Äußerung über "Einfrieren des Krieges" Pistorius distanziert sich von Mützenich
Für seine Anregung, über ein "Einfrieren" des Krieges in der Ukraine nachzudenken, ist SPD-Fraktionschef Mützenich aus der Ampelkoalition kritisiert worden. Nun distanziert sich auch Parteifreund Pistorius.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat sich von den Äußerungen des Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, zum Einfrieren des Ukraine-Kriegs distanziert. "Es würde am Ende nur Putin helfen", sagte Pistorius nach einem Treffen mit dem polnischen Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz in Helenow nahe Warschau.
Dies sei zwar eine Position, die man vertreten könne, um sich für den Frieden auszusprechen. "Aber einen Diktatfrieden darf es nicht geben und keinen Frieden, der dazu führt, oder einen Waffenstillstand oder ein Einfrieren, bei dem Putin am Ende gestärkt herausgeht und den Konflikt fortsetzt, wann immer es ihm beliebt", sagte Pistorius. Die Ukraine müsse weiter "ohne Wenn und Aber" unterstützt werden.
Auch Kosiniak-Kamysz kritisierte den Vorstoß Mützenichs. "Das ist keine Idee, die man erwägen sollte", sagte er laut offizieller Übersetzung bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Pistorius. Sie sei sogar "gefährlich". Die westlichen Verbündeten dürften sich an den Krieg in der Ukraine "nicht gewöhnen".
Mützenich regt Nachdenken über "Einfrieren" des Krieges an
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte in einer Bundestagsdebatte über eine Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine über die Bedingungen für ein mögliches Kriegsende gesprochen. Dabei stellte er die Frage: "Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?" Innerhalb der Ampelkoalition lösten diese Äußerungen Kritik bei den Grünen und der FDP aus.
Von Altkanzler Gerhard Schröder kam dagegen Zuspruch: "Mir scheint, dass der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Rolf Mützenich, auf dem richtigen Weg ist. Seine Position sollte von der Partei und Fraktion unterstützt werden", forderte der 79-Jährige.
Schröder ist seit seiner Kanzlerschaft von 1998 bis 2005 mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin befreundet und weiterhin für die mehrheitlich russischen Gesellschaften der Nord-Stream-Pipelines durch die Ostsee tätig. Die SPD-Spitze distanzierte sich von ihm, ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn scheiterte aber.
Polnische Absage an Bodentruppen in der Ukraine
Auf der Pressekonferenz mit Verteidigungsminister Pistorius ging dessen polnischer Amtskollege Kosiniak-Kamysz auch auf eine mögliche Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine ein, der er eine Absage erteilte. "Polen hat keine Absicht, Truppen in die Ukraine zu schicken." Das sei die Position der Regierung. "Und ich werde das wiederholen in allen Foren."
Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte den Einsatz von westlichen Truppen in der Ukraine nicht ausgeschlossen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt das ab. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hatte sich bereits wie sein Verteidigungsminister geäußert. Der polnische Außenminister Radek Sikorski wiederum unterstützt den Vorstoß Macrons.
Berlin und Warschau wollen Munitionsherstellung vorantreiben
Polen ist ein zentraler Verbündeter der benachbarten Ukraine. Das Land ist eine Drehscheibe für westliche Militärhilfe für Kiew und spielt eine wichtige Rolle bei der Sicherung der NATO-Ostflanke. Pistorius sagte nun, Berlin und Warschau wollten gemeinsam mit der Industrie beider Länder am Hochfahren der Munitionsherstellung arbeiten. Bei der Unterstützung der ukrainischen Armee im Krieg gegen die russischen Invasionstruppen gehe es nicht nur darum, solche Munition zu liefern, die "irgendwo aufzutreiben ist". Vielmehr solle zudem in Deutschland, Polen und anderen Ländern die Produktion hochgefahren werden.
Bei den ukrainischen Streitkräften herrscht zunehmender Mangel an Munition, was ihren Kampf gegen die russischen Truppen erschwert. Pistorius unterstrich die Bedeutung der deutsch-polnischen Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie bei der Unterstützung der Ukraine. Diese "Verbundenheit" sei besonders wichtig angesichts der täglichen Versuche Russlands, "den Westen zu spalten und auseinanderzutreiben". Polen sei ein "extrem wichtiger Partner", so der deutsche Verteidigungsminister.
Auch Kosiniak-Kamysz hob die Bedeutung der bilateralen Zusammenarbeit hervor. Er kündigte für Mai ein Treffen der Verteidigungsminister des Weimarer Dreiecks an, dem neben Polen und Deutschland auch Frankreich angehört.