshalb ist die Hilfe für Moldau so wichtig," sagte Schallenberg vor der Geberkonferenz für Moldau in Berlin. Das Land verdiene jede Unterstützung, schon weil es mittlerweile 370.000 ukrainische Kriegsflüchtlinge aufgenommen habe. Von diesen seien noch 100.000 in dem kleinen südosteuropäischen Land. Österreich hatte zusammen mit Rumänien bereits vergangene Woche mehr EU-Hilfe für Moldau gefordert.

Schallenberg pochte zudem darauf, dass die EU sehr schnell die EU-Aufnahmegespräche mit Albanien und Nordmazedonien aufnehmen soll. "Ich erwarte, dass dies noch unter der französischer EU-Ratspräsidentschaft geschieht", sagte er. Diese endet Ende Juni. Kosovo sollte schnell eine Visaliberalisierung und Bosnien-Herzegowina ebenfalls ein Beitrittsperspektive bekommen. Es gehe darum, ob die sechs Länder des westlichen Balkans auf dem europäischen Weg der Demokratie und Freiheit blieben oder nicht. Er verwies auf die Einflüsse aus Russland, China und anderen Staaten in der Region.

Die EU-Kommission bereitet wegen des Kriegs in der Ukraine Einschränkungen russischer Kohleimporte vor. Das berichten mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend mit Verweis auf EU-Kreise.

Laut Nachrichtenagentur dpa sollen russische Kohleimporte Teil des nächsten Sanktionspakets gegen Russland sein. Genaueres - etwa ab wann und in welchem Umfang Kohleimporte aus Russland gestoppt werden könnten - sei noch nicht klar. Die Agentur Reuters schreibt, die EU-Kommission plane ein komplettes Verbot von Kohleimporten aus Russland.

Der russische Milliardär Wladimir Lissin warnt vor einer möglichen Ausweitung der zunächst für Gas eingeführten Rubelzahlungen auf weitere Rohstoffe und Produkte. "Der Übergang zu Rubelzahlungen wirft uns aus den Weltmärkten", sagte der Besitzer des Stahlriesen NLMK der russischen Tageszeitung "Kommersant".

Seit Anfang April müssen westliche Kunden russisches Gas auf Anweisung von Kremlchef Wladimir Putin in Rubel bezahlen. Das soll den Kurs der russischen Landeswährung stabilisieren. In der russischen Führungsebene wurden daneben Forderungen laut, auch etwa bei Metallen, Getreide und Dünger auf Zahlungen in Rubel überzugehen.

Lissin äußerte Verständnis für die westlichen Sanktionen, von denen er nach eigenen Angaben stark betroffen ist: "Die Sanktionen können einem ungerecht erscheinen und mit Elementen von Kollektivhaftung behaftet sein, aber man wird versuchen, den Tod von Menschen und die Zerstörung von Städten mit allen verfügbaren Mitteln zu stoppen." Die westlichen Sanktionen gegen russische Oligarchen zielen darauf ab, deren Unterstützung für die von Putin befohlene Invasion in die Ukraine zu verringern. Bisher haben sich aber nur vereinzelt Milliardäre mit vorsichtiger Kritik am Krieg geäußert.

In Italien haben Morddrohungen gegen Außenminister Luigi Di Maio parteiübergreifend für Empörung gesorgt. Der Politiker hatte sich seit Kriegsausbruch in der Ukraine teils deutlich gegen Russland als Aggressor ausgesprochen. Deswegen erhielt der 35-Jährige zuletzt über soziale Netzwerke oder in Chatgruppen vermehrt Morddrohungen, deren Absender nach Medienberichten klar russlandfreundlich oder Befürworter des russischen Angriffskrieges sind.

"Solche Drohungen werden unsere Maßnahmen für den Frieden nicht stoppen", sagte Di Maio. Schon gestern Abend hatte der Politiker der Fünf-Sterne-Bewegung Unterstützung von politischen Partnern und auch Gegnern erhalten. Ministerpräsident Mario Draghi sprach seine "maximale Solidarität" aus. Der Ex-Regierungschef und innerparteiliche Di-Maio-Konkurrent Giuseppe Conte forderte eine strenge Strafverfolgung. Der Sozialdemokrat Enrico Letta und die Rechtspolitiker Matteo Salvini (Lega) und Giorgia Meloni (Fratelli d'Italia) verurteilten die Drohungen.

Österreich Bundeskanzler Karl Nehammer will in den nächsten Tagen in die Ukraine reisen und plant dort ein Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj. Das teilt das Kanzleramt mit. Österreich will der Ukraine zeitnah weitere humanitäre Hilfe bereitstellen, heißt es. Details zu der Reise könnten aus Sicherheitsgründen derzeit nicht genannt werden.

