Guthaben und Bankkredite Zinsen für Sparer sinken, für Schuldner nicht
Seit die EZB im Juni das erste Mal seit Jahren die Leitzinsen senkte, sind die Zinsen auf Tages- und Festgeldkonten gesunken. Für Kredite müssen Verbraucherinnen und Verbraucher dagegen sogar teilweise mehr zahlen.
Verbraucherinnen und Verbraucher bekommen bei Banken weniger Zinsen fürs Tagesgeld als noch vor wenigen Wochen. Bei Immobilien- und Ratenkrediten sind die Zinsen dagegen zuletzt nicht gesunken, wie eine Analyse des Vergleichsportals Verivox zeigt.
Überregionale Banken zahlten demnach bei Tagesgeld-Konten im Schnitt 1,69 Prozent (Stichtag: 15. Juli), Anfang Juni waren es noch 1,72 Prozent. Bei Sparkassen (0,62 Prozent) und regionalen Genossenschaftsbanken (0,64 Prozent) gab es noch einmal wesentlich niedrigere Zinsen auf kurzfristige Guthaben.
Mindestens 64 Banken haben Zinsen runtergeschraubt
Wie die Konditionen für Sparerinnen und Sparer aussehen, hängt maßgeblich vom geldpolitischen Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) ab. Denn einer der drei Leitzinsen, die die Notenbank zuletzt erstmals seit fast fünf Jahren senkte, ist die sogenannte Einlagefazilität. Mit diesem Satz, den die EZB von 4,0 auf 3,75 Prozent reduzierte, werden die Einlagen von Banken bei der Notenbank verzinst.
Nachdem die Geldhäuser bis 2022 jahrelang Strafzinsen dafür zahlen mussten, können sie mittlerweile wieder Geld verdienen, wenn sie ihre überschüssige Liquidität über Nacht bei der EZB parken. Aus diesem Grund zahlen sie auch den Sparern wieder etwas für ihre Guthaben - zum Beispiel eben beim Tagesgeld. Wenn der Einlagesatz sinkt, geben die Banken die Entwicklung auch an ihre Kundinnen und Kunden weiter.
Seit Anfang Juni verringerten Verivox zufolge mindestens 64 Kreditinstitute die Tagesgeldzinsen. Das sind rund acht Prozent gemessen an 765 betrachteten Banken und Sparkassen. Zinserhöhungen gab es hingegen nur bei vier Geldhäusern. Verivox analysiert regelmäßig die Tages- und Festgeldzinsen für eine Anlagesumme von 10.000 Euro. Für ein Tagesgeldkonto bei einer Anlage von 5.000 Euro erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher laut der FMH Finanzberatung im Schnitt derzeit 2,06 Prozent.
Sparzinsen noch "auf einem attraktiven Niveau"
"Viele Banken und Sparkassen haben die jüngste Leitzinssenkung der EZB schnell an die Sparerinnen und Sparer weitergereicht", hieß es von Verivox. Auch beim Festgeld, wo sie sich zu einem festgelegten Zins für einen bestimmten Zeitraum binden, fielen dem Vergleichsportal zufolge die Zinsen weiter moderat: Die Durchschnittszinsen bundesweit verfügbarer Angebote mit zwei Jahren Laufzeit sanken von 2,82 Prozent Anfang Juni auf 2,79 Prozent. Im November lagen sie bei noch bei 3,39 Prozent.
Laut dem Vergleichsportal CHECK24 sind die Zinsen auf Tages- und Festgelder allerdings aktuell immer noch "auf einem attraktiven Niveau". Die nächste Zinsentscheidung der EZB steht am morgigen Donnerstag an. Eine Zinssenkung wird aber nicht erwartet. "Gerade weil eine weitere Senkung des Leitzinses erst Ende des Jahres erwartet wird, bieten viele Banken jetzt noch attraktive Zinssätze auf Tages- und Festgelder an", sagt daher Moritz Felde, Geschäftsführer Geldanlage.
So biete das bestverzinste Festgeldkonto im europäischen Ausland mit einjähriger Laufzeit derzeit 3,70 Prozent Zinsen pro Jahr. Bei einer Anlage von 30.000 Euro entspreche das einem Zinsertrag von 1.110 Euro nach einem Jahr. Legen Verbraucherinnen und Verbraucher 30.000 Euro für ein Jahr bei einer deutschen Bank an, bekommen sie laut CHECK24 im besten Fall einen jährlichen Zins von 3,20 Prozent und damit einen Zinsertrag von 960 Euro. Beim Tagesgeld sind es demnach 3,82 beziehungsweise 3,33 Prozent.
Bauzinsen unverändert
Weniger erfreulich sieht die Lage derweil für Schuldner aus. Denn hier sind die Zinsen nicht gesunken. Etwa bei Baufinanzierungen gebe es - gemessen seit Juni - kaum Bewegung, so Verivox. Die Zinsen für Kredite mit zehn Jahren Zinsbindung lagen zuletzt bei 3,71 Prozent und bei 3,85 Prozent bei 15-jähriger Zinsbindung. In den kommenden Wochen dürften die Bauzinsen stabil bleiben, sagt Verivox-Geschäftsführer Oliver Maier.
Mit der EZB haben die Bauzinsen nur indirekt etwas zu tun. Sie orientieren sich an der Rendite zehnjähriger Bundesanleihen. Banken refinanzieren ihre Baufinanzierungen nämlich überwiegend über Pfandbriefe, deren Rendite sich an den Zinsen der Staatsanleihen bemisst. Diese hängen wiederum von der Inflationsentwicklung ab - wodurch die Zinsentscheidungen nur mittelbar eine Rolle spielen.
Banken lockern Kriterien für Kredite
Bei Dispo- und auch Ratenkrediten, die zum Beispiel für ein Auto oder neues Handy verwendet werden können, sieht es wieder anders aus: Denn dafür sind die anderen beiden Leitzinsen, die sogenannte Hauptrefinanzierungsfazilität und der Spitzenrefinanzierungssatz, entscheidend. Zu diesen Sätzen können sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen. Sie sind zuletzt ebenfalls um 25 Basispunkte auf 4,25 und 4,50 Prozent gesenkt worden.
Bei Ratenkrediten verzeichnet Verivox jedoch sogar einen leichten Anstieg auf im Mittel 6,89 Prozent Zinsen. Das liege daran, dass mehrere Banken nach der EZB-Zinssenkung ihre Kriterien für die Kreditvergabe gelockert haben, erklärt Verivox-Experte Maier. Das helfe Verbraucherinnen und Verbrauchern mit vergleichsweise schwacher Bonität. "Wegen des größeren Risikos verlangen die Banken bei diesen Krediten aber vergleichsweise hohe Zinsen."
Überziehen die Kundinnen und Kunden ihr Girokonto, werden laut der FMH Finanzberatung aktuell bis zu 15,49 Prozent Zinsen fällig. Der Mittelwert der Dispozinsen von 80 ausgewählten Instituten liegt gegenwärtig bei 12,09 Prozent und hat sich damit kaum verändert im vergangenen Monat.
Mit Informationen von Till Bücker, ARD-Finanzredaktion.