Passau: Eine Uferstraße ist vom Hochwasser überschwemmt.

Staatliche Aufseher reagieren Schwerer an den Bankkredit im Hochwassergebiet?

Stand: 13.06.2024 16:26 Uhr

Wer im hochwassergefährdeten Gebiet ein Haus bauen will, muss sich auf eine schwierigere Finanzierung einstellen - weil die Bankenaufsicht interveniert hat. Das ist nur ein Beispiel von Klimafolgen für die Finanzbranche.

Sparkassen und Volksbanken, die in Überschwemmungsgebieten tätig sind, werden künftig von der staatlichen Bankenaufsicht besonders unter die Lupe genommen. Wenn lokale Banken zu viele gefährdete Häuser finanzieren, werde die Aufsicht Pläne verlangen, das zu reduzieren, sagte Karlheinz Walch, Chef der Bankenaufsicht bei der Bundesbank, diese Woche auf einer Konferenz in Frankfurt am Main.

Wer Häuser in Überschwemmungsgebieten bauen will, könnte damit Probleme bei der Finanzierung bekommen. Bisher hat sich die Bankenaufsicht vor allem mit sogenannten Transformationsrisiken beschäftigt. Damit sind Konsequenzen fürs Bankgeschäft aus dem Klimawandel gemeint. Wenn eine Bank beispielsweise Unternehmen finanziert, die viel CO2 ausstoßen, ist ihr Geschäft gefährdet.

Ähnlich geht es einer Raiffeisenbank, die Bauern in Gegenden betreut, in denen durch steigende Temperaturen die Landwirtschaft schrumpfen wird. Die aktuellen Überschwemmungen zeigen, dass nicht nur diese Transformationsrisiken das Bankgeschäft treffen. "Wir halten es für wahrscheinlich, dass sich die physischen Risiken verstärken", sagte Walch. 

"Bankbilanzen deutlich solider"

Insgesamt sehen die Aufseher die Banken heute besser gewappnet gegen Krisen. "Es ist klar, dass Banken in Europa heute widerstandsfähiger sind als vor zehn Jahren", sagte Claudia Buch, Chefin der europäischen Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Bundesbank-Direktor Burkhard Balz bestätigte: "Heute sind die Bankbilanzen deutlich solider."

Stefan Walter, heute Chef der Schweizer Aufsichtsbehörde FINMA und zuvor Jahrzehnte bei amerikanischen und europäischen Zentralbanken mit Bankenaufsicht befasst, lobte Fortschritte nach der Weltfinanzkrise von vor 15 Jahren: "Wir haben in den letzten Jahren viel erreicht."

Zu viel Staatskontrolle?

Am Rande der Bundesbank-Tagung wurden Konflikte zwischen Aufsichtsbehörden und dem Management von Banken deutlich. Zwar hielten sich die Bankmanager im öffentlichen Teil des Kongresses "Bankenaufsicht im Dialog" zurück. Ihr Widerwille gegen weitgehende Staatsaufsicht wurde aber bei anonymen Umfragen und in Gesprächen am Rande des Kongresses klar.

In einer Befragung per Tagungs-App nannten die etwa 200 Teilnehmer "Überregulierung" am häufigsten als größtes Problem, gefolgt von "Regulierung" und Computerproblemen. Ein Viertel der Teilnehmer meldete, mit der Aufsicht insgesamt unzufrieden zu sein. Anneli Tuominen von der EZB- Bankenaufsicht gab zu bedenken: "Wenn Banker mit der Aufsicht zufrieden sind, ist etwas falsch."

"Wir sollten mehr von der Aufsicht profitieren", forderte Thomas Groß, Chef der Bank Helaba. Die Marktbeobachtungen der Aufsichtsbehörden könnten schließlich auch den kontrollierten Instituten nutzen. Dass gerade die europäische Aufsicht bei der EZB mit eigenen Rechtsregeln vorgehe, empörte Groß: "Das geht zu weit." Insgesamt sei das Wachstum der Aufsicht nach der Finanzkrise ein Problem: "Wenn man wächst, bekommt man mehr Bürokratie."

Belastung für kleine Institute

"Auf dem Weg zur Vereinheitlichung mussten wir allerdings an der ein oder anderen Stelle realisieren, dass die Prozesse zu komplex werden", gestand Bundesbank-Direktor Balz ein. "Es ist schon klar, wie sehr kleine Institute unter der Komplexität von Aufsicht leiden."

"Wir wollen den Banken entgegenkommen, wo das möglich ist", bestätigte Chefaufseher Walch. So sollen in Zukunft nicht alle Banken jedes Jahr über alles und jedes Berichte schreiben müssen.

Warnsignale für die Aufseher

"Das wird nicht sanfte Aufsicht bedeuten", schränkte EZB-Aufseherin Buch ein. Die staatliche Bankenaufsicht habe ihren Werkzeugkasten bisher noch gar nicht komplett ausgepackt. In Zukunft werde schneller und gezielter eingegriffen.

Der Chef der Schweizer Aufsicht Stefan Walter forderte mehrfach Früherkennung von Problemen. Kontrollbehörden dürften nicht warten, bis eine Bank in ernste Schwierigkeiten gerate. Als Alarmsignale nannte er zu schwache interne Aufsicht, zu starke Vorstandsvorsitzende, Bonuszahlungen, die sich nicht am Risiko orientieren würden, zu starkes Wachstum, zu viele Gerichtsprozesse und mangelnden Respekt vor Aufsichtsbehörden. "Je mehr Lichter rot leuchten, desto stärker muss die Aufsicht reagieren" sagte Walter.

Sein deutscher Kollege Karlheinz Walch bestätigte: "Sollten wir Auffälligkeiten feststellen, müssen sich die Institute auf intensive Maßnahmen einstellen." Konkret kündigte er an, dass seine Leute Sitzungen von Verwaltungsräten bei Sparkassen besuchen würden. Die Beobachtung der Diskussionskultur ließe Schlüsse auf richtige Aufsicht übers Management zu.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR "Hallo Niedersachsen" am 02. Januar 2024 um 19:30 Uhr.