Die Co-Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge, fordert die Deutschen auf, wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine ihren Gasverbrauch zu reduzieren. Ein Drittel der Wärme in Deutschland werde von privaten Haushalten genutzt. Deswegen könnten alle Bürger helfen: "Bitte leisten sie den Beitrag, den sie können: Drehen sie ihre Heizung ein Stück runter. Das hilft uns, den Gasverbrauch zu reduzieren; das hilft uns, unabhängig zu werden von russischer Energie."

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine haben sich rund 2,5 Millionen Menschen in Polen in Sicherheit gebracht. Die Zahl der neuen Ankünfte gehe aber deutlich zurück, wie der polnische Grenzschutz auf Twitter mitteilte. Demnach waren es am Montag 18.500 Menschen. Dies sei ein Rückgang um 17 Prozent im Vergleich zum Vortag gewesen. Es gibt derzeit keine offiziellen Angaben dazu, wie viele der Kriegsflüchtlinge in Polen geblieben und wie viele bereits in andere EU-Staaten weitergereist sind.

Aus Polen in Richtung Ukraine hätten seit Kriegsbeginn am 24. Februar rund 471.000 Menschen die Grenze überquert. Bei diesen Reisenden handelt es sich nach früheren Angaben des Grenzschutzes zum überwiegenden Teil um ukrainische Staatsbürger, die in ihr Heimatland zurückkehren. Viele Männer, aber auch Frauen, wollen sich dort den ukrainischen Truppen anschließen und gegen die russischen Besatzer kämpfen. Andere kehren zurück, um sich um Kinder oder hilfsbedürftige Angehörige zu kümmern.

05.04.2022 • 11:53 Uhr

Russland geht gegen Wikipedia vor

Die russische Medienaufsicht fordert von der Online-Enzyklopädie Wikipedia die Löschung von Angaben zum Krieg in der Ukraine. Wikipedia veröffentliche falsche Informationen, teilt die Behörde mit. "Material mit ungenauen Informationen von öffentlichem Interesse" über die Situation in der Ukraine müsse entfernt werden. Andernfalls drohe eine Geldstrafe von bis zu vier Millionen Rubel (rund 44.000 Euro).

Die Zahl der Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland steigt weiter an, wenn auch nicht mehr so rasch wie noch vor zwei Wochen. Wie das Bundesinnenministerium per Twitter mitteilte, erfasste die Bundespolizei seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar insgesamt 309.868 Kriegsflüchtlinge - überwiegend Frauen, Kinder und alte Menschen. Binnen 24 Stunden kamen 3032 Neuankömmlinge hinzu.

Es ist davon auszugehen, dass die tatsächliche Zahl der Flüchtlinge höher liegt, da es an den Grenzen keine festen Kontrollen gibt und sich Menschen mit ukrainischem Pass 90 Tage lang ohne Visum in der EU aufhalten dürfen.

Italien hat 30 russische Diplomaten ausgewiesen. Das teilte Außenminister Luigi Di Maio bei einer Konferenz in Berlin mit. Die Mitarbeiter der russischen Botschaft in Rom seien zu "personae non gratae" ernannt worden. Diese Maßnahmen seien mit den europäischen Partnern abgesprochen. Schon am Montag hatten Deutschland und Frankreich russische Diplomaten zu unerwünschten Personen erklärt und des Landes verwiesen, am Dienstag folgte auch Dänemark.

Das skandinavische Land weist nach Angaben des Außenministeriums 15 Angehörige der russischen Botschaft in Kopenhagen aus, die es für Geheimdienstmitarbeiter hält. Außenminister Jeppe Kofod erklärte: "Sie stellen ein Risiko für unsere nationale Sicherheit dar, das wir nicht ignorieren können." Die Ausgewiesenen haben zwei Wochen Zeit, um das Land zu verlassen.

Russland kündigt umgehend Vergeltung an, wie die Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das Außenministerium in Moskau meldet.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell wollen noch in dieser Woche zu einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach Kiew reisen. Dies teilt ein EU-Sprecher mit.

Die Finanzminister der Europäischen Union beraten über ein mögliches Öl- und Kohle-Embargo gegen Russland. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire sagte am Rande des Treffens in Luxemburg, er werbe als amtierender Ratsvorsitzender um die Zustimmung aller 27 Mitgliedsländer. EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis nannte einen Einfuhrstopp für Öl und Kohle "definitiv eine Option". Angesichts der Kriegsgräuel in der Ukraine brauche die EU ein "starkes und glaubwürdiges Sanktionspaket".

