Budget für nächsten EU-Haushalt Michels Krisen-Kalkulation
Die EU muss sich aus Sicht von EU-Ratspräsident Michel mit ihrem nächsten Etat wappnen: vor allem gegen die Folgen der Corona-Krise und des Brexit. Heute hat er vorgestellt, wie der finanzielle Schutz aussehen soll.
Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft der EU-Mitgliedsstaaten hart getroffen, die EU-Kommission befürchtet eine Rezession in historischem Ausmaß. Doch nicht nur die Pandemie droht langfristige Schäden nach sich zu ziehen, auch der Brexit könnte zur finanziellen Belastung werden. Für genau diese Herausforderung will EU-Ratspräsident Charles Michel gewappnet sein und den nächsten EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 entsprechend ausrüsten.
Ein Sicherheitsnetz könnte aus Sicht des Belgiers eine "Notfallreserve" für "unvorhergesehene Folgen" des EU-Austritts Großbritanniens sein. Dafür schlug Michel einen fünf Milliarden Euro schweren Fonds vor, der den EU-Ländern und Branchen zugute kommen soll, die am härtesten von den Auswirkungen des Brexit getroffen werden. Wer wie viel aus dem Fonds beziehen könne und unter welchen Kriterien, solle die EU-Kommission ausarbeiten.
Brexit wird Wirtschaft belasten - mit oder ohne Abkommen
Formell ist Großbritannien bereits seit dem 31. Januar kein EU-Mitglied mehr. Allerdings läuft derzeit die Übergangsphase: Bis Jahresende bleibt Großbritannien Teil des europäischen Binnenmarktes und der Zollunion. Seit Monaten ringen die britische Regierung und die EU nun um ein Abkommen, das die wirtschaftlichen Beziehungen ab dem kommenden Jahr regeln soll. Doch ein Erfolg zeichnet sich dabei nicht ab, im Gegenteil: Beide Seiten werfen sich vor, zu wenig kompromissbereit zu sein und so wird der gefürchtete "No Deal" - ein wirtschaftliches Auskommen ohne Handelsabkommen - immer wahrscheinlicher. Vor allem, nachdem Großbritannien die Frist für die Verlängerung der Übergangsphase um bis zu zwei Jahre Ende Juni verstreichen ließ.
Auch Michel räumte in Brüssel abermals ein, dass die Verhandlungen mit der britischen Regierung ungewiss seien. Und er betonte, dass der Brexit zu "Verwerfungen in der Wirtschaft" der EU führen werde - unabhängig davon, ob noch eine Einigung über ein Handelsabkommen erzielt werde oder nicht.
Kleineres Gesamtbudget, größere Chancen für die Corona-Hilfen?
Die Notfallreserve für die Brexit-Folgen wäre aber nur ein kleiner Posten im gesamten Sieben-Jahres-Budget der EU. Das soll ein Volumen von 1074 Milliarden Euro betragen, schlug Michel vor - ein Minus von 26 Milliarden gegenüber der ursprünglichen Budgetvorstellungen der EU-Kommission.
Ein Entgegenkommen gegenüber den eher auf Sparsamkeit ausgerichteten EU-Mitgliedern, gerade im Hinblick auf die Beratungen um den sogenannten Wiederaufbaufonds, mit dem die EU-Wirtschaft in und nach der Corona-Krise gestärkt werden soll. Noch steht aber nicht fest, wie genau die Hilfen finanziert werden sollen.
750 Milliarden Euro hat die EU-Kommission für diesen Fonds vorgeschlagen und daran will Michel auch festhalten. Mit dem leichten Runterschrauben des gesamten EU-Haushalts versucht Michel nun, den sogenannten Club der sparsamen Vier - die Niederlande, Österreich, Dänemark und Schweden - milder zu stimmen. Die Länder plädieren dafür, die Corona-Hilfen vorrangig in Form von Krediten auszuzahlen, während sich andere Länder, darunter auch Deutschland, auch für Finanzzuschüsse aussprechen, die nicht zurückgezahlt werden müssten.
Noch stärkere Priorität aufs Klima
Während Michel in seinen Vorschlägen an der Summe für den Wiederaufbaufonds nicht rütteln will, denkt er bei der Klimapolitik um. Bisher war geplant, etwa ein Viertel des EU-Budgets in diesen Bereich zu investieren. Doch das ist aus Sicht Michels nicht genug: Er sprach sich dafür aus, dass 30 Prozent des Haushalts in "Projekte mit Bezug zum Klima" fließen sollten.
Über Michels Vorschläge soll nun auf dem Ende kommender Woche beginnenden EU-Gipfel beraten werden.
Mit Informationen von Ralph Sina, ARD-Studio Brüssel