Folgen der Finanzkrise Gelernt aus dem Lehman-Debakel?
Heute vor 15 Jahren ging ein Beben durch die Finanzwelt. Lehman Brothers, eine der weltgrößten Investmentbanken, war pleite, das Geld vieler Bankkunden weg. Was hat die Branche daraus gelernt?
Es ist Montag, der 15. September 2008 - und die Investmentbank Lehman Brothers ist pleite. Für viele betroffene Bankkundinnen und -kunden kommt die Nachricht aus dem Nichts. Die Wut, das Unverständnis sind groß.
Ein Callcenter-Mitarbeiter einer Bank hat damals viele verzweifelte Menschen in der Leitung. "Die Menschen wurden da zum Teil total verzweifelt", erinnert er sich. "Ich hatte Leute am Telefon, die geweint haben. Manche haben vom ersten Wort an nur rumgeschrien."
Der Finanzminister lag falsch
Nach dem Fall von Lehman Brothers war vieles nicht mehr so wie vorher. Zum Zeitpunkt der Krise selbst versucht der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück noch zu beruhigen. "Die USA sind der Ursprung der Krise und sie sind der Schwerpunkt der Krise", sagt der SPD-Politiker. "Es ist nicht Europa und es ist nicht die Bundesrepublik Deutschland."
Ein fataler Irrtum. Die Rettung von Lehman Brothers scheitert. Eigentlich ist sie "too big to fail" - doch der Staat lässt die Bank fallen. Mit Folgen weltweit.
Staaten müssen Banken retten
Schnell schnüren Regierungen milliardenschwere Rettungspakete, die großen Notenbanken senken in einer Notfallaktion gemeinsam die Zinsen. Die Staaten der Europäischen Union pumpen in den Monaten nach der Lehman-Pleite rund 1,6 Billionen Euro in strauchelnde Banken.
Fast eineinhalb Jahrzehnte dauert die Abwicklung der US-Investmentbank. Am Ende sind 115 Milliarden Dollar an die Gläubiger ausgezahlt worden, auch in Deutschland wurden diese entschädigt.
Schärfere Regeln, strengere Aufsicht
Aber was hat die Finanzwelt gelernt aus der Krise? "Die Regularien sind deutlich schärfer geworden", sagt Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). "Wir haben ein umfassendes Regelwerk bekommen, um eben auch die Kapitalbasis der großen Kreditinstitute zu stärken.
Das sogenannte Basel-Regelwerk wurde verschärft. Die Resilienz der Banken sollte besser werden. Die gesamte europäische Finanzaufsicht wurde neu aufgestellt, auch die US-amerikanische. Doch dort werde genau das gerade in Frage gestellt, sagt Christoph Schalast, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management.
"In Amerika spricht man im Augenblick wieder von einer Liberalisierung - dass die strengen Regeln, die wir in Europa und den USA erleben und über Basel 3 auch weltweit eingeführt haben, gelockert werden sollten, gerade auch wegen der Zinswende", so Schalast. "Bisher haben aber die europäischen Banken die Zinswende sehr sehr gut verkraftet."
Wieder ein "Bank-Run"
Vor wenigen Monaten erst kam es in den USA zu einem "Bank-Run" auf die Silicon Valley Bank - die Angst, nicht mehr an sein Geld zu kommen, war groß. Die Bank wurde geschlossen. Wenig später der nächste Schlag: Im Bankenland Schweiz geht das Geldhaus Credit Suisse pleite. Die Gefahr, dass das eine zweite Finanzkrise auslöst, war wieder da.
Gibt es also keine absolute Sicherheit? "Wir haben Simulationen durchgeführt. Wir haben Eigenkapital-Unterlegungsnotwendigkeiten", so der DSW-Experte Nieding. "Aber dass wir jetzt gefeit wären vor einer Kernschmelze im Finanzbereich, das sehe ich eigentlich nicht."
"Es wird sich wiederholen"
Banken werden wieder pleite gehen, davon ist auch Experte- Schalast überzeugt. "Es wird sich wiederholen. Es wird wieder eine Bankeninsolvenz geben. Das lässt sich nicht verhindern."
Aber: Die Krisen seien nicht vergleichbar, sagt Schalast. Das Risikomanagement sei in den Banken heute viel besser als vor 2008.