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat eine gerechtere Verteilung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in den Ländern der EU gefordert. Er halte es für "richtig", in diesem Zusammenhang auch über Verteilungsquoten zu sprechen, sagte Steinmeier im ZDF-"Morgenmagazin". "Viele andere Länder in Europa halten sich noch zurück", wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen geht. "Deshalb muss noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden."

Als beispielhaft würdigte Steinmeier die große Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen in Polen und in der Republik Moldau. Nun komme es darauf an, "dass alle europäischen Länder sich selbst in der Verantwortung sehen". Auch innerhalb Deutschlands sollten die Flüchtlinge besser verteilt werden, sagte Steinmeier. "Wir schöpfen die Aufnahmebereitschaft in vielen Bundesländern noch gar nicht richtig aus", sagte er.

Trotz bekannt gewordener schwerer Verbrechen an Zivilisten im Umland von Kiew gehen die Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland Angaben aus Moskau zufolge weiter. "Derzeit laufen intensive Verhandlungen mit der ukrainischen Seite im Videoformat", sagte Russlands Vize-Außenminister Andrej Rudenko in einem Interview der Agentur Interfax. Solange es noch keine Einigung über ein abschließendes Dokument gebe, sei es aber zu früh, um beispielsweise über ein Treffen von Russlands Außenminister Sergej Lawrow und seinem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba zu sprechen.

Auch der ukrainische Präsident Selenskyj hatte angekündigt, trotz der schrecklichen Bilder aus Butscha weiter mit Russland verhandeln zu wollen. Dies sei schwer, aber die einzige Option.

Die Düsseldorfer Karnevalisten ziehen die Reißleine: Der wegen der Corona-Pandemie auf Ende Mai verschobene Rosenmontagszug wird endgültig abgesagt. Grund ist der Krieg in der Ukraine. Wie der Dachverband Comitee Düsseldorfer Carneval mitteilte, wolle man wegen des Leids "für Millionen Menschen" auf den Brauchtumszug am 29. Mai zu verzichten.

Das deutsche Entwicklungsministerium stockt das Unterstützungspaket für Moldau zur Bewältigung der Flüchtlingslage und zur Stabilisierung des Landes kurzfristig von 35 auf 40 Millionen Euro auf. "Fast 100 000 Geflüchtete aus der Ukraine halten sich aktuell in einem Land mit 2,6 Millionen Einwohnern auf, das zu den ärmsten Ländern Europas zählt", teilte Entwicklungsministerin Svenja Schulze zu einer internationalen Konferenz in Berlin zur Unterstützung der ehemaligen Sowjetrepublik mit. Das Land sei durch eine fast 100-prozentige Abhängigkeit von russischem Gas besonders verwundbar, sagte Schulze.

Die Auswirkungen des russischen Krieges in der Ukraine seien in Moldau stark spürbar. So seien die Gaspreise im vergangenen halben Jahr um nahezu das Achtfache gestiegen, die Inflation auf 18 Prozent. Die Unterstützung umfasse Mittel für den Aufbau sozialer Infrastruktur, Schulen, Kindergärten und Unterkünften in Kommunen, die Geflüchtete aufnehmen. Weiterer Schwerpunkt sei die Unterstützung bei der Integration ukrainischer Auszubildender in das Berufsbildungssystem des Landes.

Die ostukrainische Großstadt Kramatorsk ist in der Nacht zu Dienstag von der russischen Armee bombardiert worden. Bei den Raketenangriffen wurde unter anderem eine Schule im Stadtzentrum zerstört, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Seit der Ankündigung Moskaus, seine Militäraktionen auf den Donbass zu konzentrieren, wird in Kramatorsk und anderen östlichen Regionen eine Großoffensive der russischen Armee befürchtet. 

Die attackierte Schule in Kramatorsk liegt neben einem Gebäude der Polizei. Neben dem teilweise eingestürzten Schulgebäude war nach dem Angriff ein Krater mit einem Durchmesser von etwa zehn Metern zu sehen. Zahlreiche Fensterscheiben wurden zerstört. Da sich zum Zeitpunkt des Angriffes niemand in der Schule aufhielt, gab es nach Angaben von Anwohnern offenbar keine Opfer.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj setzt auch nach den schockierenden Bildern aus Butscha weiter auf Verhandlungen mit Russland. Dies sei zwar schwer, aber die einzige Option, sagt Selenskyj im staatlichen Fernsehen. Es könne aber sein, dass es kein persönliches Treffen zwischen ihm und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geben werde. Selenskyj bekräftigt zugleich, dass die Ukraine Sicherheitsgarantien brauche. Sonst drohe, dass Russland in zwei Jahren zurückkomme. Zum Streit über die ostukrainische Region Donbass sagt er, man werde sich nicht in allen Punkten auf einmal einigen können, aber man sollte daran arbeiten.

