Defizit von 6,7 Prozent erwartet Griechenland macht mehr Schulden als geplant
Ursprünglich wollte Griechenland seine Neuverschuldung in diesem Jahr auf 5,4 Prozent drücken. Dieses Ziel werde deutlich verfehlt, teilte das Parlament mit. Es rechnet mit einem Defizit von 6,7 Prozent. Die Ratingagentur Fitch stufte das Land erneut herab und hält einen Staatsbankrott für höchstwahrscheinlich.
Griechenland kommt beim Abbau des Haushaltsdefizits deutlich langsamer voran als geplant. Statt der angepeilten Senkung der Neuverschuldung auf 5,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts werde am Ende des laufenden Jahres voraussichtlich ein Minus von 6,7 Prozent stehen, teilte das Parlament in Athen mit. Dass das ursprüngliche Ziel verfehlt werde, liege vor allem an der schweren Rezession.
Die EU-Kommission hatte im Herbst vorausgesagt, dass Griechenland 2012 ein Defizit in Höhe von 7,0 Prozent der Wirtschaftsleistung verbuchen werde. Seither verschlechterte sich jedoch die Wirtschaftslage des Landes. Der neueste Bericht der Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank rechnet nach Angaben der Nachrichtenagentur dapd für 2011 nun mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 6,1 Prozent und für 2012 mit einem Minus von weiteren 4,3 Prozent. Damit wurden die Vorhersagen vom Oktober nochmals deutlich nach unten korrigiert.
Allerdings beschlossen Regierung und Parlament seither auch zusätzliche Sparprogramme, um die Auflagen für das zweite Rettungspaket der Euro-Staaten zu erfüllen. Eine neue Prognose für die Entwicklung der Verschuldung des Landes will die EU-Kommission in dieser Woche vorlegen.
Kurz vorm Staatsbankrott?
Noch skeptischer als bisher beurteilt die Ratingagentur Fitch die Aussichten für Griechenland. Sie stufte die Kreditwürdigkeit des Landes erneut herab und senkte die Bonitätsnote von "CCC" auf "C". Die Herabstufung deute darauf hin, "dass ein Staatsbankrott in nächster Zeit höchstwahrscheinlich" sei, erklärte Fitch.
Griechische Anleihen haben bereits seit längerem Ramsch-Status und sind bei Fitch nun nur noch eine Note über der Kategorie "D" eingestuft, die bei jeder Form des Zahlungsverzugs zum Tragen kommen. Die Ratingagentur kündigte an, den mit den privaten Gläubigern im Zuge des Schuldenschnitts ausgehandelten Anleihetausch als "teilweisen Kreditausfall" zu werten. Zu einem späteren Zeitpunkt folge eine Neueinschätzung der Lage.
Parlament berät über Schuldenschnitt
Der mit den privaten Gläubigern ausgehandelte Schuldenschnitt beschäftigt nun auch das Parlament in Athen. Durch einen freiwilligen Tausch von Staatsanleihen gegen neue Papiere mit geringerem Wert, längerer Laufzeit und niedrigerer Verzinsung soll Griechenland um 107 Milliarden Euro entlastet werden. Allerdings ist offen, wie viele private Gläubiger sich auf dieses Umtauschangebot einlassen.
Die zuständigen Komitees des Abgeordnetenhauses wollen im Lauf des Tages über den ausgehandelten Schuldenschnitt beraten. Morgen ist die Abstimmung des Parlaments vorgesehen. Dabei sollen die Abgeordneten nach dem Willen der Regierung auch ein Gesetz beschließen, mit dem die privaten Gläubiger notfalls zu einem Verzicht auf Forderungen gezwungen werden könnten, falls sich nicht genug von ihnen freiwillig an dem Schuldenschnitt beteiligen. Das offizielle Angebot an die Banken und andere Finanzinstitute zu einem freiwilligen Anleihetausch soll einem Bericht des staatlichen Rundfunks zufolge am Freitag vorgelegt werden.
Griechische Banken brauchen Milliardenhilfen
Ein wesentlicher Teil der Finanzhilfen des zweiten Rettungspakets der Euro-Staaten in Höhe von bis zu 130 Milliarden Euro wird benötigt, damit die Regierung in Athen den Banken des Landes ausreichend Kapitalhilfen gewähren kann. Denn diese werden besonders unter dem geplanten Schuldenschnitt leiden, weil sie griechische Staatsanleihen im Wert von rund 40 Milliarden Euro besitzen. Den Geldhäusern macht zusätzlich zu schaffen, dass wegen der schweren Rezession viele Griechen Schwierigkeiten haben, Kredite zurückzuzahlen.
Insgesamt schätzt der Internationale Währungsfonds (IWF), dass die griechischen Banken bis zu 50 Milliarden Euro zusätzliches Geld zur Rekapitalisierung benötigen. Allerdings hält Finanzminister Evangelos Venizelos diese Berechnung für zu pessimistisch. "Ursprünglich wurde die Rekapitalisierung auf 40 Milliarden Euro geschätzt, doch nun gibt es Annahmen bis zu 50 Milliarden Euro", sagte Venizelos. Die griechische Notenbank führe ihre eigene Analyse über den Bedarf des Bankensystems durch, diese sei realistischer.
Die Krise in Griechenland wirkt sich auch auf die deutschen Exporte in das Land aus. Sie brachen im vergangenen Jahr um 13 Prozent ein und schrumpften damit bereits das dritte Jahr hintereinander. Seit 2008 gingen die deutschen Ausfuhren nach Griechenland um 36 Prozent zurück: von etwa acht auf knapp 5,1 Milliarden Euro.