Große Mehrheit der Abgeordneten Bundestag billigt zweites Hilfspaket für Athen
Der Bundestag hat dem zweiten Griechenland-Hilfspaket erwartungsgemäß mit großer Mehrheit zugestimmt. Für die Hilfsgelder in Höhe einer dreistelligen Milliarden-Summe stimmten 496 Abgeordnete. 90 Parlamentarier waren dagegen, fünf enthielten sich. Zuvor hatte Kanzlerin Merkel vehement für das Hilfspaket geworben.
Der Bundestag hat dem zweiten Hilfspaket für Griechenland mit großer Mehrheit zugestimmt. Für den Antrag der Bundesregierung votierten 496 Abgeordnete, 90 stimmten mit Nein, fünf Parlamentarier enthielten sich der Stimme. Das bis 2014 angesetzte zweite Hilfspaket für Griechenland umfasst insgesamt 130 Milliarden Euro.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in einer Regierungserklärung zuvor vehement für weitere Hilfen geworben. "Europa scheitert, wenn der Euro scheitert. Europa gewinnt, wenn der Euro gewinnt", mahnte sie vor der Abstimmung über das zweite Rettungspaket für Griechenland.
Es sei eine durchaus berechtigte Frage, ob es der Eurozone ohne Griechenland nicht besser ginge, sagte Merkel weiter. Die Beantwortung sei jedoch eine Sache der Abwägung, und die Chancen des neuen Paktes seien weitaus größer als das Risiko, wenn Griechenland keine neuen Kredite bekomme. Niemand könne abschätzen, was eine ungeordnete Pleite an Folgen für die Welt, Europa und Deutschland nach sich zöge.
"Abenteuer darf ich nicht eingehen, das verbietet mein Amtseid."
Schneller Geld für den ESM
Merkel kündigte außerdem an, dass Deutschland in den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM bereits im laufenden Jahr elf Milliarden Euro einbringen will. Das ist die Hälfte des vereinbarten deutschen Anteils. Bisher war geplant, dass Deutschland diese 22 Milliarden Euro in fünf Tranchen einbringt.
Steinbrück sieht drittes Griechenland-Paket
Der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) äußerte sich skeptisch über die Erfolgsaussichten des Griechenland-Pakets. Eine Stabilisierung Griechenlands könne nur gelingen, wenn das Land ein sehr starkes Wachstum erziele. Dies sei angesichts des "Abwärtssogs" aus Arbeitslosigkeit, sinkender Steuereinnahmen und einbrechender Konjunktur unwahrscheinlich. "Der Bundestag wird sich in absehbarer Zeit mit einem dritten Griechenland-Paket befassen werden", sagte Steinbrück.
Für die Linkspartei kritisierte Fraktionschef Gregor Gysi die Reformvorgaben für Griechenland und verglich sie mit den Reparationsforderungen an Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg. "Sie machen bei Griechenland Versailles, die brauchen aber Marshall", sagte Gysi. Die "verheerende Kürzungspolitik" bei Mindestlöhnen und Einkommen werde Griechenland in die Katastrophe führen.
"Die Strategie des Zeitkaufens der Bundesregierung mit der bloßen Refinanzierung des Landes und Spardiktat ist gescheitert."
Unionsfraktionschef Volker Kauder sprach sich für die stärkere Nutzung von EU-Strukturfonds für Griechenland aus: "Das ist eine Form von Marshall-Plan, die wir für richtig halten würden", sagte er. Kauder appellierte vor allem an die Abgeordneten der Regierung, geschlossen für das Paket zu stimmen.
SPD und Grüne hatten zuvor ihre Zustimmung zum Hilfspaket signalisiert. Ob die schwarz-gelbe Koalition bei der namentlichen Abstimmung die symbolträchtige Kanzlermehrheit erlangt hat, blieb zunächst offen.
Der für seine Griechenland-Äußerungen in die Kritik geratene Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hatte ankündigt, er werde dem Paket zustimmen. Er habe an die Griechen lediglich die Botschaft senden wollen, diese müssten ihre Verpflichtungen zur Sanierung ihrer Staatsfinanzen einhalten. Mehrere Abgeordnete der Regierungskoalition von CDU/CSU und FDP hatten jedoch angekündigt, gegen das neue Hilfspaket im Umfang von 130 Milliarden Euro stimmen zu wollen.
Mehrere Koalitionspolitiker fordern, Schwarz-Gelb müsse bei der Abstimmung über die Griechenland-Hilfe die Kanzlermehrheit erreichen, Kanzlerin Merkel spricht dagegen von einer eigenen Mehrheit: Im letzten Fall müssten die Regierungsfraktionen ohne Oppositionshilfe die Mehrheit der anwesenden Abgeordneten erreichen. Für die Kanzlermehrheit wäre mehr als die Hälfte aller möglichen 620 Bundestagsstimmen erforderlich, also 311 - unabhängig davon, wie viele Abgeordnete tatsächlich anwesend sind. Abgeordnete der schwarz-gelben Koalition können die Kanzlerin übrigens nicht anonym in eine Koalitionskrise stürzen - der Bundestag wird über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms namentlich abstimmen.