Israel und die USA haben laut einem Zeitungsbericht grundsätzlich einem Verkauf des Raketenabwehrsystems Arrow 3 an Deutschland zugestimmt. Die israelische Zeitung "Jerusalem Post" berichtete dies unter Berufung auf den Inspekteur der deutschen Luftwaffe, Ingo Gerhartz. Dies wäre der erste Verkauf des Systems an ein Drittland. Deutschland hat allerdings noch keine Kaufentscheidung getroffen. Gerhartz sagte dem Blatt, Arrow 3 sei das relevanteste System für die Bedrohungen, mit denen Deutschland konfrontiert sei. Mit Blick auf Langstreckenraketen habe Deutschland gegenwärtig keine angemessene Verteidigung, "und deshalb prüfen wir Arrow 3 genau und wir sind wirklich an dem System interessiert". Israel und USA hätten dem Verkauf zugestimmt, sagte er. "Aber wir müssen immer noch über die Details sprechen."

Die Forderung nach einem Raketenschutzschild für Deutschland war laut geworden, nachdem Russlands Angriff auf die Ukraine auch die Bedrohungslage in Europa verändert hatte. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte in der ARD-Sendung "Anne Will", die Bundesregierung erwäge die Errichtung eines Raketenschutzschilds für ganz Deutschland nach israelischem Vorbild.

Wenige Tage nach Bekanntwerden eines Massakers an Zivilisten hat der Bürgermeister der zerstörten ukrainischen Kleinstadt Butscha um Hilfe gebeten. Er bitte insbesondere Ärzte und Mitarbeiter verschiedener Versorgungsunternehmen, nach Butscha zurückzukehren, sagte Anatoli Fedoruk in einer Videobotschaft. Derzeit gebe es in dem Vorort der Hauptstadt Kiew weder Strom noch Gas, doch diese kritische Infrastruktur solle mithilfe von Spezialisten schnellstmöglich wieder hergestellt werden. "Wenn Sie können, kommen Sie zurück!" Die Bilder aus Butscha, wo nach dem Abzug russischer Truppen zahlreiche Leichen von Bewohnern auf den Straßen gefunden wurden, sorgen seit dem vergangenen Wochenende weltweit für Entsetzen. Die Ukraine ist überzeugt, dass russische Soldaten in der kleinen Stadt schwere Kriegsverbrechen begangen haben.

"Meine Leute wurden aus Spaß oder aus Wut erschossen", sagte Fedoruk der italienischen Zeitung "Corriere della Sera". "Die Russen haben auf alles geschossen, was sich bewegt hat: Passanten, Leute auf Fahrrädern, Autos mit der Aufschrift 'Kinder'. Butscha ist die Rache der Russen für den ukrainischen Widerstand." Weil Russland militärisch nicht weitergekommen sei, "wurde eine Safari auf Zivilisten organisiert", meinte er. Teile der Stadt seien "in ein Konzentrationslager umgewandelt worden" ohne Essen und Wasser. "Wer sich da raus wagte, um Nahrung zu suchen, der wurde erschossen."

Die Ukraine hat für diesen Dienstag die Einrichtung von insgesamt sieben Fluchtkorridoren für die Evakuierung von Zivilisten angekündigt. Die belagerte Hafenstadt Mariupol könnten Bewohner aber ausschließlich in Privatautos verlassen, sagte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk der Agentur Ukrinform zufolge. Sie warf den russischen Truppen vor, entgegen ihrer Zusagen den Zugang nach Mariupol für Hilfkonvois weiter zu blockieren. Kiew und Moskau beschuldigen sich seit Wochen gegenseitig, die Flucht von Zivilisten zu sabotieren. Wereschtschuk zufolge wurden Mitarbeiter des Roten Kreuzes, die zwischenzeitlich in der westlich von Mariupol gelegenen Ortschaft Manhusch festgehalten worden sein sollen, mittlerweile wieder freigelassen. Das Rote Kreuz solle am Dienstag einen neuen Versuch starten, Menschen in Bussen in die Stadt Saporischschja zu bringen.

Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, fordert zur Abwehr der russischen Invasionstruppen von Deutschland die Lieferung von Panzern und anderen schweren Waffen. Bislang seien leichte Waffen wie Flugabwehrraketen und Panzerfäuste geliefert worden, sagte Melnyk im Deutschlandfunk. Was die Ukraine aber nun brauche, seien schwere Waffen, Panzer, gepanzerte Wagen, Artilleriesysteme und Mehrfachraketenwerfer, womit man auch die Gebiete im Südosten der Ukraine befreien könne. "Man kann keine Gegenoffensive starten mit einer Panzerfaust", sagte Melnyk.

Die Ukraine erwarte, dass auch aus den Beständen der Bundeswehr ähnliche Technik wie der Schützenpanzer Marder, der Flugabwehrpanzer Gepard und der Kampfpanzer Leopard geliefert werde. Dazu sei die Bundeswehr in der Lage. Die Rüstungsindustrie habe signalisiert, dass Marder, die an die Ukraine geliefert würden, sofort ersetzt werden könnten.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat ausgeschlossen, dass der Westen mit Russland unter Präsident Wladimir Putin wieder normale Beziehungen haben kann. Er wisse nicht, wie sich Russland weiter entwickele, sagt er im ZDF. Aber: "Ich bin sicher, es wird mit dem Russland unter Putin keine Rückkehr zur Normalität, zum Status quo ante geben", fügte er hinzu.

Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, sieht das Fehler-Eingeständnis von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Umgang mit Russland nur als "ersten Schritt". "Für uns ist wichtig, dass jetzt Taten folgen, diesen Aussagen. Diese Taten fehlen", sagte Melnyk im Deutschlandfunk. "Also ich würde mir schon wünschen, wie viele meiner Landsleute, dass der Bundespräsident jetzt nicht nur diese Reue zeigt, sondern dass er auch von der Bundesregierung als Staatschef verlangt, die Lehren zu ziehen aus dem Massaker von Butscha, aus anderen Gräueltaten, die wir Tag und Nacht jetzt in der Ukraine erleben." Konkret bedeute das unter anderem schärfere Sanktionen und ein Energie-Embargo, sagte der Botschafter.

Steinmeier, der von 2005 bis 2009 und von 2013 bis 2017 Außenminister war, hatte am Montag erstmals eigene Fehler und Irrtümer in der Politik gegenüber Russland eingeräumt. "Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler", sagte er. "Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben."

US-Satellitenbilder bestätigen nach Angaben der US-Satellitenbildfirma Maxar, dass einige der in dem Kiewer Vorort Butscha gefundenen Leichen bereits vor dem Abzug der russischen Truppen dort gelegen haben. Die "hochauflösenden" Bilder "bestätigen die jüngsten Videos und Fotos in den sozialen Medien, auf denen Leichen zu sehen sind, die seit Wochen auf der Straße liegen", erklärte ein Sprecher von Maxar Technologies.

Auf den Satellitenbildern einer Straße in Butscha von Mitte März sind mehrere Leichen mutmaßlicher Zivilisten zu sehen, die auf oder neben der Fahrbahn liegen. An dieser Stelle hatten ukrainische Beamte nach dem Rückzug der russischen Truppen Anfang April mehrere Leichen gefunden. Fotografen der Nachrichtenagentur AFP hatten bei einem Besuch am vergangenen Samstag rund 20 Leichen in Zivilkleidung gesehen - einige davon mit gefesselten Händen. Das russische Verteidigungsministerium hatte die Bilder als "Fälschungen" bezeichnet. Demnach seien die Leichen noch nicht dort gewesen, als die russischen Streitkräfte am 30. März abgezogen waren.

Die "New York Times" verglich die Satellitenbilder mit diversen Aufnahmen von ukrainischen Beamten und internationalen Medien und bestätigte, dass einige der Leichen sich bereits Wochen vor dem russischen Abzug in der gezeigten Position befunden hatten. Die Bilder von den Leichen mutmaßlicher Zivilisten hatten international Bestürzung ausgelöst.

Nach Aussagen von ukrainischen Geflüchteten haben russische Soldaten in Vororten von Kiew wehrlose Zivilisten getötet und Frauen vergewaltigt. RBB24 Recherche liegen entsprechende Augenzeugenberichte vor.

Unbekannte haben die Mauern der russisch-orthodoxen Bischofskirche in Buenos Aires beschmiert. Auf den Außenwänden waren Parolen wie "Putin = Stalin" und "Völkermord in der Ukraine" zu lesen, wie die Zeitung "Clarin" berichtete. Die Gemeinde stellte Strafanzeige. Die Behörden ordneten an, die Kathedrale in der argentinischen Hauptstadt nun dauerhaft bewachen zu lassen.

