Konjunkturflaute Auftragseinbruch bei der Industrie
Die Anzeichen für eine anhaltende Schwächephase der deutschen Konjunktur verdichten sich. Die Industrieaufträge brechen im Oktober ein, auch die Haushaltskrise macht den Unternehmen zu schaffen.
Das Neugeschäft der deutschen Industrie ist im Oktober überraschend stark geschrumpft: um 3,7 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Das teilte das Statistische Bundesamt heute mit. Eine Vielzahl von Experten hatten mit einer Verbesserung gerechnet: Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen erwarteten ein Wachstum von 0,2 Prozent.
Die Bestellungen bei der deutschen Industrie aus dem Inland stiegen im Oktober zwar um 2,4 Prozent zum Vormonat. Dafür brach aber die Auslandsnachfrage um 7,6 Prozent ein. Insgesamt lag der Auftragseingang von August bis Oktober um 4,6 Prozent niedriger als in den drei Monaten zuvor.
Zur negativen Entwicklung trugen vor allem fehlende Großaufträge bei. Rechnet man diese Komponente raus, ergäbe sich ein Orderzuwachs um 0,7 Prozent. Im August hatte es mit plus 1,9 Prozent und im September mit plus 0,7 Prozent jeweils ein Auftragswachstum gegeben.
Maschinenbau in der Krise
Ein Großteil der schwachen Entwicklung ist auf den Maschinenbau zurückzuführen: In dieser wichtigen Branche nahmen die Aufträge insgesamt um 13,5 Prozent ab, nachdem sie im September noch um 9,8 Prozent zugelegt hatten. Auch die Hersteller von Metallerzeugnissen, Metallerzeugung und -bearbeitung, von elektrischen Ausrüstungen sowie die Automobilindustrie erhielten weniger Bestellungen. Dagegen wuchs das Neugeschäft im Fahrzeugbau, wozu etwa Flugzeuge, Schiffe und Züge gehören, um 20,2 Prozent. Hier gab es viele Großaufträge.
Gesunken ist im Oktober auch der Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe: Er fiel um 0,5 Prozent niedriger aus als im Vormonat. Im September hatte es einen Rückgang von 1,4 Prozent gegeben.
Der Blick in die Zukunft sieht derzeit trübe aus: "Eine nachhaltige Erholung der Industriekonjunktur dürfte erst im nächsten Jahr zu erwarten sein", erklärte das Bundeswirtschaftsministerium zu der negativen Entwicklung. Steigende Zinsen, hohe Energiepreise und die maue Weltkonjunktur belasten derzeit die Nachfrage, weshalb Deutschland eine Rezession droht. "Für ein gewisses Schrumpfen der deutschen Wirtschaft im Winterhalbjahr spricht auch die Haushaltskrise, die viele Unternehmen verunsichert", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.
Die Folgen des Verfassungsgerichtsurteils
Das sieht auch das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) so. "Das Verfassungsgerichtsurteil, kombiniert mit der Reaktion der Bundesregierung, ist ein spürbarer Unsicherheitsschock für die deutsche Wirtschaft", sagte der wissenschaftliche IMK-Direktor Sebastian Dullien.
"Der deutschen Wirtschaft geht es nicht gut", hatte der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bereits am vergangenen Montag gesagt. Die Etat-Krise sei "sozusagen noch ein weiterer Stich".
Das Bundesverfassungsgericht hat unter Verweis auf die Schuldenbremse entschieden, dass die ursprünglich als Corona-Kredit bewilligten 60 Milliarden Euro nicht nachträglich umgewidmet werden dürfen für Investitionen in Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft. Viele Vorhaben der Bundesregierung sind damit offen. Wie die das milliardenschwere Loch im Etat geschlossen werden soll, ist noch ungeklärt.
Konjunkturflaute dämpft Stromproduktion
Die schwache Wirtschaftslage zeigt sich auch bei der Stromproduktion: Wegen der Konjunkturflaute wurde in Deutschland im dritten Quartal deutlich weniger Elektrizität erzeugt. Von Juli bis September wurden insgesamt 94,2 Milliarden Kilowattstunden produziert und in das Netz eingespeist. Das waren 20,3 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum, teilte das Statistische Bundesamt mit. "Gründe für den Rückgang dürften ein geringerer Strombedarf infolge der konjunkturellen Abschwächung in den energieintensiven Industriezweigen und der vermehrte Import von Strom aus dem Ausland gewesen sein", hieß es.
Das Bruttoinlandsprodukt war im abgelaufenen Quartal von Juli bis September um 0,1 Prozent gesunken. Folgt im Schlussquartal ein weiterer Rückgang, sprechen Fachleute von einer technischen Rezession, also einem Rückgang der Wirtschaftsleistung in zwei Quartalen hintereinander.
Die deutsche Wirtschaft rechnet indes auch im kommenden Jahr nicht mit einem Aufschwung. Nur 23 Prozent der Unternehmen blicken positiv auf 2024, während 35 Prozent negative Erwartungen haben, wie aus einer Umfrage des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) hervorgeht. Die Konjunkturumfrage signalisiere damit "eine Fortsetzung der ökonomischen Schockstarre in Deutschland".