Konjunkturprognosen Wirtschaft im Euroraum könnte aufholen
Die Wirtschaft in der Eurozone und in Deutschland dürfte langfristig von einer steigenden Produktivität profitieren. Kurzfristig wird das Wirtschaftswachstum hierzulande aber wohl geringer ausfallen als erwartet.
Positive Entwicklungen für die Wirtschaft im Euroraum und in Deutschland stellt die OECD in Aussicht. Die Industriestaatenorganisation hat heute ihre Prognose für die langfristige Wirtschaftsentwicklung in Paris vorgestellt. Zentrales Ergebnis: Die Produktivität könnte anziehen, sagte Mitautor Yvan Guillemette der Nachrichtenagentur dpa. Der Euroraum liege mit Blick auf die Produktivität etwas hinter führenden Ländern: "Die Annahme, die wir in diesem Szenario treffen, ist, dass diese Distanz bis 2060 nicht komplett verschwindet, aber stückweise zurückgeht."
Auch Deutschland dürfte von einer steigenden Produktivität abhängig sein: Die Zunahme des für den Lebensstandard ausschlaggebenden Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukts könnte laut Guillmette bis 2040 leicht auf etwa anderthalb Prozent jährlich steigen und bis 2060 auf diesem Level bleiben. Steige hierzulande die Produktivität, könnte das auch den Druck durch die alternde Bevölkerung ausgleichen.
Für den gesamten OECD- und G20-Raum, den die Prognose betrachtet, sieht die Industriestaatenorganisation ein langsamer wachsendes Bruttoinlandsprodukt. Gründe dafür seien, dass der arbeitende Teil der Bevölkerung weniger zunehme und in aufstrebenden Märkten auch die Arbeitseffizienz sich nur noch in geringerem Maße steigere.
Geringeres Wachstum im kommenden Jahr
Im kommenden Jahr dürfte das Wachstum in Deutschland aber vor allem wegen der Nachwirkungen des Haushaltsstreits gering ausfallen. Sowohl das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) als auch das Münchner ifo-Institut haben heute ihre Prognosen für das Wachstum hinunter korrigiert.
Für das kommende Jahr prognostiziert das DIW nun ein Wirtschaftswachstum von 0,6 Prozent, für 2025 ein Wachstum von 1,0 Prozent. Das ifo-Institut senkt seine Prognose für das Wachstum auf ein Plus 0,9 Prozent zulegen, im September waren die Münchner Forscher noch von einem Anstieg von 1,4 Prozent ausgegangen. Für 2025 erwartet das ifo-Institut eine leichte Beschleunigung auf 1,3 Prozent, nachdem bislang mit 1,2 Prozent gerechnet worden war.
Beide Institute führen den Haushaltsstreit der Ampel-Koalition für die wohl sinkende Wirtschaftsleistung an - und das trotz der Einigung. "Es wurde eine klare Priorität gegen Investitionen gesetzt. Das dürfte die wirtschaftliche Entwicklung langfristig bremsen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gefährden", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. In der DIW-Prognose wurde die Haushaltsentscheidung schon berücksichtigt.
Verbraucher und Unternehmen sparen
"Unsicherheit verzögert derzeit die Erholung", sagte auch ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser hinsichtlich der Etatkürzungen der Bundesregierung. Dadurch erhöhe sich die Sparneigung der Konsumenten, während die Investitionsbereitschaft von Unternehmen und privaten Haushalten sinke. So sei "der private Konsum als Konjunkturtreiber entgegen den ursprünglichen Erwartungen" weitgehend ausgefallen, so auch das DIW. Verbraucherinnen und Verbraucher füllten angesichts ungewisser Zeiten aufgebrauchte finanzielle Reserven zunächst wieder auf, statt das Geld direkt auszugeben.
Grundsätzlich aber sind die Weichen laut dem ifo-Institut auf Erholung gestellt. Die Löhne dürften kräftig steigen, während die Beschäftigung so hoch sei wie nie zuvor. Damit kehre die Kaufkraft zurück. Auch dürfte bei den Zinsen der Höhepunkt bereits überschritten sein. Die gestiegenen Zinskosten hatten vor allem der Bauwirtschaft zugesetzt. Entspannung erwartet das ifo-Institut bei der Inflation. In der zweiten Jahreshälfte dürfte die Teuerungsrate wieder bei zwei Prozent liegen, wozu vor allem sinkende Energiepreise beitragen sollen.