Luft- und Raumfahrtkongress Klimafreundlich fliegen - geht das überhaupt?
Wie gelingt es, das Fliegen nachhaltiger zu machen? Das ist eines der zentralen Themen beim Deutschen Luft- und Raumfahrtkongress in Stuttgart. Der Weg zur emissionsfreien Luftfahrt ist noch weit.
Die Flamme ist komplett blau: ein gutes Zeichen für die Wissenschaftler am Institut für Verbrennungstechnik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart. Sie testen hier im Labor eine neue, effizientere Brennstoffkammer für Flugzeugturbinen.
Eine blaue Flamme heißt: Fast alle Bestandteile des Kraftstoffs in der Kammer werden verbrannt. "Eine Flamme - man kennt es von der Kerze - ist immer gelb leuchtend", erklärt Institutsdirektor Andreas Huber. Das liege an den Rußpartikeln, die bei der Verbrennung entstehen.
Die Flamme leuchtet blau. Fast alle Kraftstoff-Bestandteile werden verbrannt.
Ruß verursacht Kondensstreifen
Doch genau das wolle man bei modernen Flugzeugturbinen nicht. Denn durch den Ruß, der bisher beim Verbrennen von konventionellem Kerosin freigesetzt wird, entstehen die Kondensstreifen hinter Flugzeugen. Und die wiederum sind klimaschädlich: Die künstlichen Wolken verhindern, dass die Wärme der Erde wieder in den Weltraum abgestrahlt wird. Sie verstärken also den Treibhauseffekt. Diese sogenannten "Nicht-CO2-Emissionen" sind nach Meinung vieler Experten sogar noch schädlicher als das CO2, dass in den Flugzeugturbinen freigesetzt wird.
Das Ziel ist deshalb quasi-emissionsfreies Fliegen. "Hier haben wir ein Brennkammersystem, das faktisch emissionsfrei ist. Nicht ganz, aber fast", sagt Institutsdirektor Huber mit Blick auf die blaue Flamme in seinem Labor.
Ein großer gemeinsamer Kraftakt
Neue Brennkammern sind eine der beiden großen Bestandteile seiner Forschung, neue Brennstoffe der andere. Das Institut entwickelt Alternativen zum herkömmlichen Kerosin - zum Beispiel aus Speisefettresten. Das Ziel: komplett "grüne" Kraftstoffe für die Luftfahrt mit modernen, hocheffizienten Turbinen.
"Wenn das Hand in Hand geht, die Optimierung des Kraftstoffes zusammen mit der Optimierung der Brennkammer, dann sind wir in der Lage, quasi-emissionsfreies Fliegen zu ermöglichen", sagt Huber. Doch der Weg dorthin ist noch weit - und ein großer gemeinsamer Kraftakt aller Beteiligten.
Pioniergeist und Leuchtturmprojekte sind gefragt
Auch deswegen stellt Huber seine Ergebnisse auf dem Deutschen Luft- und Raumfahrtkongress in seiner Heimatstadt Stuttgart vor. Unter Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) diskutieren mehr als 1.000 Teilnehmende über die Zukunft des Fliegens. Das oberste Ziel: Vernetzung und Austausch.
"Es bedarf Pioniergeist und der nötigen Leuchtturmprojekte, um die Menschen auch über die Branche hinaus für die Zukunft zu inspirieren", sagt DGLR-Präsident Roland Gebhardts. Ideen gibt es viele: Fliegen mit Wasserstoff, Fliegen mit Brennstoffzellen. Das Problem: Diese Techniken stecken noch in den Kinderschuhen.
Bei längeren Flügen wohl noch lange klassische Turbinen
"Das sind wesentliche Bauteile, um den Luftverkehr klimafreundlich zu machen", sagt auch DLR-Institutsdirektor Huber. Fakt sei aber auch, dass Brennstoffzelle und wasserstoffgetriebene Flugantriebe noch nicht so weit seien. "Das wird technologisch noch dauern, auch, bis sie den Markt durchdrungen haben", sagt Huber. Denn für beide Technologien brauche es von Grund auf neue Flugzeuge. Gerade bei Mittel- und Langstreckenflügen, dem klimaschädlichsten Bereich in der Luftfahrt, sei man wohl noch sehr lange auf klassische Flug-Gasturbinen angewiesen.
Deswegen setzen er und sein Team weiter auf die Optimierung bestehender Brennkammern und Kraftstoffe. Denn schon heute könnte man Fluggasturbinen theoretisch mit bis zu 50 Prozent mit alternativen Kraftstoffen befüllen, zum Beispiel aus Speisefettresten oder sonstigen Bioabfällen - neue Triebwerke sogar mit bis zu 100 Prozent.
Gemeinsam mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern forscht Institutsleiter Huber (r.) am quasi-klimaneutralen Fliegen. "Das wird sicherlich noch einige Jahrzehnte dauern", bis es soweit ist, sagt er.
"Das wird noch Jahrzehnte dauern"
Auch die Politik will mehr Druck auf die Branche aufbauen: Bis 2025 sollen Flugzeug-Kraftstoffe nach einem EU-Beschluss mindestens zwei Prozent "grünen" Kraftstoff enthalten - bis 2050 soll der Anteil schrittweise auf bis zu 70 Prozent steigen. Das Problem: Alternative Kraftstoffe sind bislang noch deutlich teurer. Viele sind zudem noch nicht zugelassen.
Auch deshalb ist DLR-Mann Huber mit einer Prognose noch vorsichtig: "Wenn wirklich alle an einem Strang ziehen, dann haben wir schon die Möglichkeit, deutlich klimaverträglicher zu werden", sagt er. Wann die Branche dann wirklich klimaneutral sei, könne er aber nicht sagen. "Das wird sicherlich noch einige Jahrzehnte dauern."