Nahost-Reise Baerbock warnt Israel vor schwindendem Vertrauen
Bei ihrem Besuch in Israel fand Außenministerin Baerbock deutliche Worte. Sie forderte ein Umdenken im militärischen Kurs in Gaza und kritisierte den Siedlungsbau im Westjordanland scharf.
Das internationale Vertrauen in Israel schwindet - das ist eine Kernbotschaft, die Außenministerin Annalena Baerbock ihrem israelischen Amtskollegen Israel Katz nach eigenen Worten klargemacht hat. Grund dafür sei etwa das harte militärische Vorgehen der israelischen Armee in Gaza. Es sei ihre Aufgabe, derlei Warnsignale den israelischen Freunden klarzumachen.
Baerbock rief Israel dazu auf, den jetzigen militärischen Kurs aufzugeben und den mehrstufigen Biden-Plan anzunehmen. Ein rein militärisches Vorgehen sei demnach keine Lösung für die Lage in Gaza. Das vergangene Wochenende habe gezeigt, dass eine solche Strategie das Leben der noch verbliebenen Geiseln gefährde, sagte Baerbock. Am Wochenende waren sechs von der militant-islamistischen Hamas verschleppte Geiseln tot aufgefunden worden.
"Deshalb habe ich mit meinem israelischen Amtskollegen besprochen, dass nichts so drängend ist wie das Schicksal der verbleibenden Geiseln." Alle anderen Erwägungen seien nachrangig. "Allen ist klar, dass ein Deal mit der Hamas miteinschließt, einen hohen Preis zu zahlen. Aber das Leben der Geiseln ist es wert."
Besorgter Blick in Richtung Westjordanland
Irritiert zeigte sich die Außenministerin über den aktuellen israelischen Militäreinsatz in mehreren palästinensischen Städten im Westjordanland, etwa in Dschenin und Tulkarem.
Zwar erneuerte Deutschlands oberste Diplomatin die Aussage, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson sei. Das Land habe das Recht, dort gegen Terrorstrukturen vorzugehen. Dies dürfe aber nicht zugleich neue Unsicherheit und Gewalt fördern.
Das Kalkül der Terroristen, eine ewige Gewaltspirale zu befeuern, genau das muss durchbrochen werden. Und das gilt eben jetzt auch, wo Gefahr droht, dass diese Gewaltspirale sich ausweitet ins Westjordanland oder auch in den Norden Israels.
Kritik übte Baerbock in ihrem Gespräch mit ihrem Amtskollegen Katz auch an Mitgliedern der israelischen Regierung. Sie sei darüber irritiert, dass einzelne Minister gefordert hätten, im Westjordanland militärisch ähnlich hart vorzugehen wie im Gazastreifen. Eine solche Reaktion sei genau das Kalkül der Hamas. Auch dadurch schwinde das internationale Vertrauen in Israel.
Baerbock fordert Stopp von Siedlungsprojekten
Und noch ein Thema zerstört nach Ansicht der deutschen Außenministerin derzeit das Vertrauen in Israel: der Siedlungsbau. Auch hier habe sie gegenüber ihrem Amtskollegen Katz deutliche Worte gefunden. "Der Siedlungsbau im Westjordanland verstößt ganz eindeutig gegen das Völkerrecht. Die israelische Regierung könnte verlorenes Vertrauen international aus meiner Sicht auch wiedergewinnen, indem es in einem ersten Schritt die laufenden Siedlungsprojekte stoppt."
Baerbock sprach bei ihrem Besuch in Israel auch den gestern in München vereitelten mutmaßlichen Terroranschlag an. Dies sei ein furchtbarer Moment des Antisemitismus gewesen, der auf das Herz unserer Gesellschaft gezielt habe, sagte sie. Deutschland werde nicht aufhören, dies zu bekämpfen.