Leitzins bleibt unverändert EZB legt Zinspause ein
Die Europäische Zentralbank lässt die Zinsen vor der Sommerpause unverändert. Der Leitzins verharrt auf dem aktuellen Niveau von 4,25 Prozent. Die Euro-Währungshüter gehen davon aus, dass die Inflation noch einige Zeit zu hoch bleibt.
Die Europäische Zentralbank (EZB) verzichtet auf eine neuerliche Zinssenkung vor der Sommerpause. Nach einer ersten Senkung im Juni ließ der EZB-Rat die Leitzinsen in seiner Sitzung heute in Frankfurt unverändert. Der zentrale Satz, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB leihen können, bleibt damit bei 4,25 Prozent. Die Zentralbanker gehen von einer erhöhten Inflation bis "weit ins nächste Jahr" aus und dürften ihre Geldpolitik dementsprechend restriktiv halten.
Der Zinssatz zur kurzfristigen Beschaffung von Geld, der Spitzenrefinanzierungssatz, liegt weiterhin bei 4,5 Prozent, der für Sparerinnen und Sparer relevante Einlagenzins bei 3,75 Prozent. Die Notenbanker hatten die Leitzinsen seit Juli 2022 wegen der ausufernden Inflation zehn Mal in Folge erhöht und sie von Oktober bis April auf hohem Niveau belassen.
Eurozonen-Inflation zurückgegangen
Inzwischen ist die Inflationsrate in der Eurozone wieder deutlich zurückgegangen. Im Juni senkte die EZB daraufhin als erste große westliche Zentralbank das Zinsniveau wieder um 0,25 Prozentpunkte. Es war die erste Leitzinssenkung seit 2019.
Trotz des Rückgangs blieb die Inflation auch in den vergangenen Monaten allerdings über dem EZB-Ziel von 2,0 Prozent. Im Euroraum lag sie zuletzt bei 2,5 Prozent. Die sogenannte Kerninflation ohne Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak war mit 2,9 Prozent noch höher und auch Dienstleistungen verteuerten sich deutlich.
Zwar liegt die Inflation in den 20 Ländern des Euro-Währungsraums nicht mehr weit entfernt von der EZB-Zielmarke. Aber die Teuerung im Dienstleistungssektor erweist sich als sehr hartnäckig: Im Juni lag sie wie schon im Mai bei 4,1 Prozent. EZB-Präsidentin Lagarde hatte zu Monatsbeginn gesagt, es werde einige Zeit dauern, bis die Zentralbank genug Daten gesammelt habe, um sicher zu sein, dass die Gefahr einer zu hohen Inflation gebannt sei.
Inflationstreiber Lohnwachstum
Zudem war das Lohnwachstum, einer der wichtigsten Inflationstreiber im Euroraum, zuletzt immer noch kräftig. Im ersten Quartal sind die Tariflöhne in der Eurozone um 4,7 Prozent gestiegen. Jüngste Unternehmensnachrichten weisen laut EZB-Chefvolkswirt Philip Lane aber inzwischen auf eine Abschwächung des Lohnwachstums hin.
Der EZB-Rat untermauerte sein Ziel, "für eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen Ziel von zwei Prozent zu sorgen". Die Zinsen wollen die Währungshüter so lange restriktiv halten wie nötig, um dieses Ziel zu erreichen.
Wie geht es weiter mit den Zinsen?
"Der Kampf der europäischen Währungshüter gegen zu hohe Inflationsraten ist noch nicht gewonnen", erklärte Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes. "Daher ist die Entscheidung der EZB völlig richtig, die Leitzinsen unverändert zu lassen." Auch beim nächsten Mal brauche es "Augenmaß". Die Zinsen sollten nur weiter sinken, wenn sicher ist, "dass die Inflation im Euroraum verlässlich auf die Zwei-Prozent-Marke zusteuert".
Der ING-Analyst Carsten Brzeski sprach von einem "erwartet sanften Start in die (geldpolitische) europäische Sommersaison". Zugleich halte die EZB sich mit Angaben zu ihrem künftigen Kurs zurück. Sie habe lediglich bestätigt, dass sie künftig wieder von Treffen zu Treffen entscheiden und nicht bereits im Voraus kommende Schritte ankündigen werde. So erklärte die Zentralbank: "Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest."
Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters aus der vorigen Woche rechnen Volkswirte damit, dass die EZB die Zinsen in diesem Jahr noch zwei Mal senken wird. Die Ökonomen erwarten auf den Zinssitzungen im September und im Dezember Schritte nach unten - um jeweils einen Viertelprozentpunkt.