Eine Vertreterin der weltweiten Kampagne gegen den Einsatz von Landminen hat Russland zum Verzicht auf den Einsatz dieser Waffen in der Ukraine aufgefordert. Die diesjährige Vorsitzende der Ottawa-Konvention, Alicia Arango Olmos, zeigte sich tief besorgt über Medienberichte, wonach die russischen Truppen bei ihrem Angriff auf die Ukraine auch Landminen einsetzen. Ihr Appell an Russland sei: "Antipersonenminen verursachen nur Opfer, sie lösen kein einziges Problem."

Olmos verwies darauf, dass die Ukraine als einer von 164 Vertragsstaaten die Ottawa-Konvention unterzeichnet habe, Russland jedoch nicht. Die internationale Vereinbarung sieht das Verbot der Nutzung, Lagerung, Produktion und Weitergabe von Landminen vor.

Die FDP dringt auf ein rasches Aus für deutsche Ölimporte aus Russland. "Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um schnell von russischen Energie-Importen wegzukommen", sagte der energiepolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Michael Kruse, der Nachrichtenagentur AFP. Bei Öl könne diese Umstellung - anders als etwa bei Gas  - "innerhalb weniger Wochen gelingen", hob Kruse hervor.

Die Dringlichkeit des Umstiegs werde durch die grausamen Bilder aus der ukrainischen Stadt Butscha bei Kiew noch einmal unterstrichen, sagte der FDP-Politiker. Dort wurden nach dem Abzug russischer Truppen Leichen von hunderten getöteten Zivilistinnen und Zivilisten entdeckt. Am schnellsten sei der Abschied von Energielieferungen aus Russland bei Öl möglich, "und dort ist es auch am wichtigsten, denn Russland hat auf den Ölverkäufen die größte Gewinnspanne", betonte Kruse. "Mit dem Stopp russischer Ölimporte kann deshalb ein wichtiger Beitrag zur weiteren Verschärfungen der Sanktionen gelingen."

Auch andere westliche Länder wie Polen hatten bereits angekündigt, russische Energieimporte so schnell wie möglich zu beenden.

Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew reagiert auf die Ausweisung russischer Diplomaten aus mehreren Ländern. Russland werde auf die gleiche Weise reagieren und die Türen zu den westlichen Botschaften zuschlagen, sagte Medwedew: "Das wird für alle billiger sein. Und dann werden wir uns am Ende nur noch mit dem Gewehr im Anschlag gegenüberstehen."

Die NATO kommt mit ihren Bemühungen um eine Verstärkung der Ostflanke voran. Laut einer Sprecherin des Militärbündnisses haben die vier neuen multinationalen Gefechtsverbände in Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Slowakei die erste Stufe der Einsatzbereitschaft erreicht. Ihr Aufbau war erst vor einigen Wochen angekündigt worden.

Zur genauen Zusammenstellung und Größe der sogenannten Battlegroups äußerte sich die NATO zunächst nicht. Nach einer Aufstellung vom 21. März waren allerdings schon damals 2100 Soldaten aus Ländern wie Deutschland, den Niederlanden, Tschechien und den USA in der Slowakei präsent. In Ungarn waren es 800 Soldaten aus Kroatien, in Bulgarien 900 aus den USA und in Rumänien 3300 aus Ländern wie Frankreich, Belgien, Italien und den USA.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Zusammensetzung der Delegation, die Verhandlungen mit Russland über Sicherheitsgarantien für die Ukraine führen soll, gebilligt. Ein entsprechendes Dekret wurde am Abend auf der Seite des Präsidialamtes veröffentlicht. Der derzeitige Chefunterhändler bei den Verhandlungen mit Moskau, David Arachamija, soll die Delegation demnach leiten. Auch der Präsidentenberater Mychajlo Podoljak ist Teil des Teams.

Kiew hatte sich bei Verhandlungen mit Moskau Ende März bereit gezeigt, unter Gewährung von Sicherheitsgarantien einen Vertrag über einen neutralen, block- und atomwaffenfreien Status der Ukraine zu schließen. Diese harten Garantien soll es von den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats wie den USA, Frankreich, Großbritannien, China oder Russland nach dem Vorbild der NATO-Militärallianz geben. Laut Artikel fünf des NATO-Vertrages sind die Mitglieder des Militärbündnisses zum sofortigen militärischen Beistand im Falle eines Angriffs auf einen der Partner verpflichtet.

