Fünf Jahre NSU-Prozess Der Preis des Rechtsstaats
Wenige Gerichtsverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik haben sich so hingezogen wie der NSU-Prozess. Seit fünf Jahren läuft er vor dem Oberlandesgericht München. Warum dauert der Prozess so lange?
Von Alf Meier, BR
Sind Beate Zschäpe und die vier weiteren Angeklagten schuldig? Die Suche nach der Wahrheit dauert bereits 422 Verhandlungstage. Immerhin: Seit zwei Wochen laufen im NSU-Prozess die Plädoyers der Verteidiger, das Verfahren ist jetzt in der Schlussphase.
Schon seit fünf Jahren wird vor dem Münchner Oberlandesgericht verhandelt. Ein Grund dafür ist der enorme Prozessstoff. "Es geht hier um insgesamt zehn Morde, mehrere Mordversuche, Sprengstoffanschläge und Raubüberfälle", betonte Gerichtssprecher Florian Gliwitzky - all diese Taten müssten im Rahmen des Verfahrens umfassend geklärt werden.
Große Anzahl von Prozessbeteiligten
Die Gerichtsakten haben einen Umfang von rund 26.000 Seiten. Allein die Anklageschrift ist fast 500 Seiten lang. Etwa 600 Zeugen und Sachverständige sind seit dem 6. Mai 2013, dem ersten Prozesstag, vernommen worden. Neben den fünf Angeklagten und ihren 15 Verteidigern sitzen auch rund 60 Nebenklägervertreter im Gerichtssaal 101.
Gerichtssprecher Gliwitzky hebt hervor, dass sich das das Verfahren von vielen anderen unterscheide: die enorme Anzahl an Verfahrensbeteiligten, die alle Prozessrechte haben: "Diese Prozessrechte muss das Gericht beachten, und wenn man dies tun möchte, kostet das einfach Zeit."
Verfahrenskosten in zweistelliger Millionenhöhe
Wegen immer neuer Befangenheits- und Beweisanträge von Verteidigern war es in den vergangenen Monaten ständig zu Verzögerungen gekommen. Das alles kostet viel Zeit und auch viel Geld. Nach Angaben der Pressestelle des Oberlandesgerichtes beliefen sich die Kosten des Verfahrens bereits Mitte 2017 auf etwa 23 Millionen Euro. Eine aktuelle Berechnung soll es in Kürze geben.
Prognosen zum möglichen Ende des NSU-Prozesses haben sich in der Vergangenheit immer als schwierig erwiesen. Zu oft kam es zu unerwarteten Verzögerungen. Wenn allerdings die Plädoyers der Verteidiger weiterhin störungsfrei verlaufen, erscheint ein Urteil noch vor der Sommerpause im August möglich.