Abstimmung über zweites Hilfspaket Schäuble deutet drittes Griechenland-Paket an
Noch vor der Bundestagsabstimmung über das zweite Griechenland-Paket schließt Finanzminister Schäuble nicht aus, dass Athen abermals Geld braucht. Zudem sind Teile des Parlamentsbeschlusses noch unklar. Eurogruppen-Chef Juncker sieht Griechenland noch vor einem langen Weg.
Vor der Bundestagsabstimmung über neue Griechenland-Hilfen schließt Finanzminister Wolfgang Schäuble ein drittes Milliarden-Paket nicht aus. "Es gibt keine Garantien, dass der eingeschlagene Weg zum Erfolg führt", heißt es in Schreiben Schäubles an die Bundestagsabgeordneten vor der Abstimmung am Montag. "Es ist möglicherweise auch nicht das letzte Mal, dass sich der Deutsche Bundestag mit Finanzhilfen für Griechenland befassen muss."
Nach Beratungen mit dem Haushaltsausschuss des Bundestages ergänzte Schäuble, es könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass nach Auslaufen des zweiten Griechenland-Pakets 2014 "weitere Anforderungen" bis zum Jahr 2020 kommen: "Es ist aber zu früh, darüber zu spekulieren", sagte er.
Auch SPD und Grüne rechnen mit weiterem Hilfspaket
SPD und Grüne rechnen schon jetzt mit einem dritten Hilfsprogramm - möglicherweise von 50 Milliarden Euro. Sie warfen der Regierung zugleich Verschleierungstaktik und unzureichende Informationen vor. Grundsätzlich signalisierten SPD und Grüne aber Zustimmung. Dagegen lehnt die Linkspartei auch schon dieses zweite Rettungspaket ab.
Dagegen stößt Schäuble in der CSU auf Widerspruch. Mit dem zweiten Hilfspaket erhalte Griechenland eine weitere Chance, "aber nutzen muss das Land diese Chance selbst", sagte der Sprecher des CSU-Wirtschaftsflügels, Hans Michelbach, "Handelsblatt Online". Klar sei, dass nachdem Griechenland die erste Chance nicht genutzt habe, werde es keine dritte Chance geben.
Union und FDP rechnen trotz angekündigter Gegenstimmen aus den eigenen Reihen auch diesmal mit der symbolträchtigen Kanzlermehrheit. Nötig ist diese aber nicht. Der Bundestag soll an diesem Montag über das zweite Griechenland-Paket von 130 Milliarden Euro abstimmen. Bewilligt werden sollen zudem weitere 24,4 Milliarden Euro, die aus dem ersten Hilfspaket der Euro-Partner bisher nicht abgeflossen sind und nun in den Euro-Rettungsfonds EFSF übergehen sollen. Zur Abstimmung steht also ein Gesamtpaket von 154,4 Milliarden Euro, ebenso der von den meisten EU-Ländern vereinbarte neue Fiskalpakt.
Erstes und zweites Paket werden eins
Die Opposition kritisiert, dass entgegen bisheriger Pläne die Mittel aus dem ersten Paket noch dazukommen. Schäuble und die Koalition verteidigten das Vorgehen. "Damit erhöht sich das Haftungsrisiko nicht - ganz im Gegenteil", sagte Schäuble. Eine Überführung der Restmittel aus dem ersten Paket in den EFSF zusammen mit dem zweiten Paket sei effizienter. Die Ausleihkapazität des EFSF verringere sich dadurch aber etwas. Union und FDP verwiesen darauf, der maximale Gewährleistungsrahmen Deutschlands sinke, das Risiko vermindere sich um sieben Milliarden Euro. Auch seien die Kontrollen beim zweiten Paket schärfer.
Das erste Rettungspaket mit einem Volumen von 110 Milliarden Euro wurde im April 2010 geschnürt - die EU schultert 80 Milliarden, der IWF 30 Milliarden Euro. Daraus hat Griechenland bisher 73 Milliarden Euro erhalten. Ein Überblick über die Zahlungen:
1. Tranche im Mai 2010: 20 Mrd. Euro
2. Tranche im September 2010: 9 Mrd. Euro
3. Tranche im Januar 2011: 9 Mrd. Euro
4. Tranche im März 2011: 15 Mrd. Euro
5. Tranche im Juli 2011: 12 Mrd. Euro
6. Tranche im Dezember 2011: 8 Mrd. Euro
Ein zweites Rettungspaket von EU und IWF unter Beteiligung privater Gläubiger ist im Grundsatz beschlossen, die Details werden noch verhandelt. Es soll den Finanzbedarf des Landes bis 2014 sichern.
Zustimmung unter Vorbehalt
Vor der Bundestagsabstimmung gibt Kanzlerin Angela Merkel am Montag eine Regierungserklärung ab. Das Parlament stimmt dann über einen Antrag der Regierung für das zweite Paket ab, in dem auch Bedingungen für neue Athen-Hilfen genannt werden. Dies nahm der Haushaltsausschuss zur Kenntnis.
Union und FDP wollen daneben einen Ergänzungs-Entschließungsantrag vorbereiten mit weiteren Vorgaben. Laut Schäuble werden die Hilfen für den Anleihe-Umtausch zum Schuldenerlass nur freigegeben, wenn eine umfassende Teilnahme der privaten Gläubiger tatsächlich gesichert sei. Die Zustimmung des Bundestages erfolge unter diesem Vorbehalt.
Auch in einem Schreiben an Bundestagspräsident Norbert Lammert stellte Schäuble klar: "Die Umschuldung muss erfolgreich abgeschlossen sein." Auch müsse Griechenland vor der ersten Tranche "vordringliche Maßnahmen" umsetzen. Bestätigt werden müsse in einer Schuldentragfähigkeitsanalyse, dass Athen seinen Schuldenstand bis 2020 auf einen Wert "nahe" 120 Prozent der Wirtschaftsleistung abbauen könne.
Juncker und Merkel beraten in Stralsund
Auch Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker schließt ein drittes Rettungspaket nicht aus. Man solle darüber allerdings jetzt keine Diskussion führen, sagte er dem Nachrichtensender Al Dschasira. Das zweite Rettungspaket müsse nun umgesetzt werden.
Die Lage in Griechenland und der Euro-Zone insgesamt war auch Thema eines Treffens mit Kanzlerin Merkel in Stralsund. Beide sehen Griechenland nach dem vereinbarten Schuldenschnitt auf einem guten Weg. Juncker warnte allerdings: "Niemand sollte denken, Griechenland käme schnell auf die Beine." Für die weitere Entwicklung sei wirtschaftliches Wachstum nicht nur in Griechenland, sondern auf europäischer Ebene unabdingbar. Merkel betonte, das Thema stehe oben auf der Agenda des nächsten EU-Gipfels in der kommenden Woche.