Jobräder-Leasing im Trend Lohnt sich ein Dienstfahrrad?
Statt selbst ein Fahrrad zu kaufen, nutzen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer häufiger die Möglichkeit, ein Dienstrad zu leasen. Experten raten allerdings, genau zu berechnen, ob es sich im eigenen Fall auch lohnt.
Mehrfach die Woche pendelt Michael Müller mit seinem Dienstrad zur Arbeit, rund 22 Kilometer hin und zurück. "Durch das Jobrad-Angebot fahre ich ein E-Bike zum Preis von knapp 5.000 Euro, das ich mir sonst ehrlicherweise nicht gekauft hätte." Müller arbeitet für den Spezialglashersteller Schott in Mainz. Seit vier Jahren bietet das Unternehmen Mitarbeitern die Möglichkeit, geleaste Jobräder zu nutzen.
"Dafür verzichte ich jeden Monat auf einen Teil meines Gehalts in Höhe der Leasingrate. Darum habe ich ein geringeres Gehalt und habe so eine Steuerersparnis bei der Einkommenssteuer." Die Versicherung bei Diebstahl und Unfall zahle sein Arbeitgeber, genauso wie den Pannenservice, erklärt Müller.
Steuerlich wie Dienstauto behandelt
Das Grundprinzip des Dienstrades ähnelt dem des Dienstwagens, vor zwölf Jahren wurden sie steuerlich gleichgestellt. Seit 2019 gelten für Räder zusätzliche Steuervergünstigungen. Meist leasen Arbeitgeber, so wie die Schott AG, über spezielle Anbieter für den Zeitraum von drei Jahren Fahrräder oder etwa E-Bikes und überlassen diese ihren Arbeitnehmern gegen einen Entgeltverzicht.
Diese müssen, wenn sie das Dienstrad auch privat nutzen wollen, pauschal 0,25 Prozent des Listenpreises des Rads als geldwerten Vorteil versteuern. Sollten Arbeitgeber ihren Mitarbeitern ein Dienstrad zusätzlich zum ohnehin vereinbarten Ursprungsgehalt überlassen - also nicht gegen eine Entgeltumwandlung, sondern als Gehaltsextra - bleibt das für den Arbeitnehmer trotz geldwerten Vorteils ganz steuerfrei.
Gesundheitsschutz und Klimaschutz
Die Schott AG will durch das Jobrad-Angebot nach eigenen Angaben einen Beitrag zur Gesundheit ihrer Mitarbeiter und zum Klimaschutz leisten. Außerdem sieht das Unternehmen darin eine Möglichkeit, seine Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern und spart den ohnehin begrenzten Parkraum, weil mehr Mitarbeiter mit dem Rad zur Arbeit kommen.
Fakt ist aber auch: Insgesamt sinkt durch die Entgeltumwandlung der Arbeitnehmer die Berechnungsgrundlage nicht nur für die Lohnsteuer, sondern auch für die Sozialversicherung. Dadurch sparen also auch Arbeitgeber Zahlungen in die Sozialversicherung. Außerdem können Firmen die Leasing- und Versicherungsraten als Betriebsausgaben absetzen.
Boom der Dienstfahrräder
Dienstfahrräder liegen in Deutschland im Trend. Etwa 100.000 Arbeitgeber bieten inzwischen das Leasing von Diensträdern an, davon geht zumindest der Bundesverband Zukunft Fahrrad aus, der mehrere Leasing-Dienstleister vertritt. Zwar liegen keine offiziellen bundesweiten Zahlen vor, aber nach Schätzungen des Branchenverbands sind mehr als zwei Millionen Diensträder in Deutschland in Gebrauch. Allein im vergangenen Jahr seien eine Million neue hinzugekommen; noch 2019 seien nur 200.000 Diensträder auf den Straßen unterwegs gewesen.
Von dieser Entwicklung profitiert insbesondere der Fachhandel. Für viele Fahrrad-Geschäfte sind Dienstfahrräder inzwischen zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden. So sind zum Beispiel mehr als die Hälfte aller verkauften E-Bikes im Laden von Alexander Mohr in der Nähe von Mainz Leasingräder. In seinen Augen ist das nicht verwunderlich, die Vorteile für seine Kunden lägen auf der Hand. "Sie müssen das Rad nicht komplett bezahlen und meistens sind Inspektion und Versicherung im Leasing-Paket mit dabei."
Das ist kein Einzelfall, auch andere Fahrradläden beobachten diesen Trend. "Der Leasing-Anteil ist auf jeden Fall hoch, gerade bei hochwertigen Rädern und E-Bikes", sagt Pablo Ziller vom Zweirad-Industrie-Verband ZIV, und das seien eben häufig Diensträder. "Das Leasinggeschäft ist definitiv ein Zugpferd für unsere Branche", so Ziller. Das Fahrradleasing über Arbeitgeber habe sich zu einem wichtigen Markttreiber entwickelt. Experten schätzten, dass rund jedes vierte Rad über das Leasing zu Kunden kommt.
Nachrechnen, ob sich Fahrrad auch lohnt
Aber es gibt auch Kritik am Trend. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di rät Interessierten, genau zu überlegen, ob sich ein Dienstrad wirklich rechnet, da durch den Entgeltverzicht der Arbeitnehmer in Höhe der Leasingrate die Berechnungsgrundlage eben nicht nur für die Lohnsteuer, sondern auch für die Sozialversicherung sinkt. "Durch die Entgeltumwandlung wird der eigene Rentenanspruch gekürzt", sagt Andreas Henke vom ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg.
Natürlich gehe es da meist nur um etwas mehr als einen Euro weniger Rente pro Monat. Das höre sich harmlos an, aber im Schnitt bekämen Menschen gut 20 Jahre Rente mal zwölf Monate. "Das ergibt je nach Leasing-Summe mehrere Hundert Euro", sagt Henke. Finanziell lohne sich das Dienstrad nach Berechnungen von ver.di vor allem bei hochpreisigen Rädern und für Menschen mit hohen Einkommen.
Folgen für Sozialversicherung
Da durch das Modell der Entgeltumwandlung auch Arbeitgeber weniger Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen, kritisiert die Gewerkschaft, dass durch Diensträder der Solidargemeinschaft Geld verloren geht. "Bei einer monatlichen Leasingsumme von 100 Euro spart der Arbeitgeber rund 20 Euro Sozialversicherungsbeiträge", rechnet Henke vor. Das mache in drei Jahren 720 Euro Plus für einen einmaligen Verwaltungsvorgang. Und diese Summe, die Arbeitgeber einsparen, würde von den meisten Unternehmen eben nicht als Zuschuss an die Beschäftigten weitergegeben.
Michael Müller sieht das Pendeln mit dem Rad zu seiner Arbeitsstelle in Mainz als Sporteinheit. Seit er mit dem Dienstrad zur Arbeit fährt, hätten seine Frau und er eines ihrer beiden Autos abgegeben. Müller könnte sich vorstellen, sein Dienstrad am Ende der dreijährigen Leasingzeit zu kaufen; das ist häufig gegen einen Abschlag möglich. "Bei meinem ersten Jobrad hat mir der Dienstleister nach Ablauf der Laufzeit ein attraktives Angebot gemacht." Das sei für ihn damals insgesamt deutlich günstiger gewesen, als wenn er sich das gleiche Rad privat gekauft hätte, sagt Müller.