Bericht von Munich Re Unsummen durch Unwetter
Naturkatastrophen haben laut dem Rückversicherer Munich vergangenes Jahr Schäden von 250 Milliarden Dollar verursacht und Zehntausende Menschenleben gefordert. In Nordamerika und Europa gab es so hohe Gewitterschäden wie noch nie.
Erdbeben, Wirbelstürme, Überschwemmungen, Unwetter und sonstige Naturereignisse haben 2023 weltweit Schäden von 250 Milliarden Dollar angerichtet und kosteten 74.000 Menschen das Leben. Das berichtet der Rückversicherer Munich Re in der neuen Ausgabe seines jährlichen Naturkatastrophenreports.
Verheerende Erdbeben in der Türkei und Syrien
Die Zahl der Todesopfer sei die höchste seit 2010, sagte Ernst Rauch, der Chef-Geowissenschaftler des DAX-Konzerns. Die meisten Opfer forderte die verheerende Erdbebenserie in der Türkei und Syrien im Februar mit 58.000 Toten. Auch mit Blick auf die volkswirtschaftlichen Schäden von 50 Milliarden Dollar war dies die schlimmste Naturkatastrophe des vergangenen Jahres.
Die Munich Re dokumentiert seit Jahrzehnten die weltweiten von der Natur verursachten Zerstörungen, da dies für die Berechnung der Versicherungsbeiträge von Bedeutung ist. Das Geschäft des Konzerns besteht darin, die Risiken von Versicherungsunternehmen abzusichern.
Mehr Unwetter-Schäden durch Klimawandel
Dem Bericht zufolge wich das weltweite Schadensbild 2023 vom Gewohnten ab. Anders als in den Jahren zuvor gab es laut Munich Re in den Industrieländern keine immensen Schäden durch einzelne sehr große Wirbelstürme, Hochwasserfluten oder eine sonstige Großkatastrophe. "Typischerweise hatten wir in der Vergangenheit ein oder mehrere wirkliche Großereignisse, die einen großen Teil der Schadensumme verursacht haben", sagte Chef-Geowissenschaftler Rauch.
Doch 2023 gab es keine solche Spitzenbelastung. Dennoch sei es ein Jahr mit "gravierenden und auffälligen Schäden" gewesen, sagte der Wissenschaftler. "Neu und sowohl gesellschaftlich als auch ökonomisch relevant ist, dass die Schäden sehr stark von sogenannten Schwergewitter-Ereignissen getrieben waren."
Die Vielzahl mittelgroßer und kleinerer Unwetter bewirkte nach Angaben der Munich Re deutlich mehr als die Hälfte der Schäden. "Beim Ereignistyp Schwergewitter/Unwetter sehen wir seit Jahren eine Entwicklung zu immer höheren Schäden, also so etwas wie einen Trend, der wahrscheinlich mit dem Klimawandel zusammenhängt", sagte Rauch.
2023 wärmstes bislang gemessenes Jahr
Laut Munich Re wurden sowohl in Nordamerika als auch in Europa noch nie derart hohe Gewitterschäden verzeichnet: In Nordamerika waren es 66 Milliarden Dollar. Für Europa bezifferte der Konzern die Gesamtschäden auf 10 Milliarden Dollar. Die Versicherungswirtschaft müsse ihr Risikomanagement entsprechend anpassen, erklärte Rauch. "Aber auch die breitere Gesellschaft muss darauf vorbereitet sein, dass Unwetterereignisse deutlich höhere Schäden verursachen."
Begünstigt würden die Unwetter durch die im globalen Schnitt sehr hohen Temperaturen. Der DAX-Konzern verwies darauf, dass die Durchschnittstemperaturen bis November rund 1,3 Grad Celsius über denen der vorindustriellen Zeit (1850-1900) lagen und 2023 damit das wärmste Jahr seit Beginn der Temperaturmessungen war.
Schäden steigen im langfristigen Trend
Experte Rauch sprach sich dafür aus, Gebäude und Infrastruktur besser gegen Extremereignisse zu schützen. Die 2023 verzeichneten volkswirtschaftlichen Gesamtschäden von 250 Milliarden Dollar entsprachen indes ungefähr dem Schnitt der vergangenen fünf Jahre.
Der längerfristige Trend zeigt jedoch nach oben: Inflationsbereinigt lagen die Gesamtschäden im Zehn-Jahres-Schnitt (2013 bis 2022) bei 230 Milliarden Dollar, im Mittel der 30 Jahre von 1993 bis 2022 waren es noch 180 Milliarden gewesen.