Die russischen Streitkräfte bereiten nach ukrainischen Angaben einen "massiven Angriff" auf die Truppen in der östlichen Region Luhansk vor. Es werden Ausrüstung und Treibstoff gebracht sowie die Truppen verstärkt, teilte der Gouverneur der Region, Serhij Gaidaj, mit. "Wir glauben, dass sie sich auf einen massiven Angriff vorbereiten." "Die Bombardements werden immer dichter", sagte Gaidaj in einer Videobotschaft. Er forderte die Bewohner auf, die Region so schnell wie möglich zu verlassen. "Wartet nicht darauf, dass eure Häuser zerbombt werden", rief er die Menschen auf. Bei der Explosion einer Mine seien am Sonntag "zwei Freiwillige" getötet worden, sagte er weiter. Beim Angriff auf eine Kirche wurden demnach zwei Priester verletzt.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Von Mariupol nach Russland: Was ukrainische Flüchtlingen im feindlichen Exil erleben

Demian von Osten, ARD Moskau, nachtmagazin 00:24 Uhr

Der Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew, Vitali Klitschko, hat die geflohenen Bewohner der Vororte dazu aufgerufen, mit der Rückkehr "noch mindestens eine Woche" zu warten. "Zunächst gilt in mehreren Bezirken des Kiewer Gebiets eine Ausgangssperre rund um die Uhr", sagte er. Außerdem hätten die Behörden nach dem Abzug russischer Truppen "zahlreiche Sprengsätze gefunden, die eine große Gefahr darstellen können". Schließlich warnte Klitschko vor weiteren Raketenangriffen. "Deshalb bitte ich die Menschen, ein wenig zu warten und nicht zurückzukommen."

Der Wiederaufbau während des Kriegs zerstörter Brücken in der Region Kiew wird etwa zwei bis drei Monate dauern. Das teilte das ukrainische Infrastrukturministerium nach Angaben der Agentur Unian mit. Die Arbeiten sollen demnach in den kommenden Tagen beginnen. Auch an vorübergehenden Instandsetzungen entlang der Autobahn von Kiew nach Tschop im Westen der Ukraine werde gearbeitet.

Die USA tragen Beweismaterial zusammen, um Russland und Präsident Wladimir Putin wegen Kriegsverbrechen vor den Internationalen Strafgerichtshof oder ein anderes Gericht zu bringen. Das sagte der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan. Sein Chef, US-Präsident Joe Biden, hatte Putin zuvor erneut einen "Kriegsverbrecher" genannt.

Georg Restle, WDR, zzt. Kiew/Ukraine, "Es gibt viele Orte des Grauens hier"

nachtmagazin 00:24 Uhr

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat die aus der Ukraine Geflüchteten aufgerufen, deutschen Ermittlern Hinweise auf Kriegsverbrechen zu geben. "Das können Handyaufnahmen oder Zeugenaussagen sein, die bei der Polizei eingereicht werden können und vom Generalbundesanwalt ausgewertet werden", sagte Buschmann dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Er rechne damit, dass viel Material eingehen werde. "Kriegsverbrecher dürfen sich nirgendwo sicher fühlen. Erst recht nicht in Deutschland", fügte Buschmann hinzu. Er verwies auf die Verurteilung eines Syrers in Deutschland wegen Folter für das Assad-Regime in Syrien. Dies sei juristische Pionierarbeit gewesen.

Innenpolitiker aus Bund und Ländern haben empört auf öffentliche Sympathiebekundungen für den russischen Angriff auf die Ukraine und Präsident Wladimir Putin reagiert. "Angesichts der Gräueltaten und der Bilder der vergangenen Tage kann ich persönlich nicht begreifen, wie man für einen Kriegsverbrecher Partei ergreifen kann", sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) der "Rheinischen Post". Hintergrund ist ein Autokorso mit russischen Fahnen am Sonntag in Berlin. Anders als manch andere Staaten zeichne sich Deutschland aber dadurch aus, "dass friedlicher Protest durch die Polizei nicht niedergeknüppelt, sondern geschützt wird", betonte Reul.

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "So ein Autokorso ist unerträglich und sollte so nicht mehr stattfinden." Mit Verboten wäre er aber vorsichtig, man könne für eine solche Versammlung aber Auflagen verhängen, etwa ein Hupverbot oder eine Begrenzung der Teilnehmer, sagte Maier.

Der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Wassily Nebensja, reagiert offensichtlich irritiert auf den Versuch der USA, die Mitgliedschaft Russlands im UN-Menschenrechtsrat suspendieren zu lassen. "Dies ist wieder einmal beispiellos und wird die Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine weder erleichtern noch fördern noch unterstützen", sagte Nebensja auf einer Pressekonferenz in New York. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sagt indessen, es sei "kein Platz für Russland im UN-Menschenrechtsrat".

