Mann übergießt sich mit Wasser

Hitzewelle in Indien Die Menschen sehnen sich nach Kühlung

Stand: 30.05.2024 15:43 Uhr

Der Norden Indiens leidet unter einer rekordverdächtigen Hitzewelle. In Neu-Delhi fangen Klimaanlagen wegen Überlastung Feuer - wer keine hat, versucht bei Temperaturen von um die 50 Grad irgendwie zu überleben.

Die Flammen schlagen aus einem der oberen Stockwerke, in einem Hochhaus einer Vorstadt von Neu-Delhi. Die Ursache sei klar, sagt der zuständige Feuerwehrchef Radeep Kumar: "Dieser Brand wurde durch eine Explosion in einer Klimaanlage verursacht. Ein Tisch fing Feuer, und dann breitete sich der Brand im ganzen Raum aus."

Kein Einzelfall: Klimaanlagen lösen Kurzschlüsse aus, weil ihre Kompressoren überhitzt sind oder weil sie falsch angeschlossen wurden. In diesem extremem Sommer lasse jeder ständig seine Klimaanlagen laufen, sagt Kumar. "Sie müssen sie aber regelmäßig warten, und sie dürfen sie nicht rund um die Uhr laufen lassen, sondern müssen sie zwischendurch mal ausschalten."

Viele versuchen, irgendwie zu überleben

Aber wer will das schon, in diesen Tagen, wo glühende Hitze über der indischen Hauptstadt liegt und Temperaturen gemessen werden wie kaum je zuvor. Ein gestern gemessener Rekord für Indien von über 52 Grad könnte sich zwar als Messfehler herausstellen, so heute der Indische Wetterdienst. Dass es über 50 Grad mancherorts in Neu-Delhi ist, steht aber nicht in Frage. Wer eine Klimaanlage hat, kann sich freuen, aber Millionen in Neu-Delhi haben keine. Sie versuchen, irgendwie zu überleben - nicht jedem gelingt das.

Ein Arbeiter sei gestorben in einem Raum ohne Kühlung, berichtete der Nachrichtensender NDTV. Täglich gebe es in den Krankenhäusern mehr Hitzeopfer, weiß auch die Krankenschwester Sarla: "Es ist eben extrem heiß in Neu-Delhi. Ich finde, die Leute sollten nur rausgehen, wenn es etwas Wichtiges gibt, sonst sollten sie es vermeiden." Die Temperatur sei einfach zu hoch. "Wir bekommen täglich mehr Fälle von Gehirnblutungen."

Ein Mann transportiert eine Klimaanlage auf einem Motorrad.

Ohne Klimaanlage sind die Temperaturen derzeit kaum auszuhalten.

Vier bis sieben Grad wärmer als sonst

Hitzschlag, Sonnenstich, Hitzeerschöpfungen - Neu-Delhis Krankenhäuser haben sich schon eingestellt auf mehr Patienten. Vor allem Ältere, chronisch Kranke und kleine Kinder seien extrem gefährdet, warnt die Stadtverwaltung. Sie hat schon zu Beginn der Woche die höchste Stufe des Hitzealarmplans ausgerufen. Man solle am besten drinnen bleiben und viel trinken.

Aber viele müssen raus und ihr Geld verdienen, wie Satish Kumar, der als Fahrer arbeitet. Er sorge dafür, dass er ausreichend Flüssigkeit hat. "Wasser, Wasser mit Zitrone, Buttermilch. Und ich schütze meinen Kopf mit einem Stück Stoff", so Kumar. Ansonsten sei es hier draußen einfach zu heiß. "Uns geht wirklich schlecht. Manchmal bringt nicht mal der Schatten Erleichterung. Ich muss mittags fünf bis sechs Liter Wasser trinken."

Ganz Nordindien und auch weite Teile Pakistans leiden gerade unter dieser extremen Hitzewelle. In Neu-Delhi und den westlichen Bundesstaaten Indiens, vor allem Rajasthan, ist es seit zwei Wochen vier bis sieben Grad wärmer als sonst zu dieser Zeit. Eine massive Belastung für Mensch und Tier, auch die Infrastruktur leidet. Das Stromnetz von Indiens Hauptstadt ist so belastet wie noch nie zuvor, jeden Tag am Nachmittag zwischen 15 und 16 Uhr erreicht der Energiebedarf neue Höhen. Neu-Delhi und seine Menschen schreien praktisch nach Kühlung.

"Wir wissen nicht, was passiert"

"Sie sehen doch, dass die Temperatur jedes Jahr stetig steigt", sagt Guddu Verma, ein Tourist. "Das nächste Jahr ist heißer als das vorherige. Wir wissen nicht, was passiert. Aber wenn es so weitergeht, wird es für die Menschen hier schwierig zu überleben."

Es gibt die Hoffnung, dass die Temperaturen in den nächsten Tagen etwas zurückgehen. Es könnte ein leichter Regen kommen und vielleicht etwas Wind. Jedes Grad weniger wäre eine Erleichterung.

 

Peter Hornung, ARD Neu-Delhi, tagesschau, 30.05.2024 14:26 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 30. Mai 2024 um 14:00 Uhr.