Kämpfe in Bachmut Prigoschin lädt Schoigu nach Bachmut ein
Wagner-Chef Prigoschin spricht von einer "schwierigen Lage" in Bachmut und hat den russischen Verteidigungsminister Schoigu eingeladen - dieser solle sich ein Bild vor Ort machen. Die Ukraine meldete weitere kleine Geländegewinne.
Der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu zur Lageeinschätzung in die umkämpfte Stadt Bachmut eingeladen. "In Anbetracht der schwierigen operativen Lage und Ihrer langjährigen Kampferfahrung bitte ich Sie, nach Bachmut zu kommen, das unter Kontrolle russischer Militäreinheiten ist, und selbständig die Lage einzuschätzen", schrieb Prigoschin in einem offenen Brief an den Minister, den er auf dem Telegram-Kanal seines Pressedienstes veröffentlichte. Das Verhältnis zwischen Prigoschin und Schoigu gilt als angespannt.
Der Söldnerchef beklagte sich in der Vergangenheit mehrfach öffentlich über die seiner Ansicht nach fehlende Unterstützung seitens des Verteidigungsministeriums - und griff dabei Schoigu auch persönlich an. Auch die Einladung kann als Spott verstanden werden, vor allem der Einschub mit der "langjährigen Kampferfahrung". Schoigu hat zwar den Titel eines Armeegenerals, diente aber nie bei den Streitkräften, was russische Militärblogger mehrfach kritisierten.
Prigoschin wirft dem Ministerium vor, ihm zu wenig Munition zu liefern, um effektiv angreifen zu können. Zuletzt klagte er zudem über fehlenden Flankenschutz durch reguläre Einheiten. Seine Söldner liefen so Gefahr, in Bachmut eingekesselt zu werden. Das Verteidigungsministerium wies diese Vorwürfe zurück.
Kiew spricht von Rückeroberung von zwei Kilometern Gebiet
Unterdessen soll die ukrainische Armee Angaben aus Kiew zufolge zwei Kilometer Gebiet in Bachmut von Russland zurückerobert haben. Die russische Seite habe "erhebliche Verluste" erlitten, erklärte die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Malijar in Onlinenetzwerken. Die Ukraine habe hingegen in Bachmut seit Wochenbeginn "keine einzige Stellung aufgegeben".
Zuvor hatten mehrere russische Kriegsreporter und Militärblogger über erfolgreiche Angriffe der ukrainischen Truppen bei Bachmut berichtet. Das russische Verteidigungsministerium dementierte aber Berichte über einen Durchbruch ukrainischer Truppen bei Bachmut.
Moskau: Gesamtlage unter Kontrolle
"Die Erklärungen, die vereinzelte Telegram-Kanäle über 'Durchbrüche der Verteidigungslinien' an mehreren Stellen verbreiten, entsprechen nicht der Wirklichkeit", teilte das Ministerium in der Nacht zum Freitag auf Telegram mit. "Die Gesamtlage im Gebiet der Spezialoperation ist unter Kontrolle", betonte die russische Militärführung. Bezüglich Bachmut sprach das Verteidigungsministerium lediglich von der "Fortsetzung der Befreiung des westlichen Teils von Artjomowsk (sowjetische Bezeichnung der Stadt) mit Unterstützung der Luftwaffe und Artillerie". Details gab es aus Moskau nicht.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Befürchtung über Einkesselung russischer Truppen
Der Kriegskorrespondent des russischen Staatsfernsehens, Jewgeni Poddubny, hatte am Abend auf Telegram geschrieben, angesichts der ukrainischen Angriffserfolge an den Flanken der in der Stadt kämpfenden Söldnertruppe Wagner drohe eine umfassende Einkesselung. Prigoschin hatte zuvor mehrfach vor einem drohenden Kessel aufgrund ungesicherter Flanken gewarnt.Poddubny hatte auch von ukrainischen Durchbrüchen bei Kämpfen in der Umgebung von Soledar berichtet. Es liegt nur wenige Kilometer nordöstlich von Bachmut. Dort sei es ukrainischen Kampfgruppen gelungen, die russischen Linien zu durchbrechen.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
"Die Lage ist schwierig", schrieb Poddubny. Die russischen Streitkräfte hatten Soledar erst Ende Januar nach wochenlangen schweren Kämpfen eingenommen.
Die Schlacht um die ostukrainische Stadt Bachmut ist die am längsten andauernde des seit Februar 2022 laufenden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Die vor Beginn des Krieges 70.000 Einwohner zählende Stadt ist nach den monatelangen Kämpfen weitgehend zerstört und verlassen. Bachmut hat jedoch für beide Seiten hohe symbolische Bedeutung erlangt.