Etwa 600 russische Soldaten befinden sich nach ukrainischen Angaben derzeit in Kriegsgefangenschaft der Ukraine. Das sagte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am frühen Morgen nach Angaben der "Ukrajinska Prawda" im Einheitsprogramm des ukrainischen Fernsehens. Man suche nach Wegen, über das Rote Kreuz Ukrainer in russischer Kriegsgefangenschaft zu erreichen, und wolle Russland dazu bringen, sie freizulassen. In den Gebieten der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk seien einige Menschen bereits seit 2014 in russischer Kriegsgefangenschaft.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat alle Kollegen, die an der Wirkung neuer Sanktionen gegen Russland zweifelten, zu einem Besuch des Kiewer Vororts Butscha eingeladen. Dort haben russische Truppen nach bisherigen Ermittlungen viele Zivilisten getötet. Die Einladung gelte vor allem für einige nicht genannte Angehörige der Gruppe G7, sagte Kuleba nach einem Treffen mit der britischen Außenministerin Liz Truss in Warschau.

"Ich weiß, dass es einige Mitglieder der G7 gibt, die immer noch am Sinn weiterer Sanktionen gegen Russland zweifeln", wurde Kuleba von der Agentur Unian zitiert. "Daher lade ich diese Kollegen ein, noch vor ihrem Ministertreffen am Donnerstag Butscha zu besuchen, um jegliche Zweifel zu zerstreuen", sagte Kuleba. Neben den Außenministern seien auch andere Mitglieder ihrer jeweiligen Regierungen willkommen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will am Dienstag vor dem UN-Sicherheitsrat sprechen. In Butscha seien mindestens 300 Zivilisten getötet worden, in Borodyanka und anderen Städten könne die Zahl noch höher sein. "Wir sind an einer möglichst vollständigen und transparenten Untersuchung interessiert", sagt Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Die Ergebnisse der Untersuchung müssten der gesamten internationalen Gemeinschaft bekannt gegeben und erläutert werden. Es sei wichtig, dass Journalisten aus aller Welt nach Butscha und andere Orte reisten, um die Ermordung von Zivilisten vor Ort zu dokumentieren.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat in den tagesthemen bekräftigt, dass sich Deutschland nicht gegen ein Energie-Embargo gegen Russland stemme. "Der Wirtschafts- und Energieminister Habeck hat letzte Woche deutlich gemacht, dass wir den Komplettausstieg aus fossiler Energie aus Russland nicht nur vorbereiten, sondern massiv in die Wege leiten", so Baerbock. Es gehe jetzt darum, dass die EU dies gemeinsam tue.

Nach dem Teilrückzug russischer Truppen spielt sich laut der ukrainischen Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa in anderen Teilen des Landes eine "ähnliche humanitäre Situation" ab wie in der Kleinstadt Butscha. Dazu gehörten Gegenden rund um die Städte Sumy und Tschernihiw im Norden der Ukraine, sagte Wenediktowa im ukrainischen Fernsehen.

Zuvor teilte sie mit, dass in Gebieten nahe der Hauptstadt Kiew nach dem Abzug russischer Truppen die Leichen von mindestens 410 Zivilisten entdeckt worden seien. Viele seien mit gefesselten Händen, Schusswunden aus nächster Nähe und Anzeichen von Folter aufgefunden worden.

Wenediktowa ergänzte, die Lage im weiter von Kiew entfernten Ort Borodjanka sei womöglich viel schlimmer. Die Kleinstadt war bis vor kurzem ebenfalls von russischen Truppen gehalten worden. Was dort vorgefallen sein soll, erläuterte die Generalstaatsanwältin zunächst nicht, sagte aber: "Die schlimmste Situation im Hinblick auf die Opfer" gebe es dort.

Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja hat die Gräueltaten an Bewohnern der ukrainischen Stadt Butscha als "inszenierte Provokation" bezeichnet. Es handele sich dabei um eine "abscheuliche Provokation des Regimes in Kiew", sagte Nebensja bei einer Pressekonferenz in New York. Das russische Militär habe das, wofür es beschuldigt werde, nicht getan, es habe keine Gräueltaten gegen Zivilisten in der Ukraine begangen. "Das ist nicht der Fall, das war nicht der Fall, und das wird nie der Fall sein", sagte er. Für all das habe Russland Beweise, die es sobald wie möglich dem UN-Sicherheitsrat vorlegen werde, sagte Nebensja weiter. Russland hatte bereits für Montag eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats beantragt. Die derzeitige britische Präsidentschaft des Rates beließ es aber bei der bereits angesetzten Sitzung am Dienstag, was Nebensja scharf kritisierte.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 05. April 2022 ab 09:00 Uhr.