Tote und Verletzte im Gazastreifen Verzweiflung nach Angriff auf Schutzzone
Das Al-Mawasi-Camp im Gazastreifen ist einer der größten Rückzugsorte für Flüchtlinge und eine ausgewiesene Schutzzone. Trotzdem soll es dort bei einem israelischen Luftangriff viele Tote und Verletzte gegeben haben.
Riesige Krater im Sand, teilweise neun Meter tief, darin graben Menschen mit Händen nach Stofffetzen, auf der Suche nach Verschütteten und deren Habseligkeiten.
Bei einem Luftangriff der israelischen Armee in den frühen Morgenstunden sind Hamas-nahen Medien zufolge mindestens 40 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 60 verletzt worden - in einer Zeltstadt im Al-Mawasi Flüchtlingscamp, einer von der Armee ausgewiesenen Schutzzone.
"Hier sollte es sicher sein"
Ein junger Mann mit einer Mütze und einem Baby im Arm sagt unter Tränen, er heiße Raed Muammar: "Es war mitten in der Nacht, wir haben geschlafen als der israelische Angriff begann. Meine Tochter wurde getötet. Meine Frau und meine andere Tochter wurden verletzt." Ihr Zelt, ihr Heim, sei völlig zerstört. "Wir waren hier in einer ausgewiesenen Schutzzone in Al-Mawasi, hier sollte es sicher sein. Sie hier sind die Zielscheibe der Israelis."
Muammar deutet auf seine Tochter, die er im Arm hält. Sie blutet im Gesicht. Er sei unter dem Sand verschüttet gewesen, so wie seine Familie, erzählt er. Auch Autos und andere Habseligkeiten stecken noch im Sand.
Eine Gruppe Frauen schreit und weint vor einigen Leichen, die verhüllt am Boden liegen. "Kinder werden zu Waisen. Wir sind obdachlos geworden. Sie haben gesagt geht nach Al-Mawasi, wir sind dahin geflüchtet. Dann haben sie uns angegriffen. Wir sind schon so oft geflüchtet. Wo sollen wir hin?", schreit Taghreed Abu Asi.
In den Trümmern suchen Bewohner nach Überlebenden und Habseligkeiten.
Menschen leben dich gedrängt in Al-Mawasi
Während die Menschen in Al-Mawasi noch nach Verschütteten suchen, bestätigte das israelische Militär den nächtlichen Luftangriff. Er habe hochrangigen Hamas-Terroristen und einer Kommandozentrale gegolten, die in dem Camp versteckt gewesen sein soll. Man habe mit Drohnen und Präzisionsmunition versucht, den Schaden für Zivilisten gering zu halten, heißt es weiter.
Vor dem Krieg lebten in Al-Mawasi 1.200 Menschen auf einem Quadratkilometer, nun seien es nach UN-Angaben mehr als 30.000. Die, die hier dicht gedrängt leben und jede Nacht um ihr Leben fürchten, glauben längst nicht mehr an die Sicherheit von Schutzzonen. Von vier Explosionen in der Nacht berichten Augenzeugen.
Ein Mann gräbt etwas aus, das wie der Kopf einer Rakete aussieht. "Hier das sind ihre Raketen, das ist der Raketenkopf. Hier gibt es keine Terroristen, nur Flüchtlinge", sagt er.
Israel bestreitet die Opferzahlen
Währenddessen spricht die Terrororganisation Hamas in einer Pressemitteilung von einem abscheulichen Massaker in Al-Mawasi nahe Chan Yunis. Die Anschuldigung, Terroristen hätten sich unter den Zivilisten befunden, sei eine glatte Lüge.
Das israelische Militär dagegen bestreitet die Opferzahlen und betont, die Hamas nutze gezielt und systematisch zivile Infrastruktur, um von dort Terroranschläge und Raketenangriffe durchzuführen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.