Radmesse Eurobike Fahrradbranche kämpft mit mangelnder Nachfrage
Sinkende Produktion, sinkender Absatz: Fahrradhersteller müssen mit einem schrumpfenden Markt klarkommen. Vor allem das Geschäft mit normalen Rädern ist eingebrochen.
Deutsche Fahrradhersteller versuchen, mit immer differenzierteren Rädern immer mehr Kundengruppen anzusprechen. Auf der Messe Eurobike in Frankfurt am Main werden 1.200 Räder vom konventionellen Klappfahrrad bis hin zu halben Autos gezeigt. Es geht nicht um billige Massenware aus Fernost, sondern um teure Räder, die kaum unter 1.000 Euro zu haben sind. Zunächst sind nur Fachbesucher zugelassen, am kommenden Samstag und Sonntag ist die Eurobike dann fürs Publikum geöffnet.
Die Werbung der Aussteller zeigt junge und mittelalte, durchgängig schlanke und teuer gekleidete Fahrerinnen und Fahrer. Große Hersteller haben für diese städtischen und zahlungskräftigen Kunden eigene Lifestyle-Marken gegründet.
Gleichzeitig bieten zahlreiche Hersteller Räder für ganz andere Kundengruppen an. Auf dem Land fahren ältere Menschen begeistert mit Elektrorädern, die mehrere Tausend Euro kosten. Der Großproduzent Kalkhoff hat - wie es im Pressematerial der Eurobike heißt - den "SUV unter den E-Bikes" im Angebot, der auch für "kräftig gebaute Fahrer" geeignet sei. Schwere Menschen sitzen auch auf den Dreirädern von HP Velotechnik gut, die sich auch für Familien, die mit Sack und Pack unterwegs sind, eignen sollen.
Schwierige Jahre für Hersteller und Handel
Jahrelang stiegen Absatz und Produktion, insbesondere von immer teureren E-Bikes. Seit zwei Jahren ist Schluss. Zwar bemüht sich Burkhard Stork, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbands, um gute Stimmung. Doch sind Produktion und Absatz auch in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres nochmal zurückgegangen.
Der Markt für normale Räder ist besonders gebeutelt, während die Geschäfte mit E-Bikes noch einigermaßen stabil laufen. Nach wie vor sind die Lager der Händler voll. Mit knapp anderthalb Millionen Rädern sei der Bestand "hoch, aber nicht katastrophal hoch", sagt Stork.
Dass nach dem mehrjährigen Boom durch E-Bikes und Lastenräder eine Marktsättigung erreicht sein könnte, wird von Branchen- und Unternehmenssprechern bestritten. Inflation und schlechtes Wetter seien am gebremsten Absatz schuld. Die Branche ist von vielen kleinen und mittelgroßen Herstellern und nur sehr wenigen Großunternehmen geprägt.
Zwar ist von schwierigen Jahren die Rede. Doch das bedeutet nicht, dass Produzenten reihenweise am Hungertuch zu nagen hätten. Sie haben Jahre mit außergewöhnlich guten Gewinnen hinter sich. Die letzten veröffentlichten Bilanzen betreffen noch das Boomjahr 2022 und zeigen: Zweistellige Umsatzrenditen waren nicht ungewöhnlich.
Fragen nach der Verkehrssicherheit
Ein weiteres Thema ist Sicherheit. "Über 40 Prozent der Menschen fühlen sich auf dem Rad unsicher" sagt Wasilis von Rauch, Geschäftsführer des Branchenverbands "Zukunft Fahrrad". Doch wenn bei der Eurobike von Sicherheit die Rede ist, geht es nicht um Schulungen, Sicherheitskonzepte oder die stabile Bauweise von Anhängern für Kinder. "Sicherheit" wird nahezu ausschließlich in Zusammenhang mit teurem Zubehör genannt: Helme mit Lichtern nach vorn und hinten oder Kameras, die den folgenden Verkehr zeigen.
Ein Hersteller von mehr als einem Meter breiten geschlossenen Dreirädern mit großem Lastenraum wirbt: "Ich brauche keinen Führerschein, ich brauche keinen Helm." Die Messeleitung bewirbt ein Kinderfahrrad mit automatischem Getriebe. Es schaltet bei höherer Geschwindigkeit selbsttätig und ermöglicht so eine noch schnellere Fahrt, weil "sich die kleinen Fahrerinnen und Fahrer nicht auf das Schalten konzentrieren" müssen.
Viele Verletzte bei Unfällen mit E-Bikes
Zu dem Umstand, dass immer mehr Menschen mit E-Bikes verunglücken, sagen Branchensprecher nichts. Nach einer deutlichen Warnung des Statistischen Bundesamtes vor zwei Jahren zeigen auch die amtlichen Zahlen für 2023: Die Zahl der mit E-Bikes Verletzten ist auf 23.500 gestiegen.
Ungeübte kommen mit den vergleichsweise schnellen E-Bikes oft nicht zurecht und sind mitunter auch versucht, sie auf dicht befahrenen Landstraßen zu benutzen. Zumindest ist die Zahl der getöteten E-Bike-Fahrer gesunken, sie liegt aber noch auf hohem Niveau.