Schlusswort im NSU-Prozess "Ich habe das nicht gewollt"
Fünf Jahre hat Beate Zschäpe im NSU-Prozess meist geschwiegen, sich dann aber im Schlusswort bei den Opfern entschuldigt: Sie sei aber nicht für die Morde verantwortlich. Am 11. Juli soll das Urteil kommen.
Und dann geht es an Tag 437 plötzlich ganz schnell in diesem Prozess, der seit mehr als fünf Jahren läuft. Gegen 10.30 Uhr bekommen die Angeklagten das Wort. Es ist der letzte Eindruck, den das Gericht mit in seine Beratungen vor dem Urteil nimmt.
"Letzte Chance nutzen"
"Ich möchte diese letzte Chance nutzen", beginnt Beate Zschäpe. Ihr falle das nicht leicht. Sie habe das Gefühl, dass ihr jedes Wort falsch ausgelegt werde. "Ich entschuldige mich für das Leid, das ich verursacht habe. Die Angehörigen der Opfer haben mein aufrichtiges Mitgefühl", setzt sie fort.
Die letzten fünf Jahre seien für sie ein Entwicklungsprozess gewesen. Im Gerichtssaal habe sie Fotos von den Tatorten gesehen und Stück für Stück die Auswirkungen der Taten von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos begriffen.
Die Frage nach dem Warum?
"Ich hatte und habe keine Kenntnisse, warum gerade diese Menschen an diesen Orten von Böhnhardt und Mundlos ausgewählt wurden", lautet ihre Antwort auf die Frage nach dem Warum.
Genau diese Unsicherheit quält die Angehörigen der Opfer seit vielen Jahren. Sie habe keinen Grund mehr, etwas zu verschweigen. Die flammenden Appelle der Opferangehörigen im Gerichtssaal während des Prozesses, etwa der Familie Yozgat, hätten sie betroffen gemacht. Seit Jugendzeiten sei ihr aber anerzogen worden, Gefühle nicht zu zeigen. Rechtes Gedankengut habe heute keine Bedeutung mehr für sie.
Beate Zschäpe schließt mit den Worten an das Gericht: "Bitte verurteilen Sie mich nicht stellvertretend für etwas, das ich nicht gewollt und getan habe." Sie bleibt also dabei: Von den Morden und Sprengstoffanschlägen habe sie stets erst im Nachhinein erfahren und sie missbilligt.
Die Anklage sieht Zschäpe dagegen als Mittäterin der Morde, deren Rolle im Hintergrund genauso wichtig gewesen sei wie die von Böhnhardt und Mundlos.
Fahndungsbilder des NSU: Am 11. Juli soll das Urteil fallen.
Bitte um gerechtes Urteil
Dann sind die weiteren Angeklagten dran. André E. macht weiter von seinem Schweigerecht Gebrauch. Ralf Wohlleben beruft sich auf seine Aussage im Prozess und schließt sich den Plädoyers seiner Verteidiger an. Holger G. entschuldigt sich bei den Angehörigen der Opfer.
"Mein Handeln ist verantwortlich für Ihr Leid," sagt er, und bittet um ein "gerechtes Urteil". Besonders emotional wird Carsten S., der mit den Tränen kämpft. Er hat umfassend ausgesagt zu den Vorwürfen, Böhnhardt und Mundlos die Tatwaffe überbracht zu haben.
Urteil am 11. Juli
"Auf der Suche nach mir selbst habe ich mich reinziehen lassen." Er könne die Schuld nicht abtragen, habe bei der Aufarbeitung getan, was er tun konnte. Sein Treffen mit der Familie eines Opfers habe ihm viel bedeutet, auch die versöhnlichen Worte in seine Richtung von Angehörigen im Gerichtssaal. Dann ist der Verhandlungstag Nummer 437 vorbei.
Fast ein wenig ungläubig schauen sich Zuschauer und Medienvertreter auf der Tribüne an. Keine Anträge mehr, ist wirklich alles gesagt? Das letzte Wort hat nun das Gericht. "Der nächste Termin ist Mittwoch der 11. Juli um 9.30 Uhr", sagt der Vorsitzende Richter Manfred Götzl. "Dann ist die Urteilsverkündung vorgesehen", fügt er sehr leise hinzu.